Rechtskommentar:
Widerrufsrecht für Verbraucher auf Messen?
Widerrufsrecht für Verbraucher auf Messen?
Unternehmen, die schon einmal auf Verbrauchermessen ausgestellt haben, werden möglicherweise schon mit der Frage konfrontiert worden sein: Steht den Verbrauchern auf der Messe ein Widerrufsrecht zu, wenn sie dort etwas gekauft haben? Falls ja, müssen die Unternehmen die Verbraucher darüber informieren.
So sah es die Verbraucherzentrale und sprach wegen der fehlenden Widerrufsbelehrung eine Abmahnung aus. Das abgemahnte Unternehmen gab jedoch keine Unterlassungserklärung ab, weswegen schließlich eine Klage eingereicht wurde. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht stellten sich in der Folge auf die Seite des abgemahnten Unternehmens und wiesen die Klage ab.
Der Bundesgerichtshof (BGH) war sich dagegen nicht so sicher und hat die Frage nun dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Klärung vorgelegt (BGH, Beschl. v. 13. Juli 2017, I ZR 135/16).
Ist ein Messestand ein Geschäftsraum?
Gemäß § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB in Verbindung mit Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB steht dem Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB zu, das der Unternehmer nicht nur gewähren muss, sondern über das er den Verbraucher auch informieren muss.
Daher stellt sich die Frage, ob ein Messestand ein Geschäftsraum ist. Das Gesetz unterscheidet zwischen unbeweglichen und beweglichen Geschäftsräumen. Unbewegliche Gewerberäume sind solche, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, bewegliche Gewerberäume solche, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt. Ein solcher beweglicher Geschäftsraum könnte ein Messestand sein. Der Gesetzeswortlaut ist jedoch nicht eindeutig.
Zur Beantwortung der Frage, ob der Unternehmer seine Tätigkeit gewöhnlich an einem Ort ausübt, stellt sich laut BGH eine weitere Frage: kommt es entscheidend darauf an, wie der Unternehmer normalerweise handelt oder darauf, wie der Verbraucher die Situation wahrnimmt?
Im streitgegenständlichen Fall bot das Unternehmen nämlich nach eigenem Vortrag ausschließlich auf Messen an, so dass es sich bei dem Messestand um einen gewöhnlichen Verkaufsort des Unternehmens handelte. Dies ist wichtig für das Widerrufsrecht.
Gilt für das Widerrufsrecht nicht nur die Sicht des Händlers, sondern auch die des Verbrauchers?
Würde man also auf die Verhältnisse des Händlers abstellen, dann stünde einem Verbraucher an dem Stand eines Händlers, der nur auf Messen vertreibt, kein Widerrufsrecht zu, an dem Stand eines Händlers, der im Wesentlichen in einer stationären gewerblichen Niederlassung anbietet und nur zusätzlich auf einer Messe vertreibt, dagegen schon.
Käme es dagegen auf die Sicht des Verbrauchers an, wäre zu prüfen, ob es der Verbraucher bei der betroffenen Messe mit dem Angebot des konkreten Produkts rechnen muss. Man könnte dabei auf die Bezeichnung der Messe abstellen, die nach außen verwendet wird oder darauf, was auf der Messe regelmäßig angeboten wird.
Da es sich um europäisches Recht handelt, hat der Bundesgerichtshof nun den Gerichtshof der europäischen Union um Hilfe bei der Auslegung des Gesetzes gebeten. Die Antwort wird leider noch einige Zeit auf sich warten lassen. Bis dahin besteht eine rechtliche Unsicherheit für Unternehmen auf Verbrauchermessen.
Quelle:
Dr. Meyer-Dulheuer & Partners LLP