09.01.2023Interview

„Unternehmen müssen frühzeitig Veränderungen einleiten“

Jörn Emons spricht im DMB-Interview über die Relevanz von effizienten Veränderungsprozessen bei KMU.

 

Die Anpassungsfähigkeit auf veränderte Marktbedingungen ist einer der wichtigsten Lebensbausteine von mittelständischen Unternehmen. Jörn Emons, Gründer des Beratungshauses improve consult mit Sitz in Düsseldorf, Essen und Berlin, berät Unternehmen bei der Einleitung und Steuerung von Veränderungsprozessen. Im DMB-Interview spricht er über die aktuelle wirtschaftliche Lage sowie die Zukunftsfähigkeit von mittelständischen Unternehmen und erklärt, warum ein frühzeitiges Veränderungsmanagement elementar für unternehmerischen Erfolg ist.

DMB: Herr Emons, wie schätzen Sie die aktuelle wirtschaftliche Lage rundum den deutschen Mittelstand ein?

Emons: Die schlechten Aussichten aus dem Frühjahr 2022 sind mittlerweile bei den Unternehmen angekommen. Bis zum dritten Quartal 2022 konnten noch in weiten Teilen solide Umsätze verzeichnet werden.  Ab dem vierten Quartal wurden vermehrt Unsicherheiten in den Märkten und bei den Unternehmen deutlich, was beispielsweise an der Verschiebung von Bauvorhaben sichtbar wird. Große Auswirkungen haben weiterhin die Inflation, der Zinsanstieg, die Lohn-Preis-Spirale, Lieferkettenprobleme, der Fachkräftemangel und der Krieg in der Ukraine.   Darüber hinaus haben Unternehmen, die energieintensiv sind, ohne Frage besondere Herausforderungen zu bewältigen.

Während der Coronapandemie haben es viele Unternehmen darüber hinaus versäumt, ihre Geschäftsmodelle zukunftsfähig aufzustellen.  Notwendige Investments wurden nicht getätigt, so dass Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen ausbleiben. Ich erwarte für 2023 einen deutlichen Anstieg der Insolvenzzahlen. Es liegt jedoch in der DNA des Mittelstands, Herausforderungen zu meistern. Der Blick nach vorn bleibt positiv, jedoch wird der Blick zunehmend trüber. Das Geschäft ist nicht mehr in dem Ausmaß planbar, wie es in den Jahren zuvor der Fall gewesen war.

 

Sie beraten Unternehmen beim Veränderungsmanagement (Change- Management). Können Sie uns bitte erklären, was einen erfolgreichen Veränderungsprozess ausmacht?

Im ersten Schritt sollte eine Ist-Analyse erfolgen, also die Feststellung des Status quo der  Stärken und Schwächen des Unternehmens. Schritt zwei ist die Ausarbeitung der unternehmerischen Perspektiven und in welchen Tätigkeitsbereichen das Unternehmen „best in class“ werden will. Dazu gehört jedoch auch das Loslösen  von unwirtschaftlichen  unternehmerischen Aktivitäten. Wichtig dabei ist, stets die Kundenperspektive im Blick zu behalten sowie die Chancen und Risiken abzuwägen. Hilfreiche Fragen hierbei sind:

Was ist das Zukunftsbild des Unternehmens? Wie entwickelt sich mein Umfeld, meine Branche in den nächsten fünf bis zehn Jahren? Welche neuen Technologien, neuen Wertschöpfungsketten etc. gibt es bzw. entstehen? Mit welchen Produkten und Leistungen verdienen wir Geld und mit was verlieren wir Geld? In was wollen wir investieren?

Im dritten Schritt müssen sämtliche Stakeholder von den notwendigen Veränderungen überzeugt werden. Zusätzlich ist es für einen erfolgreichen Veränderungsprozess von enormer Bedeutung, die Mitarbeiter mit ins Boot zu holen – denn nur im Team kann der Change-Prozess gelingen.

 

Welche Fehler beobachten Sie bei der Umsetzung von Strategien bei Unternehmen besonders häufig?

Es mangelt häufig an der Ausarbeitung einer belastbaren Strategie bzw. an einen klaren Zukunftsbild. Viele Unternehmen haben keinen ausgearbeiteten strategischen Plan, der klare Ziele definiert. Hinzu kommt, dass Strategien und Visionen vielfach „top-down“, also von den Führungsebenen strikt vorgegeben werden, was in der heutigen Zeit nicht mehr funktioniert.  Die Folge dieser Vorgehensweise ist, dass sich die Mitarbeiter nicht mit dem Veränderungsprozess identifizieren und diesen gegebenenfalls sogar blockieren.

Die Umsetzung einer Strategie bzw. eines Veränderungsprozesses bedarf einer gewissen Erfahrung und einer ausgeprägten Methodenkompetenz. Dies wird häufig seitens der Unternehmen unterschätzt. Auch fehlt vielfach der Mut, alte Strukturen aufzubrechen. Nicht zuletzt starten Unternehmen den Veränderungsprozess zu spät. Der Staus der Liquiditätskrise ist oftmals gegeben. Je früher jedoch der Veränderungsprozess eingeleitet wird, desto größer sind die Handlungsspielräume, in denen agiert werden kann.

 

Wie können diese Fehler am besten vermieden werden?

Unternehmen müssen frühzeitig Veränderungen einleiten. Elementar wichtig hierbei ist, dass die Geschäftsführung die Notwendigkeit der Veränderung deutlich macht und als Kernaufgabe einstuft. Dabei sollten die Beschäftigten maßgeblich in den Prozess eingebunden werden. Denkbarrieren sollten abgebaut werden. Das A und O ist die Erstellung eines Umsetzungsplans mit klaren Vorgaben vom Management in Bezug auf Zeit, finanzielle Mittel, zu erledigenden Aufgaben und Verantwortlichkeiten. Nicht zuletzt bedarf es der Implementierung eines Umsetzungscontrollings, um die gezielte Steuerung des Veränderungsprozesses zu ermöglichen. Veränderungen werden nicht von heute auf morgen umgesetzt. Unternehmen sollten sich Zeit geben und „step by step“ vorgehen. Das Verproben und Hinterfragen des Erreichten ist notwendig, um ggfs. auch Anpassungen vornehmen zu können. Hilfreich ist hierbei vielfach, den Prozess von erfahrenen Beratern begleiten zu lassen.

 

Sie haben ein eigenes Tool entwickelt, mit dem Unternehmen die eigene Zukunftsfähigkeit bewerten lassen können? Welche Parameter sind bei der Beurteilung besonders ausschlaggebend?

Mit unserem Analysetool Zukunft können wir die Markt- und Wettbewerbsfähigkeit und somit die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens messbar machen. In der dreijährigen Entwicklungsphase haben wir erkannt, dass es notwendig ist, die quantitativen Handlungsfelder, also Zahlen und Fakten, wie es z.B. bei einem Bankenrating abgefragt wird, mit qualitativen Handlungsfeldern zu ergänzen, die nach unseren Erfahrungen für die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens maßgeblich sind. Zu diesen Handlungsfeldern gehören die Vision, die Strategie, Strukturen und Prozesse, Mensch und Arbeitswelt sowie die Digitalisierung.

Durch die zukunftsorientierte, prograde Analyse und Bewertung dieser qualitativen Handlungsfelder werden mögliche Handlungsbedarfe sichtbar gemacht und Handlungsempfehlungen abgeleitet. Am Ende der Unternehmensanalyse erhält der Unternehmer einen Zukunftsfähigkeitsbericht, der den Gesamtzukunftsfähigkeitsindex des Unternehmens sowie die Einzelindizes über die Zukunftsfähigkeit innerhalb der jeweiligen Handlungsfeldern ausweist.  

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