14.03.2022Fachbeitrag

Wachstum erfordert effiziente Lagerprozesse

In der DMB-Beitragsserie werden Herausforderungen von Unternehmen adressiert, die gesund wachsen wollen.

Eine zentrale Rolle bei der Umsetzung von Wachstum spielen oft die Abläufe im Lager. Wenn es dort hakt, kommen sowohl die Fertigung als auch die Auslieferung der Ware ins Straucheln. Die Digitalisierung der Lagerprozesse kann KMU helfen, die Wachstumschancen besser zu nutzen.

 

Herausforderungen

KMU mit guten Wachstumsaussichten stehen vor der Aufgabe, ihre Organisation im Hinblick auf eine signifikante Steigerung von Kundenanzahl, Umsatz und die damit verbundenen Vorgänge weiterzuentwickeln. Darüber hinaus sehen sie sich zwei strategischen Herausforderungen gegenüber.

 

1. Fachkräftemangel

Die demografische Entwicklung verläuft zwar langsam, aber unaufhaltsam. In den kommenden Jahren werden viele qualifizierte Mitarbeiter in Rente gehen. Schon seit langem gibt es auf dem Bewerbermarkt jedoch kaum ausgewiesene Spezialisten. Die IT-Industrie beispielsweise erfährt diesen Fachkräftemangel zurzeit äußerst schmerzlich, angesichts der großen Nachfrage nach Digitalisierung. Fehlendes Personal ist aber längst zu einem branchenübergreifenden Problem geworden. Auch in der Sachbearbeitung und im gewerblichen Bereich wird es immer schwieriger, leistungsfähige Mitarbeiter zu finden.

In vielen Branchen ist es für KMU heute kaum möglich, auf Wachstum mit einer Expansion des Personalbestands zu reagieren. Daher kommt es nun darauf an, die Prozesse zu optimieren. Ohne eine Erhöhung des Durchsatzes, ohne die Ablösung manueller Tätigkeiten und ohne eine Reduzierung fehlerbehafteter Abläufe durch digitale Automatismen wird es jedenfalls nicht gehen.

 

2. Probleme in den Lieferketten

Der Mangel an Rohstoffen und Komponenten hat die ökonomischen Abläufe zuletzt empfindlich gestört. Die Auswirkungen auf die Unternehmen sind offensichtlich. Lieferzeiten für wichtige Teile von bis zu zwölf Monaten sind keine Seltenheit mehr. Schwierigkeiten auf den Transportwegen erschweren die Verfügbarkeit. Zudem führen große Preisschwankungen zu schwer kalkulierbaren Kosten. Damit sehen wir uns heute auch in den westlichen Volkswirtschaften teilweise mit einer Mangelwirtschaft konfrontiert. In der Nach-Corona-Zeit mag sich die Lage zwar wieder etwas entspannen, der reibungslose Warenfluss früherer Jahre wird jedoch nicht einfach so zurückkehren.

Viele Unternehmen reagieren mittlerweile auf den unsicherer gewordenen Zufluss von Komponenten, indem sie die Produktion ganz oder teilweise in den europäischen Raum zurückverlegen. Auch in der Lagerhaltung ist ein Umdenken zu beobachten, das sich vielerorts in Erweiterungen und im Neubau von Lagergebäuden zeigt. Doch, wer die Lagerfläche signifikant erhöht, muss auch seine Systeme und Prozesse neu denken.

Die Ausweitung von Lagerflächen als Reaktion auf eigenes Unternehmenswachstum und Lieferschwierigkeiten hat aber nicht nur eine betriebswirtschaftliche, sondern auch eine geopolitische Komponente. So verändert sich die Rolle Chinas in der weltweiten Ökonomie rasant vom billigen Produzenten zum dominanten Akteur, der zunehmend die Bedingungen diktiert. Es ist nicht zu erwarten, dass dies nur eine vorübergehende Erscheinung ist. Die daraus resultierenden Folgen für die weltweiten Warenströme betreffen im Zeitalter der Globalisierung auch deutsche Mittelständler.

 

Konsequenzen für die Lagerhaltung

Wachstumsprozesse führen fast zwangsläufig zu einem höheren Bedarf an Lagerfläche – entweder weil mehr produziert wird oder weil höherer Kundenumsatz im eigenen Lager zu höherem Warenumschlag führt. Kommt es im Lager zu Problemen, wirkt sich das auf andere betriebsinterne Abläufe aus. Wenn zum Beispiel kein Material verfügbar ist, verzögert sich die Fertigung. Folglich kann die Ware nicht termingerecht an die Kunden ausgeliefert werden. Je größer das Problem wird, desto mehr Mitarbeiter sind damit beschäftigt, zu improvisieren. Um dies zu vermeiden, bestellt das Unternehmen größere Mengen mit längerem Vorlauf. Der Bedarf an Lagerfläche steigt.

Es ist deshalb notwendig, die Transparenz im Lager zu steigern. Welches Material ist im Lager verfügbar und wo befindet es sich? Nicht nur in Onlineshops muss sofort ersichtlich sein, welche Ware für Kunden vorrätig ist. Auch Lagerleitung und Einkauf müssen jederzeit im Bild sein. Wann muss ich auf Engpässe reagieren? Wann Ware bestellen? Nur wer darauf ad hoc antworten kann, ist auch imstande, betriebswirtschaftlich sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Dazu müssen die Prozesse im Lager effizienter gestaltet werden.

Mit einem Lagerwirtschaftssystem können Abläufe und Know-how aus den Köpfen der Lagermitarbeiter in eine digitale Lösung transferiert werden. Das System weiß, wo die Ware liegt, wann sie abläuft oder um welche Charge es sich handelt. Das verkürzt Such- und Wegezeiten. Außerdem erleichtert es die Einarbeitung neuer Mitarbeiter und ermöglicht den Einsatz von Hilfskräften.

Ein weiterer wichtiger Aspekt sind die rechtlichen Anforderungen an die Nachverfolgbarkeit von Waren und Komponenten. Mit Excel oder ähnlichen Anwendungen können Unternehmen ihrer Dokumentationspflicht früher oder später nicht mehr effizient nachkommen. Hoher manueller Aufwand ist nur mit einem durchgehenden System zur Chargenverwaltung zu vermeiden, das sich in die Prozesse im Lager integriert.

 

Digitalisierung der Lagerprozesse

KMU können ihre Wachstumschancen nutzen, wenn sie sich den Herausforderungen in der Lagerwirtschaft stellen. Die Digitalisierung gibt ihnen wirkungsvolle Instrumente an die Hand, um die Abläufe besser zu organisieren. Zuerst werden sämtliche Artikel im Lager mit Barcode oder QR-Code versehen. Anschließend können alle Lagerbewegungen über ein Scanner-System durchgeführt werden. Diese Geräte sind Bestandteil eines Lagerwirtschaftssystems, das die betrieblichen Grundfunktionen im Lager abbildet:

 

  1. Wareneingang einschließlich Mengen- und Qualitätskontrolle
  2. Ein- und Umlagerungen auf definierten Lagerplätzen
  3. Warenausgang an Kunden und Fertigung
  4. Verpackung und Versand
  5. Inventur

 

Der Nutzen eines solchen Systems besteht in höherer Transparenz, besserer Nachvollziehbarkeit, Fehlervermeidung und der Verringerung manuellen Aufwands. Die dafür benötigte Technik ist verfügbar und ausgereift. Im Gegensatz zu neuen Technologien wie künstlicher Intelligenz (KI) oder dem Mobilfunkstandard 5G gibt es hier kaum technische Risiken. Die Herausforderung besteht „nur“ darin, mithilfe des Lagerwirtschaftssystems alle beteiligten Prozesse zu digitalisieren. Viele große Unternehmen sind diesen Schritt längst gegangen. KMU hingegen sind im Lager oft noch analog unterwegs, auch wenn Excel Papier und Stift an einigen Stellen inzwischen abgelöst hat.

Die Prozesse im Lager sind stets in vor- und nachgelagerte Vorgänge des Warenwirtschafts- bzw. ERP-Systems eingebettet. Einem Wareneingang geht fast immer eine Bestellung voraus. Das Buchen der Eingangsrechnung setzt Kenntnisse über die Anlieferung voraus. Und eine Auslieferung an den Kunden ist mit einem Auftrag und einer Rechnung verbunden. Der komplette Nutzen digitaler Lagerprozesse ergibt sich somit erst dann, wenn diese in die Warenwirtschaftsprozesse integriert sind.

 

Empfehlung

Jeder mittelständische Unternehmer sollte sich im Interesse seiner Wettbewerbsfähigkeit um die Digitalisierung des Lagers kümmern – es sei denn, die Lagerhaltung spielt im Geschäftsmodell nur eine zu vernachlässigende Rolle. Die zu erwartenden Kosten einer Digitalisierungsmaßnahme sind gut bestimmbar und lassen sich dem zu erwartenden Nutzen anschaulich gegenüberstellen. Zudem gibt es zurzeit eine Reihe staatlicher Fördermaßnahmen für Digitalisierung, die KMU sich nicht entgehen lassen sollten.

 

 

Dieser Artikel ist Teil von Mittelstand Wissen zum Thema 'Wachstumsbeschleuniger und -bremsen | Worauf KMU achten sollten'

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