05.11.2021Hintergrund

Das Arbeitsprogramm der EU-Kommission 2022

Die Europäische Kommission veröffentlicht jährlich im Herbst ihr Arbeitsprogramm für das darauffolgende Jahr. Die darin erhaltenen Initiativen zählen zu den wichtigsten Legislativ- und Politikplanungen der Europäischen Union.

In ihrem jüngst vorgelegten Arbeitsprogramm für das Jahr 2022 skizziert die Europäische Kommission ihre Agenda hin zu einem grüneren, digital besser aufgestellten und widerstandsfähigeren Europa. Im nächsten Schritt wird die Kommission mit dem Europäischen Parlament und dem Rat über die zentralen Legislativvorschläge verhandeln. Die einzelnen Initiativen haben das Potential die Rahmenbedingungen auch für mittelständische Unternehmen zu verändern. Ein Überblick.

Das Programm mit dem Titel „Europa gemeinsam stärker machen“ enthält 42 neue politische Initiativen, die sich an den sechs übergreifenden Zielen der politischen Leitlinien der Kommission orientieren. Im Vordergrund steht der Europäische Grüne Deal und die damit verbundenen Anstrengungen zur Klimaneutralität bis 2050. Die Leitplanken der Kommissionsarbeit in diesem Bereich bildet die gegenwärtig stattfindende COP26 in Glasgow. Neben neuer Initiativen beinhaltet das Programm auch die Evaluierung und Überarbeitung bestehender Rechtsvorschriften. Dabei verfolgt die Kommission den „One-in-one-out“-Grundsatz. Belastungen durch neue Regelungen sollen durch den Abbau bestehender Bürden nivelliert werden.

Energiewende und Klimaschutz

Im Rahmen des sogenannten Null-Schadstoff-Pakets plant die Kommission eine Reihe von Maßnahmen, um die Luftqualität zu verbessern, Schadstoffe in Gewässern zu reduzieren und Mikroplastik in Produkten einzuschränken. Das Ziel einer nachhaltigen Produktpolitik soll über die Förderung der Kreislaufwirtschaft vorangebracht werden. Mit dem „Right to repair“ werden Verbraucher darin gestärkt, Produkte zu fairen Preisen reparieren lassen zu können. Eine Initiative zu nachhaltiger Mobilität sieht unter anderem die Überarbeitung der CO2-Emissionsnormen für schwere Nutzfahrzeuge vor. Weiterhin soll eine Rechtsgrundlage für die harmonisierte Messung von Emissionen im Verkehr und in der Logistik geschaffen werden. Die Kommission kündigt zudem einen Rechtsrahmen für die Zertifizierung der CO2-Entfernung an, wodurch Geschäftsmodelle gefördert werden sollen, mithilfe derer CO2 aus der Atmosphäre gewonnen wird.

Digitalisierung

Die Europäische Kommission sieht in einigen strategischen Sektoren, die für die Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft von großer Bedeutung sind, Störungsanfälligkeiten in den Lieferketten. Als Antwort auf Lieferengpässe bei Halbleitern kündigt die Kommission ein europäisches Computerchip-Gesetz an. Damit soll ein Umfeld gefördert werden, indem neue Märkte und europäische Technologien entstehen können. Zum Schutze der Wirtschaft und Gesellschaft vor Hackerangriffen schlägt die Kommission ein europäisches Gesetz über die Cyberabwehrfähigkeit vor. Die Transformation des bedeutsamen Energiesektors möchte die Kommission auch durch einen beschleunigten digitalen Wandel erreichen.

Finanzen

Die Kommission kündigt einen legislativen Vorschlag an, der einen erleichterten Zugang kleiner und mittlerer Unternehmen zu Kapital sicherstellen soll. Die Mehrwertsteuer-Richtlinie wird unter Berücksichtigung der Möglichkeiten, die digitale Technologien bieten, überarbeitet. Um die Kapitalmarktunion voranzutreiben, beabsichtigt die Kommission die Harmonisierung des Insolvenzrechts. Dadurch sollen Belastungen abgebaut und grenzüberschreitende Investitionen erleichtert werden. Die Kommission betont zudem, sich für eine schnelle und effektive Umsetzung der globalen Steuerreform auf EU-Ebene einzusetzen. Dazu will die Kommission bereits Anfang 2022 ein Gesetz vorstellen, das die Besteuerung von großen Konzernen festlegt.

Arbeit & Bildung

Das Arbeitsprogramm sieht die Vorlage einer Empfehlung zum Mindesteinkommen für das 3. Quartal 2022 vor. Im Bildungsbereich konzentriert sich die Kommission auf die Vermittlung von digitalen Kompetenzen. Sowohl in der allgemeinen als auch in der beruflichen Bildung soll die Förderung der digitalen Bildung eine Schlüsselrolle einnehmen. Den Auftakt bildet die europäische Hochschulstrategie, die die Kommission bereits im 1. Quartal vorlegen will.

Internationalisierung

Die Blocking-Verordnung der EU aus dem Jahr 1996 soll überarbeitet werden. Ziel der Verordnung ist es, EU-Unternehmen vor den Folgen von exterritorialen Sanktionen, die von Drittländern verhängt werden, zu schützen. 2018 wurde die Verordnung bereits aktualisiert, um EU-Unternehmen vor den Auswirkungen der amerikanischen Iran-Sanktionen zu schützen. Neben einer gemeinsamen Mitteilung über eine erneuerte Partnerschaft mit der Golfregion kündigt die Kommission eine neue Strategie für das Handeln im internationalen Energiebereich an. Die Strategie soll Unternehmen neue Möglichkeiten im internationalen Energiehandel eröffnen.

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