Die G7 und der Mittelstand
Der diesjährige G7-Gipfel wird vor allem unter dem Eindruck des Ukraine-Kriegs stehen. Weitere Themen sind die Pandemiebekämpfung, der Schutz der Demokratien und die Klimapolitik. Im Zentrum steht dabei die Gründung eines Klima-Clubs.
Am Sonntag beginnt der G7-Gipfel in Schloss Elmau. Dann werden die Staats- und Regierungschefs der größten Industrienationen über die Herausforderungen der internationalen Politik und die Leitlinien des Welthandels sprechen. Über die Agenda des Gipfeltreffens, mittelstandsrelevante Punkte und die Bedeutung des Gipfels für KMU.
Deutschland hat am 1. Januar 2022 die G7-Präsidentschaft übernommen und ist damit Gastgeber des 48. G7-Gipfels, der vom 26. bis 28. Juni 2022 in Schloss Elmau stattfindet. Das letzte Treffen der G7-Staats- und Regierungschefs in Deutschland fand im Juni 2015 ebenfalls in den bayrischen Alpen statt. Als diesjähriger Gastgeber setzt Bundeskanzler Olaf Scholz die politischen Schwerpunkte des Gipfels. Dazu soll die G7 nach seiner Vorstellung insbesondere wichtige Weichenstellungen hinsichtlich der folgenden Punkte vornehmen:
- Nachhaltiger Planet: Vorreiterrolle und Schaffung starker Allianzen für Fortschritte beim Klimaschutz, insbesondere durch die Gründung eines offenen und kooperativen internationalen Klima-Clubs, beim Schutz von Umwelt und Biodiversität, bei einer beschleunigten globalen Energiewende.
- Wirtschaftliche Stabilität und Transformation: Weichenstellungen für die wirtschaftliche Erholung, finanzielle Stabilität sowie für ein nachhaltiges, soziales und gerechtes globales Wirtschaftssystem.
- Gesundes Leben: Stärkung der globalen Gesundheit durch Pandemiebekämpfung und -vorsorge und eine verbesserte internationale Gesundheitsarchitektur.
- Investitionen in eine bessere Zukunft: Förderung nachhaltiger Entwicklung und Infrastruktur, Ausbau von Partnerschaften zu Klima, Energie und Entwicklung sowie Einsatz für Frieden und Sicherheit.
- Starkes Miteinander: Einsatz für offene, resiliente, geschlechtergerechte Gesellschaften und Menschenrechte, Verteidigung freiheitlicher Demokratien, gesellschaftliche Teilhabe, Wissenschafts- sowie Pressefreiheit und Eindämmung von Desinformation, digitale Ordnung und digitalen Fortschritt.
Die Klimakrise als zentrales Thema des Gipfels
In seiner Regierungserklärung vom 22. Juni 2022 hat Olaf Scholz die Themen weiter spezifiziert: der Gipfel wird sich um eine gemeinsame Haltung der G7 zum Ukraine-Krieg, um Pandemiebekämpfung, den Schutz der Demokratien und vor allem um Klimapolitik drehen. Deutschland möchte einen sogenannten Klima-Club gründen. Die Idee dazu stammt noch aus seiner Zeit als Finanzminister. Demnach sollen sich Staaten zusammenschließen, die beim Klimaschutz und den erneuerbaren Energien vorangehen möchten. Der Klima-Club soll allen Ländern offenstehen, die sich auf gewisse Mindeststandards festlegen wollen. Vor allem der Preis für den CO²-Ausstoß soll innerhalb dieser Staaten-Gruppe möglichst gleich sein.
Stärkung des Multilateralismus und globale Handelspolitik
Ein weiteres Ziel der G7-Präsidentschaft besteht darin, Weichenstellungen für wirtschaftliche Stabilität und Transformationen zu setzen. Dabei liegt der Fokus auf einer Wirtschafts- und Finanzpolitik, die nachhaltig Resilienz, Preisstabilität und Finanzstabilität fördern soll. Die G7 will sich zudem in handelspolitischer Sicht für die Stärkung des Multilateralismus einsetzen und Protektionismus sowie unfaire Handelspraktiken bekämpfen. Dazu will man vor allem die Reform und Weiterentwicklung der Welthandelsorganisation WTO unterstützen.
Der Gipfel aus Sicht der Wirtschaft
Die Gruppe der Business7 – eine Delegation aus führenden Wirtschafts- und Industrieverbänden – hat konkrete Handlungsempfehlungen für die G7-Staaten vorgelegt. Für Deutschland ist der Bundesverband Deutscher Industrie (BDI) maßgeblich an den Gipfelvorbereitungen beteiligt. Die Business7 sprechen sich für einen regelbasierten globalen Handel und die Stärkung der Zusammenarbeit unter verlässlichen Partnern aus. Ein gemeinsames Wertefundament und das Prinzip der Rechtstaatlichkeit seien die Grundlage für Wirtschaftswachstum, Wohlstand, Nachhaltigkeit und Innovationen. Die B7-Delegation betont vor allem die Notwendigkeit von robusten Lieferketten und neuen Handels- und Investitionsabkommen. Ein weiteres Anliegen ist die Sicherung der Energieversorgung. In diesem Zusammenhang begrüßen die Business7 die Initiativen zum Ausbau erneuerbarer Energien und den vorgeschlagenen Klima-Club.
Warum der Gipfel wichtig für den deutschen Mittelstand ist
Die politischen Schwerpunkte der Staats- und Regierungschefs der wichtigsten Wirtschaftsnationen erscheinen auf den ersten Blick wenig bodenständig und ohne konkrete und fassbare Bedeutung für den Mittelstand. Trotzdem sollten sich Unternehmer im Klaren sein, dass die G7-Gipfel enorme Auswirkungen auch für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) in Deutschland haben können. Eines der zentralen Themen der Gesprächsrunden ist der Welthandel. Trotz anderer Schwerpunkte: Weltwirtschaft und Freihandel stehen bei jedem Gipfeltreffen ganz oben auf der Agenda: Auch wenn man bei Stichwörtern wie „Export“, „Internationalisierung“ und „Auslandsinvestitionen“ zunächst an die großen DAX-Konzerne denkt, hat auch der Mittelstand entscheidenden Anteil an Deutschlands Status als Exportweltmeister. Jeder fünfte Mittelständler erwirtschaftet Umsätze im Ausland. Über 97 Prozent der deutschen Exporteure sind kleine und mittelständische Unternehmen. Etwa 44 Prozent der deutschen KMU tragen direkt oder als Zulieferer zum außenwirtschaftlichen Erfolg Deutschlands bei. Diese Zahlen belegen: auch kleine und mittlere Unternehmen setzen auf Außenhandel und sind zunehmend von internationalen Rahmenbedingungen für freien, fairen und nachhaltigen Handel abhängig.
Der Mittelstand braucht den freien Handel als Nährboden für starken Export
Außenhandelsgeschäfte brauchen freien Handel. Das gilt insbesondere für mittelständische Unternehmen, denn anders als Großkonzerne fehlt gerade bei den ersten Schritten im Außenhandel das Knowhow und die Mittel, sich mit Einfuhrbestimmungen, unterschiedlichen Produktstandards und ausländischen Behörden auseinanderzusetzen. Zölle und vor allem nicht-tarifäre Handelshemmnisse, wie technische Standards, sind für KMU daher meistens eine unüberwindbare Hürde. Denn für sie lohnt es sich im Gegensatz zu Großunternehmen in der Regel nicht, die hohen Markeintrittskosten, die durch Produktanpassungen und Zertifizierungsverfahren entstehen, auf sich zu nehmen. Der Mittelstand ist daher ein wesentlicher Profiteur der Harmonisierung von Standards und des Abbaus von Handelshemmnissen im Rahmen von Freihandelsabkommen. Hier schließt sich der Kreis, denn die G7 beschließen die Leitlinien des Welthandels und verhandeln in bi- und multilateralen Gesprächen über den Abschluss solcher Handelsabkommen.
Was der Mittelstand vom G7-Gipfel in Schloss Elmau erwartet
Mittelständische Unternehmen sind abhängig von einem regelbasierten globalen Handel. Protektionismus, veraltete WTO-Regeln und gestörte Lieferketten gefährden die internationalen Handelsströme. Der Mittelstand braucht daher offene Märkte und stabile Rahmenbedingungen, die den internationalen Warenaustausch flankieren. Angesichts zunehmender Abschottung braucht es neue Handels- und Investitionsabkommen mit verlässlichen Partnern. Der Welthandel benötigt die Rückkehr zum Multilateralismus und regelbasierten Warenaustausch. Für einen zukunftsfähigen internationalen Handel muss die WTO revitalisiert und ihre inzwischen veralteten Regelungen modernisiert werden. Der Welthandel muss zudem nachhaltiger für Umwelt und Mensch gestaltet werden. Die westlichen Staaten sollten eine stärkere Zusammenarbeit und einen stärkeren Warenaustausch unter befreundeten Partnern forcieren – insbesondere um sich resilienter gegenüber künftigen Krisen aufzustellen.
Dieser Beitrag ist Teil der Themenwoche G7-Gipfel in Schloss Elmau