02.08.2021Fachbeitrag

Die Handelsvertretung im japanischen Recht

Die Beitragsserie „Markteinstieg in Japan“ fasst alles Wissenswerte für wirtschaftliche Aktivitäten in „Nippon“ (jap. für Japan) zusammen.

Um auf dem japanischen Markt Fuß zu fassen, empfiehlt sich der Einsatz eines kultur- und sprachvertrauten Handelsvertreters. Dr. Andreas Kaiser ist Rechtsanwalt in Tokio. Er weiß, was einen Handelsvertreter in Japan ausmacht, von anderen Berufsgruppen unterscheidet und er kennt die rechtlichen Bedingungen, die es zu beachten gilt.

Der japanische Handel hat seine eigenen Handelsgebräuche und die Beachtung der japanischen Besonderheiten sind der Schlüssel zum japanischen Markt. Die Einsetzung eines Handelsverteters ist ein beliebtes Mittel, Geschäfte über marktkundige Abgesandte in die Wege zu leiten. 1899 wurden die deutschen Regelungen über den Handelsvertreter bei der Rezeption des deutschen Handelsrechts in das japanische Handelsgesetz (HG)  übernommen. Diese Regelungen wurden anschließend kaum geändert, es gibt auch vergleichsweise wenig Rechtsprechung zum japanischen Handelsvertreter. In der internationalen Vertragspraxis sind Einflüsse des US-amerikanischen Rechts bemerkbar.

 

Handelsvertreter als Vermittler

Der Handelsvertreter ist eine natürliche oder juristische Person, die, ohne Arbeitnehmer zu sein, als Vertreter oder Abschlussmittler, im fremden Namen und auf fremde Rechnung Geschäfte für einen anderen Unternehmer (der sog. Prinzipal oder Geschäftsherr) in dessen gewöhnlichen Geschäftsbereich ausführt. Als Gegenleistung für erfolgreiche Verkäufe erhält der Handelsvertreter gegen den Geschäftsherrn einen Anspruch auf Provision.

Vom Handelsvertreter abzugrenzen sind der Vertragshändler und der Kommissionär. Der Vertragshändler ist in eigenem Namen und auf eigene Rechnung tätig. Er erwirbt in der Regel das Eigentum an den Waren vom Hersteller gegen Entgelt und verkauft diese Waren mit Gewinn an seine Kunden weiter. Der Kommissionär ist in eigenem Namen und auf fremde Rechnung tätig. Er verkauft die Waren des anderen Unternehmers (der sog. Kommittent) in eigenem Namen an seine Kunden. Zur Leistung bedarf es eines weiteren Durchführungsgeschäfts im Innenverhältnis des Kommissionärs und des Kommittenten. Wie der Handelsvertreter erhält der Kommissionär vom Kommittenten eine Verkaufsprovision.

Das ausländische Unternehmen, das einen japanischen Handelsvertreter zum Markteintritt nutzen möchte, sollte zumindest dessen Eintragung im japanischen Handelsregister einsehen. Darüber hinaus wird der Geschäftsherr regelmäßig weitere Informationen über die Eigentümer und Geschäftsführer des Unternehmensträgers des Handelsvertreters einholen. Der Handelsvertreter sollte selbstständig sein und über eine gute Verkaufsorganisation verfügen, die Produkte des Geschäftsherrn gut kennen und Erfahrung mit den in der Regel sehr anspruchsvollen japanischen Kunden haben. Auch sollte der Handelsvertreter bereit sein, die Compliance-Regeln des Geschäftsherrn zu akzeptieren.

Handelt es sich bei dem Handelsvertreter um eine natürliche Person, so muss sichergestellt sein, dass er kein Arbeitnehmer im Unternehmen des Geschäftsherrn ist.

 

Besonderheiten - das gilt es zu beachten

Das japanische Recht sieht ausser bei der Einfuhr bestimmter Güter (Pflanzen, Lebensmittel, Arzneimittel, Gefahrgut, etc.) oder in bestimmten Wirtschaftsbereichen (Finanzdienstleistungen, Bauwesen, freie Berufe, etc.) keine besonderen Vorschriften in Bezug auf Lizenzen, Registrierungs- oder andere formale Pflichten für den Handelsvertreter vor. Es gibt kein besonderes berufsrechtliches Register für Handelsvertreter in Japan.

Die Aufnahme einer Exklusivitätsklausel in dem Sinne, dass der Handelsvertreter ausschließlich Waren des Geschäftsherrn verkaufen darf, kann einen Verstoß gegen das japanische Kartellrecht darstellen, wenn diese in unzulässiger Weise den Handelsvertreter daran hindern, mit anderen Unternehmern Geschäftsbeziehungen einzugehen. Ferner kann eine Exklusivitätsklausel in der Form vereinbart werden, dass der Vertriebshändler vom Geschäftsherrn das alleinige Recht zum Vertrieb in Japan erhält. In letzterem Falle darf der Geschäftsherr im Zuständigkeitsbereich des Handelsvertreters keine Direktgeschäfte betreiben.

Das japanische Gesetz unterstellt den Handelsvertretervertrag keinen besonderen Formanforderungen. Die Schriftform und eine möglichst genaue Bestimmung der Vertragsbedingungen und der erteilten Vollmachten unter Berücksichtigung des japanischen zwingenden Rechts sind jedoch dringend zu empfehlen. Leider gab es Fälle des Vollmachtsmissbrauchs, die letztlich daraus resultierten, dass der ausländische Hersteller zu naiv sehr weitgehende Vollmachten unterschrieben hatte. Der daraus entstandene Schaden war immens und der Ärger hätte durch vorsorgliche Einschaltung eines Rechtsanwalts vor Erteilung einer Vollmacht leicht vermieden werden können.

Es bestehen keine Registrierungs- oder Genehmigungspflichten für den Handelsvertretervertrag als solchen, insbesondere muss der Handelsvertretervertrag nicht der japanischen Wettbewerbsbehörde vorgelegt werden.

 

Pflichten und Vergütung

Dem Handelsvertreter obliegen eine Reihe von Treue- und Sorgfaltspflichten. Er muss dem Geschäftsherrn unverzüglich jedes von ihm im Rahmen seines Vertrages getätigte Geschäft anzeigen und ist empfangszuständig für Erklärungen im Rahmen der Geschäftstätigkeit des Handelsvertreters. Der Vertreter darf in demselben Geschäftszweig weder auf eigene noch auf fremde Rechnung tätig werden und auch nicht Mitglied des Verwaltungsrates oder geschäftsführender Gesellschafter einer Konkurrenzfirma sein.

Das japanische Gesetz sieht keine besonderen Pflichten des Geschäftsherrn gegenüber dem Handelsvertreter vor. Eine Vereinbarung bestimmter Pflichten ist jedoch handelsüblich. Dazu gehören insbesondere die Anzeigepflicht bezüglich aller Fehler der Ware, die mit der Ausführung der Geschäfte durch den Handelsvertreter zusammen hängen, die Rechnungsbelegungspflicht bezüglich eingegangener Bestellungen, die den Handelsvertreter zu Provisionen berechtigen, und allgemein die Pflicht zur Förderung der Interessen und Geschäftsaktivitäten des Handelsvertreters, z.B. durch Überlassen von Werbematerial, Mustern, verkaufsrelevantem Know-How und Informationen und die Pflicht zur Rücksichtnahme.

Der Geschäftsherr schuldet dem Handelsvertreter in der Regel neben der Provisionszahlungspflicht keine laufende Vergütung. Das Gesetz sieht keine Verpflichtung des Geschäftsherrn zur Erstattung der Ausgaben und Aufwendungen des Handelsvertreters vor. Die Ausgaben werden üblicherweise vom Handelsvertreter getragen. Ausnahmen bilden die Kosten für Verschiffung, Transportrisiken und Reparatur beschädigter Ware.

Das japanische Gesetz sieht keine Bestimmungen über die Provision des Handelsvertreters vor. Im Vertrag sollten deshalb insbesondere Leistungszeitpunkt, Höhe sowie Art und Weise der Zahlung der Provision vereinbart werden. Meist wird Provision als Abschluss oder Vermittlungsprovision in Höhe eines bestimmten Prozentsatzes vom Umsatz bezahlt.

 

Fazit

Das Handelsvertreterrecht ist im japanischen Handelsgesetz nur vage geregelt. Der sorgfältigen Gestaltung des Handelsvertretervertrags und der Vollmachten nach dem Willen der Parteien unter Berücksichtigung der Handelsgebräuche kommt daher besondere Bedeutung zu. Auch sollte der Geschäftsherr das Bestehen von Handelsgebräuchen und andere japanische Besonderheiten beachten.

 

Teil VII der Beitragsserie Markteinstieg in Japan

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