22.01.2019Fachbeitrag

Grundlagen der Vertragsgestaltung in der Ukraine

Für deutsche Unternehmen ist die Ukraine ein interessantes Export-, Import-, Produktions- oder Investitionsziel. Die vierzehnteilige Beitragsserie „Markteinstieg in der Ukraine“ vermittelt Grundlagen und Details zum Wirtschaftssystem der Ukraine.

Unternehmen, die international tätig sind und somit Verträge mit Geschäftspartnern in einer Vielzahl von Ländern abschließen, sollten stets darauf achten, mit welchem Partner aus welchem Land sie kooperieren möchten sowie welche Vertragsform abgeschlossen wird. Ein Vertrag legt schließlich die „Spielregeln“ des Geschäfts fest, und die Parteien sollen nach diesen Regeln spielen. 

Ein wirksamer Schutz ausländischer Investitionen wird aufgrund des Wortlauts der Verträge am besten mit ukrainischen Partnern festgelegt. Das heißt, dass die korrekte Formulierung von Bestimmungen, die die Vertragsbeziehungen definieren, ausländische Investoren künftig vor rechtswidrigen Handlungen schützen kann. Daher ist die Gestaltung von Vertrags- und Gesellschaftsverhältnissen in der Phase der Investmentplanung von wesentlicher Bedeutung.

Die ukrainische Gesetzgebung kennt verschiedene Vertragsarten. Der Werkvertrag oder der Lieferungsvertrag gehören beispielsweise zu den häufigsten Verträgen, in denen die Parteien ihre Rechte und Pflichten in Bezug auf die Abwicklung gemeinsamer Projekte vereinbaren.

 

Das grundlegende Prinzip jedes Vertrages

Vertragstreue ist gegeben, wenn man alles überprüft hat. Der Erfolg jedes Vertrages hängt im Wesentlichen von der Zuverlässigkeit des Vertragspartners ab. Zurzeit gibt es keine Hindernisse, um einen ukrainischen Vertragspartner rechtlich zu überprüfen. Die nachfolgenden öffentlich-staatlichen Register können dabei behilflich sein: zum Beispiel das einheitliche staatliche Register der juristischen Personen, Einzelunternehmen und gesellschaftlichen Vereinigungen; das Register von Steuerpflichtigen; das staatliche Register von Gerichtsentscheidungen; das Register von Lizenzen; das Schuldnerregister; das Register über Konkursfälle und viele weitere. Gegenwärtig gibt es mehr als 50 öffentliche Register in der Ukraine, die es jedem ermöglichen, im Verlauf eines Tages alle wesentlichen Rahmendatenpotentieller Vertragspartner zu überprüfen, um mögliche Risiken zu vermeiden.

Ein weiterer wichtiger Schritt vor der Unterzeichnung von Verträgen ist eine Prüfung der Befugnisse von Personen, die zur Unterzeichnung berechtigt sind. Nur eine bevollmächtigte Person, die im staatlichen Register eingetragen ist, hat das Recht, Verträge im Namen der Gesellschaft zu unterzeichnen. Es muss auch geprüft werden, ob im Register eine Beschränkung der Befugnisse des Geschäftsführers eingetragen ist (z.B. Wertgrenzen von Verträgen).

Falls ein Vertreter einer ukrainischen Gesellschaft keine ausreichenden Befugnisse hat, können die ukrainischen Gerichte den Vertrag für unwirksam erklären. Das Fehlen der notwendigen Befugnisse des Unterzeichners seitens des ukrainischen Geschäftspartners ist einer der häufigsten Fehler, die ausländischen Vertragsparteien unterlaufen.

 

Geschriebenes ist nicht auszulöschen

Der schriftliche Vertrag und gegebenenfalls seine Anlagen, in denen alle wesentlichen Eckpunkte vorgeschrieben sind, ist die Grundlage für die Zusammenarbeit zwischen den Parteien. Die Schriftform aller Übergabe-Übernahmeprotokolle oder anderer Anlagen zu einem Vertrag erleichtert die Beweisführung im Falle von Streitigkeiten. Die ukrainischen Gerichte messen schriftlichen Vereinbarungen wesentlich höhere Bedeutung als mündlichen Absprachen oder Korrespondenz per E-Mail zu. Es gibt noch viele offenen Fragen, wie die ukrainischen Gerichte die E-Mails als Beweisstücke im ukrainischen Wirtschaftsverfahren akzeptieren werden. Derartige vermeintliche Kleinigkeiten können einen Prozess erschweren.

 

Gegenstand des Vertrags und dessen detaillierte Beschreibung

Es muss auch beachtet werden, dass die Bezeichnung, das Sortiment, die Menge, der Stückpreis, der Gesamtwert jeder Lieferung und sonstige von den Parteien vereinbarte Details in den Stücklisten angegeben werden können, die untrennbarer Bestandteil eines Vertrags sind. Eine von den Parteien unterzeichnete Stückliste gilt als Auftragsbestätigung. Die Parteien sollen nach einer jeden Etappe der Lieferung von Waren das Übergabe-Übernahmeprotokoll unterzeichnen, weil es ein Beweis der Warenlieferung ist. Ein Übergabe-Übernahmeprotokoll schafft Rechtssicherheit. Ein vermeidbarer und zugleich häufiger Fehler ist das Fehlen dieses Übergabe-Übernahmeprotokolls.

 

Zahlungsfristen und die Fristen der Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen

Die Zahlungsabsicherung muss umso eindeutiger und besser sein, desto unbekannter der Vertragspartner ist. Es ist daher empfehlenswert, eine Vorauszahlung von einer Vertragspartei zu verlangen, sodass eine Mindestgarantie für den Verkäufer gewährleistet ist.

Um Überweisungen durchzuführen, muss die Vertragspartei bestimmte Informationen angeben. Ohne den Namen des Empfängers, seine IBAN- bzw. SWIFT-Nummer, den gewünschten Betrag und einen Verwendungszweck klappt es mit der Geldüberweisung nicht. Besonderen Wert sollte man bei den Überweisungen in die Ukraine übrigens auf eine richtige und vollständige Formulierung des Verwendungszweckes legen, empfehlenswert ist neben der Angabe der Rechnungsnummer auch eine Beschreibung, für welche Ware die Überweisung getätigt wird.

In den meisten Fällen fordern die ukrainischen Banken die Originale des Vertrages, Übergabe-Übernahmeprotokolle usw. an. Auch aus diesem Grund sollte man Verständnis mit dem ukrainischen Geschäftspartner haben, wenn er diese Dokumente im Original ganz dringend benötigt.

 

Häufige Probleme bei der Vertragsgestaltung

Die folgenden Probleme können durch eine umsichtige Vertragsgestaltung vermieden werden: 

  • Lieferung von Waren/Güter von schlechter Qualität;
  • Streitigkeiten bezüglich der Versandkosten, sofern sie nicht vertraglich geregelt;
  • Mängelrüge;
  • Änderung des Warenwertes nach dem Vertragsschluss;
  • Folgen, wenn im Vertrag keine Warenname und keine Warenmenge angegeben werden;
  • Kündigung des Vertrages vor dem Erhalt der entsprechenden Mitteilung von der Vertragspartei;

Um negative Folgen zu vermeiden, sollte die Vertragspartei die Augen offen halten und alle wesentlichen Eckpunkte im Vertrag klar formulieren.

 

Anwendbares Recht und Gerichtsstand

Es ist bedeutsam für Parteien, das anwendbare Recht zu bestimmen. So kann der ausländische Investor die Vertragsbedingungen nach Maßgabe des Rechts, das ihm bekannt ist oder das für bestimmte Zwecke am besten geeignet ist, abfassen. Es ist wesentlich, die Grundzüge des anwendbaren Rechts zu kennen. Darüber hinaus müssen die zwingenden Vorschriften der ukrainischen Gesetzgebung berücksichtigt werden, die im Falle der Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Urteile die Anwendung von Bestimmungen internationaler Rechtsordnungen in der Ukraine erschweren können. 

Die Vertragsparteien können sich auf die Beilegung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Durchführung des jeweiligen Vertrages vor einer internationalen Schiedsinstitution einigen. So kann ein ausländischer Investor eine Streitbeilegung vor ukrainischen Gerichten vermeiden. Diese Möglichkeit steht den Investoren zur Verfügung, da die Ukraine das New Yorker Übereinkommen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (aus dem Jahre 1958) unterzeichnet und ratifiziert hat. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass in bestimmten Fällen, wie etwa in Streitigkeiten über das in der Ukraine befindliche Vermögen, eine ausschließliche Zuständigkeit der ukrainischen Gerichte besteht.


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