04.05.2017Fachbeitrag

Internationaler Rechtskommentar:
Österreich: Aktuelle Novellen im österreichischen Steuerrecht

Rechtskommentar:

Das österreichische Steuerrecht stand in den letzten Jahren laufend unter dem Zeichen von Veränderungen. Auch mit Beginn dieses Jahres sind wieder zahlreiche Neuerungen in Kraft getreten. Der nachstehende Beitrag soll einen Überblick über die bedeutendsten Änderungen der Jahre 2016 und 2017 geben.

Steuerreformgesetz 2015/2016

Vergleichsweise tiefgreifende und umfangreiche Änderungen brachte das Steuerreformgesetz 2015/16 mit sich. Zusammengefasst unter diesem Titel wurden zahlreiche Abgabengesetze novelliert. Die Änderungen traten überwiegend mit 1.1.2016 in Kraft. Die wichtigsten Neuheiten sind:

  • Neuregelung der Einkommensteuertarife: Neben zahlreichen auf eine Entlastung niedriger und mittlerer Einkommen abzielender Anpassungen im Bereich der Lohnsteuer wurde der Eingangssteuersatz auf 25% gesenkt. Der Spitzensteuersatz wurde hingegen von 50% auf 55% (befristet bis 2020 für Einkommen > EUR 1 Mio.) angehoben. Dazwischen wurden neue Steuerstufen eingeschoben mit Tarifen von 35-50%).
  • Einhergehend mit der Erhöhung des Spitzensteuersatzes in der Einkommensteuer wurde die bislang daran gebundene Kapitalertragsteuer (KeSt) auf Einkünfte aus Kapitalvermögen von 25% auf 27,5% (ausgenommen Geldeinlagen und nicht verbriefte sonstige Forderungen) angehoben.
  • Der auf die Veräußerung von Grundstücken anfallende besondere Steuersatz (Immobilienertragsteuer) wurde von 25% auf 30% erhöht. Der bislang vom Veräußerungsgewinn abziehbare Inflationsabschlag in Höhe von 2% p.a. (ab dem 11. Jahr bei Veräußerung von Grund und Boden) wurde gestrichen. Die Änderungen betreffen den betrieblichen und außerbetrieblichen Bereich gleichermaßen.
  • Grunderwerbsteuer: Die aus verfassungsrechtlichen Gründen problematische Anknüpfung an den (seit langem nicht mehr an die Wertentwicklung angepassten) sog. Einheitswert als Bemessungsgrundlage wurde aufgegeben. Einheitliche Bemessungsgrundlage ist nunmehr der Wert der Gegenleistung bei entgeltlichen und der Verkehrswert des Grundstücks bei unentgeltlichen Rechtsgeschäften. Der Verkehrswert kann durch drei verschiedene Methoden ermittelt werden: Alternativ neben einem auf einer Verordnung des Bundesminister für Finanzen (BMF) basierenden Pauschalwertmodell kann der Verkehrswert aus einem geeigneten Immobilienpreisspiegel ermittelt werden. Der Nachweis eines geringeren Verkehrswerts durch ein Sachverständigengutachten steht darüber hinaus offen. Ferner wurde ein Stufentarif (0,5% - 3%)für unentgeltliche Veräußerungen (als solche gelten auch entgeltliche Geschäfte zwischen bestimmten Familienangehörigen) eingeführt. Der Tarif für entgeltliche Veräußerungen zwischen Personen ohne familiäres Naheverhältnis bleibt unverändert bei 3,5% der Bemessungsgrundlage. Darüber hinaus liegt eine steuerpflichtige Anteilsvereinigung bei Gesellschaften mit Grundbesitz nunmehr bereits beim Erwerb von 95% der Anteile vor.
  • Ausländische Wissenschaftler und Forscher: Die bestehenden Bestimmungen zur Beseitigung steuerlicher Mehrbelastungen infolge Wohnsitzbegründung im Inland wurden um einen pauschalen (Zuzugs-)Freibetrag in Höhe von 30% der zum Tarif besteuerten Einkünfte aus wissenschaftlicher Tätigkeit ergänzt. Bei Inanspruchnahme des Freibetrags können darüber hinausgehende Ausgaben nicht abgesetzt werden. Der Freibetrag ist auf einen Zeitraum von 5 Jahren ab dem Zuzug beschränkt.
  • Im Umsatzsteuerrecht wurde ein neuer ermäßigter Steuersatz von 13% eingeführt, sodass es bei mehreren ermäßigten Umsätzen zu einer Erhöhung der Umsatzsteuer kommt, wie insbesondere bei Beherbergungsleistungen.
  • Im Bereich der Steuereinhebung wurde die verpflichtende Verwendung von Registrierkassen für Bargeschäfte ab einem Jahresumsatz (netto) von EUR 15.000 (und Barumsätzen > EUR 7.500) eingeführt. Diese Maßnahme zur Betrugsbekämpfung wurde durch deine Belegerteilungs- und Belegannahmepflicht flankiert.
  • Zentrales Kontenregister: Im Zuge der Steuerreform 2015/2016 wurde als begleitende Maßnahme zum Zweck der Betrugsbekämpfung die Führung eines zentralen Kontenregisters beschlossen. Diese Register werden beim BMF geführt und erfasst „externe Daten“ (Name und Anschrift des Inhabers, Eröffnungs- und Schließungsdatum) zu in Österreich geführten Bankkonten im Einlagen-, Giro- und Bauspargeschäft sowie Depots. Die Einsicht in das Register ist für strafrechtliche, finanzstrafrechtliche und auch abgabenrechtliche Zwecke möglich. Eine Konteneinschau, das heißt die Einholung von Auskünften über Bankkonten und Bankgeschäfte (Kontostand, Umsätze) ist nun mehr neben (finanz)strafrechtlichen Zwecken unter bestimmten Voraussetzungen und nach bundesfinanzgerichtlicher Bewilligung auch für Zwecke der Abgabeneinhebung möglich. Das zentrale Kontenregister ist seit August 2016 eingerichtet.

EU-Abgabenänderungsgesetz 2016

Vor Inkrafttreten der Erbrechtsverordnung wurde im belgischen internationalen Privatrecht zur Bestimmung des anwendbaren Rechtes zwischen beweglichen und unbeweglichen Gütern unterschieden. Für bewegliche Güter war das Recht des letzten gewöhnlichen Aufenthalts anwendbar, für unbeweglichen Eigentümer das lex rei sitae, das Recht des Mitgliedstaates in dem sich das Eigentum befindet.

In Anwendung von Artikel 21 unterliegt nunmehr die gesamte Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, in dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

  • Kernstück ist das neue Verrechnungs-preisdokumentationsgesetz, mit dem die RL 2014/6/EU sowie die Empfehlungen der OECD im Rahmen des Aktionsplans „BEPS – Base Erosion and Profit Shifting“ (Maßnahme 13) umgesetzt werden. Dementsprechend sieht das Gesetz Dokumentationspflichten für bestimmte multinationale Unternehmensgruppen vor, welche neben der Erstellung eines länderbezogenen Berichts auch die Erstellung von einem „Master File“ und einem „Local File“ umfassen.
  • Infolge des Auslaufens der EU-Zinsbesteuerungsrichtlinie wurden das EU-Quellensteuergesetz aufgehoben und dadurch notwendige legistische Anpassungen vorgenommen. Der die Quellenbesteuerung ersetzende automatische Informationsaustausch über Zinseinkünfte wurde bereits zuvor mit dem Gemeinsamen Meldestandard-Gesetz implementiert.

Abgabenänderungsgesetz 2016

Unmittelbar vor Jahresende wurde das Abgabenänderungsgesetz 2016 kundgemacht. Die bedeutendsten Änderungen finden Sie nachstehend:

  • Stabilitätsabgabe (Bankensteuer): Die im Zuge der Finanzkrise 2011 eingeführte und als Beitrag für staatliche Maßnahmen zur Stabilisierung der Finanzmärkte konzipierte Stabilitätsabgabe für Kreditinstitute wird aufgrund des geänderten regulatorischen (zB EU „Single Resolution Fund“) und wirtschaftlichen (Zinsniveau) Umfelds angepasst und im Wesentlichen betragsmäßig reduziert. Einkommensteuer: Mehrere Anpassungen gibt es auch im Bereich der Einkommen-steuer. Hervorzuheben ist die Neuregelung der Besteuerung von Stipendien für wissenschaftliche Tätigkeiten, welche Einkommensersatz-funktion (Gewährung ohne aufrechtes Dienstverhältnis) haben, unterliegen nunmehr als Einkünfte aus selbständiger Erwerbstätigkeit der Einkommensteuer. Die Begünstigungen (kein Ansatz eines Sachbezugs) für Kfz mit einem CO2-Ausstoß von 0g/km sollen auf wesentlich beteiligte Gesellschafter-Geschäftsführer ausgedehnt werden.
  • Im Bereich der Umsatzsteuer kommt es zu einer Anpassung des umsatzsteuerlichen Grundstücksbegriffs in Angleichung an den nunmehr unionsweit einheitlichen Grundstücksbegriff durch die Durchführungsverordnung (EU) Nr 2828/11. Ferner wird die Umsatzsteuerbefreiung für Kleinunternehmer (Jahresumsatz kleiner als EUR 30.000) ausgeweitet. Zugleich erfolgt jedoch auch eine Einschränkung dahingehend, dass in den Genuss der Regelung nur Unternehmer kommen können, die das Unternehmen tatsächlich auch in Österreich betreiben. Der bloße Wohnsitz ist dafür nicht mehr ausschlaggebend.
  • Im Bereich des Verfahrensrechts wird nunmehr auch für Verfahren vor dem Bundesfinanzgericht und den Landesverwaltungsgerichten die Möglichkeit der Verfahrenshilfe eingeführt. Mit der Vorlageerinnerung wird ein neuer Rechtsbehelf eingeführt, mit dem eine Vorlage der Bescheidbeschwerde an das zuständige Verwaltungsgericht erreicht wird, wenn diese vom Finanzamt nicht innerhalb von 2 Monaten ab Einbringung des Vorlageantrags (oder bei Unterbleiben einer Beschwerdevorentscheidung ab Einbringung der Bescheidbeschwerde) vorgenommen wird.

Rechnungslegungsänderungsgesetz 2014

Erhebliche Änderungen im Bereich des Bilanzrechts brachte das Rechnungslegungsänderungsgesetz 2014 (RÄG 2014), welches aus Anlass der Umsetzung der neuen EU-Bilanzrichtlinie eine umfassende Modernisierung der Rechnungslegungsvorschriften im Unternehmensgesetzbuch (UGB) bezwecken sollte. Die neuen Bestimmungen sind für Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2015 beginnen, also insbesondere für die Bilanzierung zum 31.12.2016, anzuwenden und aufgrund des Maßgeblichkeitsprinzips (zum Teil) auch für die Ertragsbesteuerung relevant.

Eine Auswahl der bedeutendsten Änderungen für den Einzelabschluss wird nachstehend überblicksmäßig dargestellt:

  • Rechnungslegungspflicht: Die bestehenden Größenklassen wurden betragsmäßig leicht adaptiert. Ergänzend wurde eine neue Klasse der Kleinstkapitalgesellschaften eingeführt. Für diese Mikrogesellschaften wurden Erleichterungen eingeführt, welche insbesondere den Wegfall der Verpflichtung zur Erstellung eines Anhangs zum Jahresabschluss umfassen.
  • Zuschreibungspflicht: Das bisher bestehende Wahlrecht für Zuschreibungen infolge Wertaufholung nach einer außerplanmäßigen Abschreibung entfällt. Zur Vermeidung einer allenfalls hohen sofortigen Nachverssteuerung für in der Vergangenheit unterlassene Zuschreibungen kann steuerlich (außerbücherlich) bei Beantragung in der Steuererklärung eine Zuschreibungs-rücklage gebildet werden. Dies gilt allerdings nicht für schon bisher zuschreibungspflichtige Wertaufholungen von Beteiligungen.
  • Herstellungskosten: Der Begriff der unternehmensrechtlichen Herstellungskosten wird an das Steuerrecht angepasst. Die Bilanzierung erfolgt nunmehr auf Basis von Vollkosten, da für angemessene Teile der Gemeinkosten nunmehr eine Aktivierungspflicht besteht.
  • Abschaffung unversteuerter Rücklagen: Es hat nunmehr eine Einstellung in die Gewinnrücklagen (nach Abzug latenter Steuern) zu erfolgen.
  • Latente Steuern: Der Ansatz aktiver latenter Steuern ist nunmehr verpflichtend.
  • Firmenwert: Das UGB sieht nunmehr für derivativ erworbene Firmenwerte eine zwingende Abschreibungsdauer von 10 Jahren vor, wenn die Nutzungsdauer des nicht verlässlich geschätzt werden kann. Eine Harmonisierung mit dem Steuerrecht erfolgte nicht. Steuerlich ist der Firmenwert unverändert über 15 Jahre abzuschreiben.
  • Rückstellungen und Verbindlichkeiten müssen nunmehr mit dem Erfüllungsbetrag angesetzt werden, sodass es aufgrund zu berücksichtigender, absehbarer Erhöhungen (zB Gehaltserhöhungen, Preis- oder Kostensteigerungen) zu einem tendenziell höheren Ausweis kommen wird.

 

Autoren:
Dr. Christof Stapf | Rechtsanwalt
MMag. Lukas Grill | Associate

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