15.07.2016Fachbeitrag

Internationales Gesellschaftsrecht:
Niederlande: Verstöße gegen das Handlungsverbot bei der niederländischen Kommanditgesellschaft

Rechtskommentar:

 

Verstöße gegen das Handlungsverbot bei der niederländischen Kommanditgesellschaft

Bei der niederländischen CV (commanditaire vennootschap) gibt es, ähnlich einer deutschen Kommanditgesellschaft, zwei Arten von Gesellschaftern: Komplementäre und Kommanditisten. Diese unterscheiden sich erheblich in der Haftung: Während der Komplementär voll haftet, haftet der Kommanditist ausschließlich mit seiner Kommanditeinlage. Aufgrund dieser beschränkten Haftung ist es nicht erwünscht, dass sich der Kommanditist intensiv mit den Geschäftsabläufen der CV beschäftigt.

Dies wird als Handlungsverbot bezeichnet. Ein Kommanditist, der im Namen der CV im Außenverhältnis auftritt, verstößt gegen das Handlungsverbot und wird damit voll haftbar, wie der Komplementär. Die Folgen sind also erheblich. Nur lässt sich nicht so einfach feststellen, ob und wann ein Verstoß gegen das Verbot vorliegt. Wie so oft hängt auch dies von den Umständen jedes Einzelfalles ab. Noch weniger hilfreich ist die Tatsache, dass die Gesetze über die CV in Grundsätzen aus dem Jahr 1838 datieren. Bereits seit einigen Jahren bemüht sich die Rechtsprechung um eine klarere Auslegung der Grundzüge rund um die Personengesellschaften. Kürzlich wurde eine richtungweisende Entscheidung zu einem Verstoß gegen das Handlungsverbot verkündet.

Eltern betrieben zusammen mit ihrem Sohn eine Cafeteria, in Form einer CV. Die Eltern sind Kommanditisten, der Sohn ist Komplementär. Die Eltern haben im Namen der CV einen Mietvertrag und einen Mietbeendigungsvertrag (mit)unterzeichnet. Das Unternehmen wird verkauft und der Käufer mach die Eltern anschließend wegen einer bestimmten Vergütung haftbar. Der Käufer vertritt den Standpunkt, dass die Eltern gesamtschuldnerisch haften, weil sie durch das Unterzeichnen der Verträge mit dem Vermieter gegen das Handlungsverbot verstoßen hätten.

Landgericht und Gerichtshof handhaben eine strenge Auslegung. Die Eltern hätten durch die Mitunterzeichnung des Mietvertrages zu Unrecht den Anschein erweckt, Komplementäre zu sein. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass dem Vermieter bekannt war, dass sie – nur – Kommanditisten waren.

Die höchstrichterliche Instanz, der Hoge Raad, nuanciert diese Auslegung. Der Hoge Raad erwägt, dass die Sanktionen bei einem Verstoß gegen das Handlungsverbot sehr einschneidend und weitreichend sind. Denn der Kommanditist wird gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft auch dann zum "Vollhafter", wenn die Verpflichtung bereits vor dem Verstoß gegen das Handlungsverbot entstanden ist. Eine derart schwerwiegende Sanktion ist, nach Ansicht des Hoge Raad, nur dann gerechtfertigt, wenn diese mit der Tragweite des Handlungsverbotes übereinstimmt. Ferner darf die Sanktion im Hinblick auf den Verstoß durch den Kommanditisten nicht unverhältnismäßig sein.

Damit schafft der Hoge Raad Raum für eine Beurteilung, dass die Sanktion nicht gerechtfertigt sein kann oder auf bestimmte Verbindlichkeiten der CV beschränkt werden muss. Von Belang kann außerdem sein, ob und wie bei Dritten ein falscher Eindruck über die Eigenschaft des Kommanditisten hat entstehen können. Gleichwohl gilt der Ausgangspunkt, dass ein Kommanditist wissen muss, dass er keine (Geschäftsführungs-)Handlungen verrichten darf.

Grundsätzlich gilt also auch weiterhin, dass im Falle einer Mitunterzeichnung des Kommanditisten gegen das Handlungsverbot verstoßen wird. Sollte im Einzelfall jedoch eine Mitunterzeichnung des Kommanditisten angebracht oder notwendig sein, lässt sich nur empfehlen, die Gegenseite explizit darüber in Kenntnis zu setzen.

Autoren:

Dr. Arjen Westerdijk| Advocaat
Matthijs van Rozen | Notaris

KienhuisHoving, Enschede/Niederlande
www.kienhuishoving.de

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