Priorisierte Maßnahmen für den Mittelstand
Europawahl 2024: Der DMB fragt, die Parteien antworten.
Anlässlich der Europawahl am 9. Juni 2024 hat der DMB den aus Sicht des Mittelstandes relevanten Parteien Fragen zu den Herausforderungen des Mittelstandes gestellt. Die Antworten geben Aufschluss über die geplante europäische Mittelstandspolitik der Parteien.
Europa steht in den nächsten Jahren vor großen ökonomischen, ökologischen und sozialen Herausforderungen. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die das Rückgrat der europäischen Wirtschaft bilden, sind ein zentraler Faktor für den gesellschaftlichen Zusammenhalt, für Wohlstand und Wachstum. Deswegen müssen Maßnahmen zur Unterstützung der Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit von KMU von besonderer politischer Bedeutung sein.
Vor dem Hintergrund begrenzter finanzieller und politischer Ressourcen ist es entscheidend, welche wirtschaftspolitischen Maßnahmen die Parteien priorisieren wollen. Diese Frage zielt darauf ab, die wichtigsten politischen Pläne zu identifizieren, die speziell auf die Bedürfnisse mittelständischer Unternehmen abgestimmt sind.
Welche 3 Maßnahmen wollen Sie unter Berücksichtigung der finanziellen und politischen Gegebenheiten priorisiert umsetzen? [max. 3 Begrifflichkeiten] Begründen Sie bitte kurz, inwiefern diese Maßnahmen für den Mittelstand von Bedeutung sind.
CDU und CSU wollen vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen durch konsequenten Bürokratieabbau entlasten, dem Mittelstand in Europa eine eigene Stimme geben, indem wir den Europäischen Mittelstandsbeauftragten stärken und noch bestehende Hindernisse im grenzüberschreitenden Waren- und Dienstleistungsverkehr abbauen.
Wir halten die klimaneutrale und digitale Transformation für die wichtigste Herausforderung der Zukunft Europas. Wichtig ist hierbei, dass Industrie, Klimaschutz und sozialer Fortschritt zusammengebracht werden können. Dafür benötigen wir einen wirtschafts- und industriepolitischen Aufbruch in Europa: Erstens setzen wir uns für die Weiterentwicklung der europäischen Industriestrategie (Green Deal Industrial Plan) ein. Zweitens wollen wir Investitionen in Zukunftsindustrien und Innovationen fördern. Drittens möchten wir den Binnenmarkt stärken, dazu gehört nicht nur Regulierungen zu verbessern, sondern auch die Förderung von Fachkräften sowie der Schutz vor unfairem Wettbewerb. Der gemeinsame Markt ist Motor für den Wohlstand in Europa und somit auch für den Mittelstand von hoher Bedeutung.
1. Wir wollen eine Infrastrukturunion schaffen – von Solaranlagen und Windparks über Glasfaserleitungen bis zu Krankenhäusern und Bildungseinrichtungen – die Europa enger und nachhaltiger verbindet und Wohlstand, Innovation und Fortschritt fördert – auch und gerade für den EU-Mittelstand.
2. Wir fordern eine strategische EU-Investitionspolitik, die dafür sorgt, dass Europa im internationalen Wettbewerb besteht und zum ersten klimaneutralen Wirtschaftsstandort wird. Wenn wir sozial und ökologisch das Klima schützen, schaffen wir Arbeitsplätze und sicheren Wohlstand. KMUs sollen als Rückgrat der EU-Wirtschaft zu den Hauptprofiteuren dieser Investitionspolitik gehören.
3. Gute Politik baut nicht nur Infrastruktur auf, sondern auch Bürokratie ab: Sie reguliert, wo es dem Allgemeinwohl dient, dreht aber auch unnötige Regulierung zurück, die Investitionen hemmt und den Alltag erschwert. Gerade für KMUs ist dies ein entscheidender Hebel, da sie besonders durch Bürokratie belastet werden.
Der Mittelstand ist das Rückgrat der europäischen Wirtschaft und Antrieb für Wachstum, Innovation und Wohlstand. Mit Blick auf den Mittelstand sind für uns folgende Maßnahmen zentral:
Die EU braucht einen echten Mittelstandskommissar, der sich um faire Wettbewerbsbedingungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie um Bürokratieabbau gemäß der „One in, two out“-Regel kümmert. Er muss sicherstellen, dass auf EU-Ebene keine Regelungen eingeführt werden, die von Mittelständlern nicht umgesetzt werden können, und Vorschläge für die Änderung oder Abschaffung bestehender Regelungen erarbeiten, wenn sie den Mittelstand über Gebühr belasten.
Jedes Gesetzgebungsverfahren soll künftig einen KMU-Test durchlaufen, der die potentiellen Auswirkungen auf kleine und mittlere Unternehmen kritisch durchleuchtet.
Die KMU-Definition auf EU-Ebene wollen wir an die Lebensrealität anpassen. Unternehmen mit mittelgroßer Kapitalisierung („Small Mid Caps“) und größerer Kapitalisierung („Mid Caps“) sollen zukünftig ebenfalls als europäischer Mittelstand definiert werden. Zudem muss die Mitarbeitergrenze von 250 auf 1.250 Mitarbeiter angehoben werden.
a. Steuersenkung zur Abflachung des Mittelstandsbauchs durch Einsparungen an anderer Stelle
b. Preiswerte Energie zurückholen durch Wiederinbetriebnahme der zuletzt abgeschalteten Atomkraftwerke, Nutzung der intakt gebliebenen Nordstream2-Gasleitung, Abschaffung der CO2-Abgabe und Reduzierung der Energiesteuern
c. Modernisierung der Infrastruktur; Glasfaserausbau für Internet und Datenkommunikation
Auch mit einem sehr guten Wahlergebnis wird das BSW (natürlich) die EU-Politik der letzten Jahrzehnte kurzfristig nicht grundlegend ändern können; wir werden aber für unsere Arbeit im Europäischen Parlament (und auch in Deutschland) die folgenden politischen Schwerpunkte setzen:
1) Wir wollen die EU, die 2012 den Friedensnobelpreis bekam, wieder zu einem Friedensprojekt machen und setzen uns daher für eine neue gesamteuropäische Friedens- und Sicherheitsordnung ein. Die dringlichste Aufgabe ist in diesem Zusammenhang, auf eine Beendigung des völkerrechtswidrigen Kriegs Russlands in der Ukraine hinzuwirken. Dies geht aber nicht mit noch mehr Waffenlieferungen, die den Krieg weiter verlängern, und nicht mit Sanktionen, die der EU kurzfristig mehr schaden als Russland. Die Militärhilfen des Westens und die aktuellen Überlegungen einiger EU-Politiker, die Ukraine auch mit Truppen zu unterstützen, bergen eine erhebliche Eskalationsgefahr. Ein politischer Kurswechsel weg von weiterer Eskalation und hin zur Diplomatie ist dringendst nötig. Wir fordern stattdessen von EU und ihren Mitgliedstaaten, dass endlich diplomatische Initiativen zur Beendigung des Kriegs in der Ukraine ergriffen und die politischen Anstrengungen deutlich erhöht werden, um schnellstmöglich einen Waffenstillstand zu erreichen und ernsthafte Verhandlungen für ein Kriegsende und eine künftige Friedensordnung begonnen werden. Damit wären auch die wirtschaftlichen Folgen für die EU durch Krieg und die EU-Sanktionen beendet, gekappte Handelsbeziehungen zu Russland könnten wiederbelebt und durch die Wiederaufnahme von Öl- und Gaslieferungen günstige Energiepreise erreicht werden. Davon würde die deutsche Wirtschaft insgesamt, aber die mittelständischen Unternehmen profitieren.
2) Das BSW wird sich für eine wirksame europäische Klimaschutzpolitik einsetzen, die die Klimaschutzziele durch wirksame – und nicht ideologiegetriebene - Maßnahmen erreicht, ohne die industrielle Basis der EU zu schädigen. Dazu setzen wir uns für Investitionen zur Förderung von Zukunftstechnologien für eine klimaneutrale und naturverträgliche Wirtschaft ein (für Details siehe auch die Fragen 5-7).
3) Wir setzen uns dafür ein, dass der EU-Binnenmarkt fairer ausgestaltet und durch verschärfte Regeln reformiert wird, um Beschäftigte und auch KMU vor der Marktmacht von (transnational agierenden) Großkonzernen zu schützen. Wir setzen uns für verschärfte Kartellregelungen ein, um KMU zu schützen. Außerdem fordern wir möglichst einheitliche Unternehmensbesteuerung, die Steuersenkungswettbewerb zwischen den Mitgliedstaaten verhindert und den Mittelstand vor Steuerdumping schützt. Die Einigung der OECD auf einen Mindeststeuersatz von 15% ist unzureichend und enthält zu viele Schlupflöcher. Dies muss durch eine Initiative von EU-Mitgliedstaaten mit hohen Steuersätzen im Rahmen der Verstärkten Zusammenarbeit korrigiert werden. Durch eine einheitliche Unternehmensbesteuerung auf angemessenem Niveau sowie ein entschiedenes Vorgehen gegen Praktiken der Steuervermeidung besonders durch Superreiche bekommen die Mitgliedstaaten zudem nötige Finanzmittel, um die Transformationsaufgaben stemmen zu können. Zur Sicherung der Beschäftigten fordern wir die Aufnahme einer „sozialen Fortschrittsklausel“ in die EU-Verträge, wie es von Gewerkschaften seit Jahren angemahnt wird.
Dieser Wahlprüfstein ist Teil von insgesamt acht Wahlprüfsteinen zur Europawahl 2024.