16.11.2020Fachbeitrag

Start-up-Nation Israel

Aufgrund der hohen Anzahl an jungen innovativen Unternehmen trägt Israel den Spitznamen "Start-up-Nation".

Was können israelische Start-ups dem deutschen Mittelstand bieten?

Mit über 8.000 aktiven Start-ups und einer Wirtschaft, die von industrieller Hochtechnologie und Unternehmertum geprägt ist, hat sich Israel zweifellos seinen Spitznamen "The Start-up Nation" verdient. Disruptive Innovation in verschiedenen Branchen verändert die globale Unternehmenslandschaft rasch und schafft neue Herausforderungen und Chancen für Unternehmen. Traditionelle Geschäftsmodelle laufen Gefahr, obsolet zu werden, wenn sie sich nicht im gleichen Tempo weiterentwickeln. Israels einzigartiges Ökosystem ist sehr erfolgreich darin, den durch diese ständigen Veränderungen entstandenen Bedürfnissen gerecht zu werden.

Israel gilt als unternehmerisches Powerhouse und Brutstätte für neue Technologien, profitable Geschäftsmöglichkeiten und hohe Investitionsrenditen. Aus diesen Gründen ist es keine Überraschung, dass sich weltweit führende multinationale Unternehmen für Israel entschieden haben: Microsoft, Google, Apple, Intel oder IBM sind nur einige der Namen in einer langen Liste von über 370 multinationalen Unternehmen, die erkannt haben, dass Israel ideale Investitions- und Kooperationsmöglichkeiten bietet. Wie schafft es Israel also, in verschiedenen Bereichen an der Spitze der Technologie zu bleiben? Und was macht es so einzigartig, dass so viele internationale Akteure kommen und hier die nächste Innovation suchen?

Israels einzigartige Gesellschaft und Kultur, die starke Wirtschaft, die Unterstützung durch die Regierung und der „global-first"-Marktansatz sind nur einige der Faktoren, die das israelische Innovations-Ökosystem zu einem der erfolgreichsten der Welt machen. Allein im Jahr 2019 warben israelische Start-ups einen Rekordbetrag von 8,2 Milliarden US-Dollar von Investoren ein. Als globaler Innovationsführer hat Israel bereits auch eine Reihe großer deutscher Unternehmen angezogen. Namhafte Unternehmen wie die Deutsche Telekom, Bosch und SAP haben Zentren in Israel aufgebaut – vor allem in technologieorientierten Branchen wie der Automobilindustrie, der intelligenten Mobilität und der Cyber-Security. Auf der anderen Seite sind es jedoch gerade viele deutsche mittelständische Unternehmen, die sich noch nicht damit befasst haben, dass Israel bei den Themen Innovation und Forschung & Entwicklung (F&E) große Potenziale bieten kann.

 

In welchen Bereichen sind israelische Start-ups führend?

Ob in den Bereichen Automotive, Luft- und Raumfahrt, High-Tech und Halbleiter, Agrartechnik, Cyber-Security, Wassertechnologie, CleanTech oder Finanztechnologie – Israels Ökosystem steht in vielen Sektoren an der Spitze der technologischen Entwicklung. 


Dabei stehen besonders die folgenden Sektoren im Fokus:


Gesundheits- und Biowissenschaften (Health and Life Sciences)

Ende der 1990er Jahre gab es in Israel mehr als 200 Life-Science-Unternehmen. Mit einem stetigen Wachstum in den letzten zehn Jahren mit jährlich etwa 80 neuen Unternehmen hat Israel Kreativität und Innovation in den Bereich eingeführt; heute gibt es über 1.500 aktive Unternehmen. Der größte Sektor sind medizinische Geräte und digitale Gesundheit mit über 70 Prozent der Unternehmen. Israelische Wissenschaftler und Ingenieure haben dabei Weltklasse-Innovationen wie digitale Bildgebung, medizinische Geräte, Telemedizin, Frühdiagnostik, intelligente chirurgische Geräte und vieles mehr entwickelt.


Automotive

Israel ist in jüngster Zeit in der Automobil- und Smart-Mobility-Branche aktiv geworden. Technologieunternehmen wie Mobileye oder Mobilitätsdienstleister wie Waze und Gett haben ihre Wurzeln in Israel und treiben das Wachstum in diesem Sektor in der Region voran. Historisch gesehen lieferten israelische Unternehmen konventionelle mechanische Teile an die Automobilwelt. Doch in jüngster Zeit hat die Digitalisierung der Mobilität neue Kompetenzen erfordert – wie die Objekterkennung und -verfolgung für fortschrittliche Fahrerassistenzsysteme sowie die Projektion des Mobilitätsverhaltens für gemeinsame Fahrdienste.


Industrie 4.0

Israel ist als innovatives Ökosystem zu einem starken Akteur in der Industrie 4.0 geworden. Die israelische Industrie 4.0-Landschaft lässt sich in neun Kategorien unterteilen: Betriebsoptimierung, Cyber-Security, Sensorik und Bildverarbeitung, Inspektion und Prüfung, IoT-Plattformen und Konnektivität, additive (3D-Druck) Fertigung, Lieferkette, Robotik und Wartung. So werden Bereiche wie Produktherstellung, Entwurf und Vermarktung maßgeblich durch israelische Start-ups geprägt, welche die bisherige Herangehensweise in Frage stellen, um neue Innovationen zu entwickeln und zu implementieren.


Cyber-Security

Israel ist seit mehr als 25 Jahren führend in der Entwicklung von IT-Sicherheitstechnologien. Aufgrund einer Vielzahl von Faktoren, wie der hohen Konzentration von Fachkräften und der Unterstützung durch die Regierung, gilt Israel als Vorreiter bei der globalen Entwicklung von Lösungen für die Cyber-Security. Start-ups beschäftigen sich dabei vor allem mit Themen wie Firewall, Betrugserkennung, Prävention und Sicherheitsmanagement sowie Endpunktsicherheit für Unternehmen.

 

Wie kann der deutsche Mittelstand profitieren?

Externe Innovation und Disruption

Für den deutschen Mittelstand und seine Unternehmen ergeben sich gleich mehrere Vorteile in der Zusammenarbeit mit israelischen Start-ups. Zunächst gibt das oftmals kleine aber zugleich kundenorientierte Start-up einen möglichen innovativen Impuls von außen. Dieser ist oftmals erforderlich, um die interne Kultur des bereits etablierten mittelständischen Unternehmens an das digitale Zeitalter anzupassen.

Vor allem neue Technologien und Trends sowie sich verändernde Märkte sollten mittelständische Unternehmen dazu veranlassen, Kooperationen mit Start-ups zu suchen, um nicht langfristig hinter nationale wie multinationale Unternehmen zurückzufallen. Denn diese sind oftmals bereits auf dem israelischen Markt und weiteren Innovationszentren sehr aktiv. So kann eine solche Kooperation mittelständischen Unternehmen neue Chancen eröffnen, um vor allem State of the Art-Technologien zu nutzen, wie beispielsweise im Bereich Cyber-Security. Da interne Innovation oft gebremst wird, kann die Zusammenarbeit mit einem Start-up auch die notwendige Disruption des eigenen Geschäftsmodells erleichtern, die von innen oft nur schwer zu erreichen ist.


Innovationslieferanten

Bei der Zusammenarbeit mit etablierten Technologieanbietern riskieren mittelständische Unternehmen, dass ihnen potenzielle neue Einnahmequellen entgehen: Der Kauf bei einem innovativen Start-up kann einem Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Start-ups können die bestehenden Lösungsanbieter für Firmenkunden übertreffen, weil sie geringere Gemeinkosten haben und sich stärker auf Innovation konzentrieren.


Kundenfokus

Start-ups tendieren dazu, ihre Innovationen näher an den Kundenbedürfnissen auszurichten, da sie nicht so prozessgesteuert sind wie etablierte Unternehmen. Sie können Lösungen leichter anpassen, sodass das Unternehmen seine Kunden besser bedienen kann.


Agilere Unternehmenskultur

Die Arbeit mit israelischen Start-ups kann generell mehr Offenheit für Innovation und Intrapreneurship bringen. In einem sich schnell verändernden Geschäftsumfeld ist es wichtig, aktiv eine Kultur der Offenheit zu fördern, die Innovationen ebenso zulässt wie Fehlschläge auf dem Weg zu neuen Lösungen.


Marktführer bleiben

Die Zusammenarbeit mit Innovatoren ermöglicht es einem Unternehmen, Veränderungen auf dem Markt, die zu Disruption führen können, besser zu verfolgen.

 

Schlüsselfragen, die sich mittelständische Unternehmen stellen sollten, um die vielversprechendsten innovativen Start-ups für eine Zusammenarbeit zu identifizieren:

  • Was sind die Vorteile und der langfristige Wettbewerbsvorteil dieser Zusammenarbeit?
  • Warum ist das Start-up an einer Zusammenarbeit mit dem Unternehmen interessiert?
  • Welches Modell der Zusammenarbeit wird angewendet?
  • Wer sind die internen Stakeholder, die den Prozess vorantreiben?


Zur Beitragsserie: Israel - Chancen für den Mittelstand

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