13.08.2021Fachbeitrag

Ziel #1: Die „Gesichtswahrung“ Aller

Die Beitragsserie „Markteinstieg in Japan“ fasst alles Wissenswerte für wirtschaftliche Aktivitäten in „Nippon“ (jap. für Japan) zusammen.

Denn ist der Ruf einmal ruiniert, hat das in Japan schwerwiegende und auch kostenintensive Folgen für die Person oder das Unternehmen haben.

Oft fällt in unseren Schulungen folgende Bemerkung: „Die japanischen Kollegen scheinen immer noch sehr darauf bedacht, niemanden direkt zu kritisieren oder bloßzustellen. Das wirkt auf uns übertrieben, da es manchmal die genaue Analyse der Probleme behindert und klare Verantwortlichkeiten verschleiert“.

Aus hiesiger Sicht kann diese Tendenz durchaus die Lösungssuche erschweren, zudem der Hintergrund für diese kulturelle Eigenheit nicht einfach zu durchschauen ist. Im Westen und insbesondere in Deutschland wird eine klare Verantwortlichkeit stark betont und jeglicher Versuch einer Schönfärberei eher kritisch gesehen.

 

Das eigene Gesicht als soziale Identität

Sehen wir uns ein Beispiel an, an dem man ermessen kann, wie ernst in Japan das „Face“ genommen wird.

In Japan sind alle Arten von Drogen mit Ausnahme von Alkohol streng verboten. Auch der Besitz oder auch nur Nachweis von kleinsten Mengen wird drakonisch bestraft.

Im Februar 2019 wurde beispielsweise ein bekannter japanischer Sprecher und Schauspieler, der u.a. bei dem Disney-Film Frozen mitwirkte, wegen Kokainkonsums verhaftet. Es wurden zwar keine Drogen gefunden, aber ein Bluttest war positiv.

Als Konsequenz zog Disney sofort alle BluRay- und DVD Kopien des Films aus dem Verkehr und auch das Streaming des Films war vorerst nicht mehr möglich, bis ein anderer Sprecher den Part neu eingesprochen hat. Das gleiche gilt für andere Projekte, in denen er mitarbeitete.

Obschon auch im Deutschen und Englischen genügend Ausdrücke für Scham und Peinlichkeit vorhanden sind, kann man die Begriffe nicht einfach übertragen. Wenn man hier sagt „das war wirklich peinlich“ oder „da habe ich mich voll blamiert“, ist das zwar kurzfristig unangenehm, zieht aber normalerweise keine weiteren Folgen nach sich.

In Japan ist das Konzept des „Gesichts“ viel weitreichender, da das eigene „Face“ (auf japanisch „Kao“ oder auch „Menboku“) die soziale Identität darstellt, ohne die man nicht vor andere Leute treten kann. Ist diese Identität beschädigt, stellt das ein sehr großes Problem dar, unabhängig davon, ob man selbst für dafür verantwortlich ist.

Der Grund liegt darin, dass jede Assoziation mit diesem Schauspieler, der durch den Drogengenuss als Persona non grata wahrgenommen wird, als extrem negativ für den eigenen guten Ruf gilt. Auch hohe Umsatzeinbußen sind daher zu akzeptieren, bis die Situation durch vollkommene Loslösung vom Skandal geklärt ist.

Es geht also stets darum, wie einen die eigene Gruppe, der Kunde oder die Gesellschaft als Ganzes sieht. Das heißt, wer als Person oder auch als Firma aus eigenem Verschulden oder auch durch Handlungen Dritter gegenüber den festen Regeln verstößt, muss sehr ernsthafte Konsequenzen fürchten.

 

Tipps im Umgang mit Japanern

Wenn Sie also mit Japan zusammenarbeiten, sind diese Tipps hilfreich:

• Nur weil etwas hierzulande kein tiefgreifendes Problem ist, kann es in Japan durchaus als gravierend wahrgenommen werden. Also immer im Zweifel enge Rücksprache halten!

• Achten Sie peinlich (!) genau darauf, nicht aus Versehen das japanische Gegenüber / die Gruppe / den Kunden zu beschämen.

• Wenn beim Auftreten von Streitigkeiten eher von „Miscommunication“ gesprochen wird, ist das keine Schönfärberei, sondern der Versuch, das Gesicht aller Beteiligten zu wahren.

• Versuchen Sie im Idealfall eine Lösung zu finden, die zwar die Probleme adressiert, aber die einzelnen Beteiligten nicht beschädigt.

 

Teil XII der Beitragsserie Markteinstieg in Japan

Mehr zu diesen Themen