19.12.2019Interview

"Bodenständigkeit wird sehr geschätzt."

Alex Ooms vom Familienunternehmen Otolift berichtet vom Handel mit deutschen Firmen und den Besonderheiten des niederländischen Markts.

Die Niederlande und Deutschland sind wirtschaftlich eng miteinander verwoben. Ein niederländisches Unternehmen, das auch in Deutschland einen breiten Kundenstamm aufgebaut hat, ist Otolift. Das Familienunternehmen wurde vor mehr als 100 Jahren in den Niederlanden gegründet. In den 60er Jahren hat es sich auf die Entwicklung und Herstellung von Treppenliften spezialisiert und ist damit in den Niederlanden unangefochtener Marktführer – seit 2016 mit einem ganz besonderen Ehrentitel. Der DMB hat mit dem Geschäftsführer Alex Ooms über die Besonderheiten des niederländischen Markts gesprochen. 


DMB: Herr Ooms, können Sie bitte das Unternehmen Otolift kurz vorstellen? Wo ist der Sitz des Unternehmens und was stellen Sie her?

Alex Ooms: Otolift ist ein 1891 gegründetes Familienunternehmen, das seit über 40 Jahren Treppenlifte fertigt. Seit vielen Jahren ist Otolift damit Marktführer in den Niederlanden. Im Gegensatz zu unseren Wettbewerbern kann Otolift als Familienunternehmen seinen Kunden immer das gewisse Extra bieten. Unsere Treppenlifte werden in zwei Produktionsstätten hergestellt. Der Hauptsitz ist in Bergambacht in den Niederlanden, eine weitere Produktionsstätte liegt in Palarikovo in der Slowakei.

Sie stehen häufig in Kontakt mit deutschen Unternehmen und Endverbrauchern. Welche Unterschiede können Sie im Kontakt mit deutschen und niederländischen Geschäftspartnern beobachten?

Wir haben einen engagierten Vertriebspartner für den deutschen Markt. Der größte Unterschied besteht meines Erachtens darin, dass deutsche Geschäftspartner etwas „strenger“ oder „ernsthafter“ wirken, die Niederländer dafür direkter sind.

Welchen Ratschlag würden Sie einem kleinen deutschen Unternehmen geben, um auf dem niederländischen Markt erfolgreich zu sein? Welche Besonderheiten sollten beachtet werden?

Bodenständigkeit wird in Holland sehr geschätzt. Und wir gehen sehr schnell und direkt zum Duzen über. Mein Ratschlag: Halten Sie ein, was Sie versprechen und liefern Sie höchstmögliche Qualität – das steht über allem. Abhängig davon, welchen Markt Sie ansprechen möchten, ist es heute fast unerlässlich in der Top 5 der Google–Suchergebnisse zu sein, um B2C-Kunden zu erreichen.

Der Binnenmarkt der Europäischen Union wächst immer enger zusammen: Wie hat sich diese Entwicklung auf das Unternehmen Otolift ausgewirkt?

Der europäische Binnenmarkt ist für uns sehr positiv. Er erleichtert Otolift die grenzüberschreitende Geschäftstätigkeit und die schnelle Auslieferung unserer Produkte an Verbraucher in ganz Europa. 

Sind Sie mit dem Grad an zusätzlicher europäischer Bürokratie zufrieden oder bremst Sie da etwas?

Wir sind, wie eben erwähnt, grundsätzlich glücklich mit dem Binnenmarkt. Wir sehen die positiven Aspekte – etwa die schnellere Auslieferung unserer Produkte – und nicht die Bürokratie. Das ist auch eine Einstellungsfrage: Es ist wichtig, dass man als Unternehmen die Kontrolle übernimmt und die Dinge selbst regelt. Das ist besser als darauf zu warten, dass eine Regierung die Probleme irgendwann löst.

Sehen Sie gesetzlichen Verbesserungsbedarf in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit mit anderen europäischen Firmen?

In unserem Fall hängt viel davon ab, wie der Brexit genau ausgestaltet wird. Das vereinigte Königreich ist ein wichtiger Markt für Otolift.  

Otolift hat das Prädikat „Koninklijk“ (deutsch: Königlich) verliehen bekommen: Wann erhält ein Unternehmen in den Niederlanden diesen Ehrentitel?

Der König der Niederlande kann einem Unternehmen, einer Vereinigung oder einer Institution das Recht einräumen, die Bezeichnung „Koninklijk“ zu verwenden. Dafür muss eine Organisation beziehungsweise ein Unternehmen aber zunächst mehrere Kriterien erfüllen: Erstens muss ein Unternehmen einen sehr wichtige Bedeutung in seinem Marktsegment oder seiner Branche haben. Zweitens muss das Unternehmen und seine Produkte von nationaler Bedeutung sein. Drittens ist eine lange Firmenhistorie von mindestens 100 Jahren eine Voraussetzung. Letztlich muss sich die Organisation oder das Unternehmen stets vorbildlich verhalten und es muss finanziell solide aufgestellt sein. Wir hören es immer wieder von unsere Kunden, dass die Menschen sehr stolz sind, einen Lift von einem Unternehmen mit königlichem Status zu kaufen.


Vielen Dank für das Gespräch, Herr Ooms!

 

Teil VII der Beitragsserie "Markteinstieg in den Niederlanden"

 

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