10.06.2016Nachricht

Ein handschriftliches Testament kann den Erbschein überflüssig machen

Der Fall
Die 2013 verstorbene Erblasserin errichtete gemeinsam mit ihrem 2001 verstorbenen Mann ein handschriftliches Ehegattentestament. Die Erbfolge regelten sie wie folgt:
„Die endunterzeichnenden Ehegatten setzen sich gegenseitig als Erben ein. Nach dem Ableben des letzten von uns geht das zu diesem Zeitpunkt vorhandene Vermögen auf unsere beiden aus unserer ehelichen Verbindung geborenen Kinder … über….. Fordert beim Tode des Erstverstorbenen eines unserer Kinder seinen Pflichtteil, soll es auch beim Tod des Letztversterbenden nur den Pflichtteil erhalten.“
Nach dem Tod des Ehemanns wurde das Testament 2001 das erste Mal eröffnet. Nach dem Tod der Erblasserin eröffnete das zuständige Amtsgericht das Testament 2013 erneut.
Die Erblasserin hatte bei der beklagten Sparkasse mehrere Konten. Die gemeinsamen Kinder verlangten als Erben die Freigabe der von ihrer Mutter bei der Sparkasse unterhaltenen Konten. Sie legten eine beglaubigte Abschrift des Ehegattentestaments und des Eröffnungsprotokoll von 2013 vor. Die Sparkasse lehnte die Freigabe ab und verlangte einen Erbschein. Sie trug vor, dass die Erbenstellung nicht eindeutig nachgewiesen sei. Die Erben erwirkten den geforderten Erbschein, worauf die Konten freigegeben wurden. Nun nahmen die Erben die beklagte Sparkasse auf Erstattung der Kosten für den Erbschein in Anspruch.

Die Entscheidung
Der Erbe ist nicht verpflichtet sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen, sondern hat auch die Möglichkeit diesen Nachweis in anderer Form zu erbringen, so der BGH. Dazu gehört auch das eigenhändige Testament. Die Vorlage einer beglaubigten Ablichtung und des Eröffnungsprotokolls weisen die Erbfolge grundsätzlich nach, außer es bestehen konkrete und begründete Zweifel an der Richtigkeit der durch das eigenhändige Testament belegten Erbfolge. Der BGH gab den Erben Recht und entschied, dass das gemeinschaftliche Testament die Kinder zweifelsfrei als Erben ausweist. Zudem hatte das Testament der Sparkasse schon 2001 beim Tod des Vaters vorgelegen, ohne dass sie damals Einwendungen erhoben hätte. Damit verstieß die Sparkasse gegen die ihr obliegende Leistungstreuepflicht, indem sie zu Unrecht die beglaubigte Abschrift des Testaments und das Eröff-nungsprotokoll nicht hatte gelten lassen und dadurch unnötigerweise Kosten verursachte. Diese muss die Bank nun erstatten.

Tipp des Rechtsexperten
Fachanwalt für Erbrecht und Geschäftsführer der DVEV Jan Bittler empfiehlt bei eigenhändig verfassten Testamenten die Vorgaben des BGH zu beachten: „Ganz ohne juristische Beratung wird ein Testament wohl selten so verfasst werden können, dass es den Eindeutigkeitskriterien genügt. Eine Beratung durch einen Fachanwalt oder eine Fachanwältin für Erbrecht ist deshalb sinnvoll. Die Aussage, nur ein notarielles Testament könne den Erbschein ersetzen, ist nach BGH nicht mehr zutreffend.“

Quelle: DVEV, Pressemitteilung vom 08.06.2016

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