05.02.2025Hintergrund

Nachfolge und Gründen in den Wahlprogrammen der Parteien

Am 23. Februar stimmen die Bürgerinnen und Bürger auch über die Nachfolge- und Gründungspolitik der kommenden Jahre ab.

Die Herausforderungen bei Unternehmensnachfolgen und Gründungen in Deutschland sind größer denn je: Allein bis Ende 2025 stehen 215.000 Unternehmen zur Übergabe bereit, doch die Nachfolge ist oft ungeklärt. Gleichzeitig sinkt die Zahl der Existenzgründungen. Wie reagieren die Parteien auf diese Herausforderungen? Ein Abgleich ihrer Wahlprogramme mit den Forderungen des Mittelstands zeigt, welche Ansätze helfen – und welche nicht.

Die deutsche Wirtschaft steht vor einer doppelten Herausforderung: Einerseits verschärft sich der Engpass bei Unternehmensnachfolgen, da immer mehr Unternehmerinnen und Unternehmer altersbedingt aus dem Berufsleben ausscheiden. Andererseits sinkt laut KfW-Gründungsmonitor die Zahl der Deutschen, die eine Gründung planen, kontinuierlich –von 4,5 Prozent der Bevölkerung (18 – bis 64 Jahre) im Jahr 2022 auf 3,6 Prozent im Jahr 2023. Diese Entwicklungen gefährden nicht nur Arbeitsplätze, sondern auch die Innovationskraft und Stabilität des Mittelstands.

Vor diesem Hintergrund haben vereinzelt Parteien in ihren Wahlprogrammen zur Bundestagswahl 2025 unterschiedliche Maßnahmen angekündigt, um Nachfolgen zu erleichtern und Gründungen zu fördern. Doch wie gut passen diese Vorschläge zu den Bedürfnissen des Mittelstands? Ein Vergleich mit der Zukunftsagenda 2030 des Deutschen Mittelstands-Bundes (DMB) zeigt, welche politischen Ansätze wirklich zukunftsfähig sind – und wo Nachbesserungsbedarf besteht.

    CDU/CSU

    Unternehmensnachfolge

    • Erbschaftsteuer und Unternehmensübergabe: Die CDU/CSU plant, Familienunternehmen bei der Nachfolge zu entlasten, indem sie sicherstellt, dass Unternehmen in der Erbfolge nicht in ihrer Substanz belastet werden. Ziel ist es, die Nachfolgeregelungen zu vereinfachen und die Weiterführung von Betrieben zu gewährleisten.
    • Planungssicherheit: Junge Unternehmerinnen und Unternehmer sollen durch bessere Förderungen und Finanzierungsmöglichkeiten unterstützt werden, um den Generationswechsel in Unternehmen zu erleichtern.

     

    Unternehmensgründung

    • Gründerschutzzone: In der Startphase sollen Gründer weitgehend von bürokratischen Vorschriften befreit werden, um den Einstieg in die Selbstständigkeit zu erleichtern.
    • Vereinfachte Verwaltungsprozesse: Für Gründungen, Betriebsummeldungen und -aufgaben soll eine zentrale Anlaufstelle geschaffen werden, um bürokratische Hürden abzubauen.
    • Finanzierung: Die Partei will die Gründungsfinanzierung ausbauen und steuerliche Bedingungen für Wagniskapital verbessern. Der bestehende Zukunftsfonds soll erweitert werden, um innovative Unternehmen in ihrer Wachstumsphase besser zu unterstützen.
    • Förderung von Ausgründungen: Hochschulen und Forschungseinrichtungen sollen stärker in die Gründung von Startups eingebunden werden. Musterverträge für Ausgründungen und Kooperationen mit Startups sollen Prozesse beschleunigen.
    • Frauenförderung: Besondere Anreize sollen geschaffen werden, um mehr Frauen für innovative Unternehmensgründungen zu gewinnen.

    Mehr zu den Plänen der CDU/CSU bei steuerlichen Entlastungen und Schuldenpolitik erfahren Sie hier!

    Quelle: Wahlprogramm CDU/CSU

     

    SPD

    Unternehmensnachfolge

    • Neue Rechtsform für Nachfolgen: Die Einführung einer „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“ soll die treuhänderische Nachfolge im Mittelstand erleichtern. Dies ist besonders für Nachfolgen innerhalb der Belegschaft relevant.
    • Reform des Erbschaftssteuerrechts: Große Unternehmensvermögen sollen nicht mehr übermäßig privilegiert werden. Eine effektive Mindestbesteuerung für große Betriebsvermögen wird eingeführt, um gerechte Bedingungen bei der Unternehmensübertragung zu schaffen.

     

    Unternehmensgründungen

    • Förderung von Innovationen und Start-ups: Die SPD plant, den Erfindergeist in Deutschland zu fördern, indem sie die Entwicklung neuer Technologien wie Künstlicher Intelligenz (KI) und Quantentechnologie unterstützt. Gründungszentren und regionale Innovationscluster sollen ausgebaut werden, um Start-ups zu fördern.

    Mehr zu den Plänen der SPD bei der Förderung von Investitionen und Schuldenpolitik erfahren Sie hier!

    Quelle: Wahlprogramm SPD

     

    Bündnis 90/Die Grünen

    Unternehmensnachfolge

    • Rechtsform für gebundenes Vermögen: Einführung einer neuen Rechtsform, die Familienunternehmen und Start-ups zusätzliche Nachfolgeoptionen bietet.
    • Förderung gemeinwohlorientierter Unternehmen: Gleichstellung solcher Unternehmen mit anderen Gründern bei Förderprogrammen.
    • Nachfolge im Handwerk: Unterstützung bei der Nachfolgeplanung in Handwerksbetrieben durch Bürokratieabbau, um deren Fortbestand zu sichern.

     

    Unternehmensgründungen

    • Bürokratieabbau: Gezielte Maßnahmen zur Vereinfachung von Gründungsprozessen, wie die Einführung von One-Stop-Shops, um Gründer*innen Beratung und Unterstützung aus einer Hand zu bieten.
    • Förderung von Start-ups: Besondere Unterstützung für nachhaltige Start-ups und Gründerinnen, etwa durch verbesserte Finanzierungsangebote und steuerliche Erleichterungen.
    • Ausgründungen aus Hochschulen: Erleichterung von Ausgründungen durch die Ausweitung der EXIST-Hochschulförderung und Stärkung des Transferauftrags für Hochschulen.

    Mehr zu den Plänen der GRÜNEN bei der Förderung von Investitionen und Schuldenpolitik erfahren Sie hier!

    Quelle: Wahlprogramm BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

     

    FDP

    Unternehmensnachfolge

    • Erbschaft- und Schenkungsteuer: Die FDP fordert, dass die Freibeträge für diese Steuern automatisch an die Inflationsrate angepasst werden, um die Steuerlast konstant zu halten. Ziel ist es, die Existenz von Unternehmen bei der Nachfolge nicht zu gefährden.
    • Bürokratieabbau: Um den Übergang von Unternehmen zu erleichtern, setzt die FDP auf eine Reduzierung bürokratischer Hürden, insbesondere durch vereinfachte Verfahren und die Nutzung von Genehmigungsfiktionen.
    • Steuerliche Entlastungen: Die Partei möchte Doppelbesteuerungen vermeiden und fordert eine gleichberechtigte steuerliche Behandlung von Eigenkapital und Fremdkapital, um Investitionen in Unternehmen zu fördern.

    Unternehmensgründung

    • Stärkung von Start-ups und Scale-ups:
      • Die FDP will steuerliche Hemmnisse für private Investoren beseitigen und den Venture-Capital-Markt stärken. Dazu gehören steuerliche Anreize für Investitionen in Wachstumsunternehmen.
      • Sie fordert eine bessere Unterstützung von Gründerinnen durch gezielte Förderprogramme und einen leichteren Zugang zu Venture-Capital-Fonds.
    • Bürokratieabbau: Die Partei plant ein dreijähriges Moratorium für neue Regularien, um Start-ups mehr Flexibilität zu geben. Zudem sollen Berichtspflichten reduziert werden.

    Mehr zu den Plänen der FDP bei steuerlichen Entlastungen und Schuldenpolitik erfahren Sie hier!

    Quelle: Wahlprogramm FDP

     

    AfD

    Unternehmensnachfolge

    • Abschaffung der Erbschaftsteuer: Die AfD plant, die Erbschaftsteuer abzuschaffen, da sie als Substanzsteuer betrachtet wird, die Unternehmen bei der Übergabe an die nächste Generation belastet. Dies soll verhindern, dass Unternehmen aufgrund von Steuerzahlungen verkauft oder geschlossen werden müssen.

    Mehr zu wirtschaftspolitischen Plänen der AfD finden Sie hier!

    Quelle: Wahlprogramm AfD

     

    Die Linke

    Unternehmensnachfolge

    • Höhere Steuersätze für große Erbschaften: Die Partei möchte die Steuersätze für Erbschaften und Schenkungen bei sehr großen Vermögen (ab 3 Millionen Euro) auf bis zu 60 % erhöhen. Der Eingangssteuersatz soll bei 6 % liegen.
    • Einheitliche Freibeträge: Ein Freibetrag von 200.000 Euro soll für alle gelten, unabhängig vom Verwandtschaftsverhältnis. Zusätzlich soll eine Person freier Wahl mit bis zu 200.000 Euro steuerfrei begünstigt werden können.
    • Selbstgenutztes Wohneigentum: Eine selbstgenutzte Immobilie mit bis zu 200 Quadratmetern soll von der Erbschaftssteuer befreit bleiben.
    • Flexibilität bei der Steuerzahlung: Die Begleichung der Erbschaftssteuer kann über einen Zeitraum von 20 Jahren gestreckt werden oder in Form von öffentlichen Unternehmensanteilen erfolgen.
    • Abschaffung von Steuervergünstigungen: Schlupflöcher bei der Erbschaftssteuer sollen geschlossen werden, insbesondere die Verschonungsbedarfsprüfung und Vergünstigungen für Unternehmensvermögen oder große Wohnungsbestände.

    Mehr zu wirtschaftspolitischen Plänen von DIE LINKE finden Sie hier!

    Quelle: Wahlprogramm DIE LINKE

     

    BSW

    Unternehmensnachfolgen

    • Unternehmen sollen durch die neue Rechtsform Gesellschaft mit gebundenem Vermögen (GmbH-gebV) eine neue Möglichkeit erhalten, den Fortbestand von Betrieben zu sichern.

    Unternehmensgründungen

    • Einrichtung eines staatlichen Industriefonds zur langfristigen Unterstützung von Start-ups mit „geduldigem“ Kapital, das keine schnellen Renditen erwartet.

     

    Mehr zu wirtschaftspolitischen Plänen von BSW finden Sie hier!

    Quelle: Wahlprogramm BSW

     

    VOLT

    Unternehmensnachfolge

    Das Programm enthält keine spezifischen Maßnahmen zur direkten Förderung der Unternehmensnachfolge, jedoch könnten allgemeine Erleichterungen bei Bürokratie und Steuerbelastung auch Nachfolgeregelungen zugutekommen.

     

    Unternehmensgründungen und Start-ups

    • Förderung von Gründungen: Volt plant, Gründungsstipendien auf Landesebene auszubauen und die Umsatzsteuer-Befreiungsgrenze für junge Unternehmen anzuheben.
    • Zugang zu Wagniskapital: Steuerliche Anreize sollen institutionellen Investoren erleichtern, in Start-ups zu investieren.
    • Stärkung von Inkubatoren und Netzwerken: Gründungsnetzwerke und Inkubatoren sollen gezielt gefördert werden.
    • Soziales Unternehmertum: Volt will soziale Unternehmensgründungen (z. B. Social Start-ups) fördern und eine neue Rechtsform für Unternehmen mit gebundenem Vermögen einführen.

    Mehr zu wirtschaftspolitischen Plänen von VOLT finden Sie hier!

    Quelle: Wahlprogramm VOLT

     

    Persönliche Einschätzung

    Die Positionen der Parteien zur Unternehmensnachfolge und Gründungsförderung im Vorfeld der Bundestagswahl 2025 offenbaren klare Unterschiede, die insbesondere für den Mittelstand bei der Erbschafststeuer von großer Relevanz sind. Ein Abgleich mit der Zukunftsagenda 2030 des Deutschen Mittelstands-Bundes (DMB) verdeutlicht, welche politischen Ansätze den Mittelstand stärken könnten und welche eher kontraproduktiv wirken.

    Unternehmensnachfolge
    Die CDU/CSU und FDP setzen auf eine Entlastung bei der Erbschaftsteuer. Jedoch wird nur die FDP konkret und fordert eine automatische Anpassung der Freibeträge bei Erbschaft- und Schenkungsteuer an die Inflation, um die Substanz von Unternehmen bei Übergaben zu schützen. Die CDU/CSU sagt darüber hinaus, Nachfolgeregelungen vereinfachen und Planungssicherheit schaffen zu wollen. Diese Maßnahmen entsprechen den Forderungen des DMB nach steuerlichen Anreizen und einer Vereinfachung der Übergabeprozesse. Die AfD geht noch weiter und fordert die komplette Abschaffung der Erbschaftsteuer, was jedoch fiskalpolitisch umstritten ist.

    Im Gegensatz dazu planen SPD, Grüne, Linke und BSW Reformen, die große Betriebsvermögen stärker besteuern könnten. Die Linke verfolgt eine Politik mit deutlich höheren Steuersätzen auf große Erbschaften, was aus Sicht des DMB problematisch ist, da es Nachfolgen erschweren könnte. SPD, Grüne, BSW und VOLT schlagen eine neue Rechtsform, die „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“ vor, um treuhänderische Nachfolgen zu erleichtern. Die Grünen setzen sich zusätzlich für Bürokratieabbau im Handwerk ein. Konkreter wird es leider nicht.

    Unternehmensgründungen
    CDU/CSU, FDP und Grüne legen großen Wert auf den Bürokratieabbau. Die CDU/CSU plant eine „Gründerschutzzone“ für bürokratiefreie Startphasen sowie zentrale Anlaufstellen für Verwaltungsprozesse. Die FDP fordert ein dreijähriges Moratorium für neue Regularien, um Gründern mehr Flexibilität zu geben. Diese Ansätze decken sich mit den DMB-Forderungen nach digitalen Plattformen und einem radikalen Bürokratieabbau.

    Die SPD und Grünen fokussieren sich stärker auf gezielte Förderprogramme für Innovationen und nachhaltige Start-ups sowie auf Kooperationen mit Hochschulen. Die Grünen möchten zudem Frauen in der Gründerszene stärker fördern. Solche Maßnahmen könnten langfristig Innovationskraft stärken, sind jedoch weniger umfassend in Bezug auf bürokratische Entlastung.

    Volt bietet ebenfalls interessante Impulse wie den Ausbau von Gründungsstipendien und steuerliche Anreize für Wagniskapitalinvestitionen. Allerdings fehlen konkrete Maßnahmen zur Unternehmensnachfolge.

    Fazit
    Die CDU/CSU und FDP bieten die mittelstandsfreundlichsten Ansätze durch Steuerentlastungen und Bürokratieabbau. SPD und Grüne setzen auf Innovation und Nachhaltigkeit, riskieren jedoch durch höhere Steuerlasten Nachteile für Unternehmensnachfolgen. Die Vorschläge von Linken, BSW und AfD bleiben entweder unzureichend oder kontrovers, während Volt zwar innovative Ideen einbringt, aber in zentralen Punkten wie der Nachfolgeregelung unkonkret bleibt.

    Für den Mittelstand sind einfache Nachfolgeregelungen, steuerliche Anreize sowie ein konsequenter Abbau bürokratischer Hürden essenziell, um Arbeitsplätze zu sichern und Innovationskraft zu fördern. Insgesamt bleiben viele Parteiprogramme hinter diesen Anforderungen zurück. Besonders enttäuschend ist das Angebot der SPD unter den größeren Parteien, da es kaum substanzielle Verbesserungen verspricht.

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