13.05.2013Fachbeitrag

Rechtskommentar:
Der Testamentsvollstrecker als Verhinderer des letzten Willens? - Möglichkeiten zur Absetzung unwilliger oder ungeeigneter Personen

Die Freude von Erben und Vermächtnisnehmern, die sich oftmals plötzlich und unerwartet in einer Anwartschaft auf nennenswerte Zuwendungen eines erst kürzlich verstorbenen Verwandten oder Freundes wiederfinden, wird oftmals ebenso schnell erheblich getrübt. Dann nämlich, wenn diese feststellen, dass der Erblasser dem vermeintlichen "Erbsegen" einen Testamentsvollstrecker vorgeschaltet hat. Dies kann von unterschiedlichen Motivationslagen ausgelöst worden sein. Zum einen, um sicherzustellen, dass der Nachlass relativ zeitnah korrekt im Sinne des Erblassers verteilt wird. Zum anderen kann – noch weitgehender – der letzte Wille des Erblassers darauf gerichtet sein, den Nachlass dauerhaft verwalten zu lassen und diesen erst zu einem oder mehreren späteren Zeitpunkten überhaupt an die Erben/Vermächtnisnehmer zu verteilen.

Was die Begünstigten häufig nicht wissen: Hat der Testamentsvollstrecker sein Amt erst einmal angetreten – und nur dadurch wird die Benennung im Testament oder Erbvertrag wirksam umgesetzt – ist er gegen seinen eigenen Willen nur schwer wieder abzusetzen. Selbst wenn es gelingen sollte, ihm eine vorzeitige Amtsniederlegung durch ein verlockendes finanzielles Angebot schmackhaft zu machen, ist der Abschluss einer solchen Vereinbarung unter verschiedenen Gesichtspunkten problembehaftet.

Zum einen kann die Vereinbarung – je nach Ausgestaltung – von vornherein unwirksam sein (z.B. wenn der Testamentsvollstrecker verpflichtet wird, sein Amt jederzeit auf Verlangen eines Erben niederzulegen). Zum anderen wird dadurch nicht gewährleistet, dass die vom Erblasser angeordnete Testamentsvollstreckung insgesamt ihr Ende findet. Vielmehr ist davon auszugehen, dass dann ein anderer Testamentsvollstrecker vom Nachlassgericht bestellt werden wird, was im Zweifel die Problematik für die betroffenen Erben nicht wesentlich erleichtert.

Ob es dann gelingen wird, diesen Testamentsvollstrecker erfolgreich aus seinem Amt zu drängen, ist an die Erfüllung der hohen Anforderungen des § 2227 BGB geknüpft. § 2227 BGB lautet:

"Das Nachlassgericht kann den Testamentsvollstrecker auf Antrag eines der Beteiligten entlassen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt; ein solcher Grund ist insbesondere grobe Pflichtverletzung oder Unfähigkeit zur ordnungsmäßigen Geschäftsführung."

Wenngleich diese Vorschrift denkbar kurz ist, enthält sie eine erhebliche Hürde. Der darin genannte "wichtige Grund" ist schon deshalb an einen sehr anspruchsvollen Maßstab geknüpft, als die Entlassung des Testamentsvollstreckers keine bloß vorübergehende Maßnahme, sondern eine endgültige Regelung in Bezug auf den betroffenen Testamentsvollstrecker darstellt.

Dementsprechend restriktiv ist die Rechtsprechung bei diesem Thema. So hat das OLG Düsseldorf in einer Entscheidung aus Dezember 2012 die Entlassung eines Testamentsvollstreckers nach sorgfältiger Abwägung einer Vielzahl rechtlicher Argumente gebilligt, selbst in diesem Fall aber sogleich eine gravierende Einschränkung ausgesprochen:

Bedient ein Testamentsvollstrecker demnach eigene Forderungen aus dem Nachlass (hier: angeblich noch offene Honorarforderungen), ohne diese dem Erben gegenüber in einer im Einzelnen nachvollziehbaren, geschweige denn prüffähigen Weise darzutun, so stellt dies aus Sicht des OLG Düsseldorf zwar einen wichtigen Grund für die Entlassung aus dem Amt dar. Allerdings soll dann etwas anderes gelten, soweit jene Verbindlichkeit dem Erblasser bei der Berufung des Testamentsvollstreckers mindestens bekannt war, von ihm ernst genommen wurde und der Erblasser eine "formlose" Bedienung des Testamentsvollstreckers aus dem Nachlass billigte.

Letzten Endes hat das Gericht die Entlassung (lediglich) befürwortet, da der Testamentsvollstrecker nur lückenhaft sein Vorgehen gerechtfertigt hat und daher aus Sicht des OLG Düsseldorf angesichts der Fülle erdrückender Fakten keine überwiegenden Gründe für sein Verbleiben im Amt erkennbar waren. Selbst wenn es aber gelingen sollte, einen einmal ernannten und vom Nachlassgericht bestellten Testamentsvollstrecker aus seinem Amt zu entlassen, ist damit die Frage der Einschaltung eines Testamentsvollstreckers noch nicht automatisch endgültig geklärt.

In einer weiteren Entscheidung des OLG Düsseldorf aus Januar 2012 hat das Gericht ausgesprochen, dass eine Ernennung eines neuen Testamentsvollstreckers bei unklarer Regelung in der letztwilligen Verfügung (hier: Erbvertrag) nicht zu erfolgen hat.

Im Umkehrschluss bedeutet dies jedoch, dass der erkennbare wirkliche, ggf. auch nur der hypothetische Wille des Erblassers, den Nachlass der (dauerhaften) Verwaltung eines Testamentsvollstreckers zu unterwerfen, im Regelfall zu der Konsequenz führen wird, dass die Entlassung eines Testamentsvollstreckers die Frage aufwirft: Wer wird der Nachfolger des entlassenen Testamentsvollstreckers?

Wenn kein Ersatztestamentsvollstrecker benannt ist – und das ist der Regelfall – wird das Nachlassgericht selbst eine Auswahl treffen müssen. Ob der neue Testamentsvollstrecker alle Anforderungen an eine ordnungsgemäße Amtsführung erfüllen kann und wird, ist ungewiss.

Als Lösung kann sich daher anbieten, den Testamentsvollstrecker zu einer Freigabe der Nachlassgegenstände zu "überreden". Mit der Freigabe endet nicht die Testamentsvollstreckung. Vielmehr kann der Testamentsvollstrecker formal seine Position behalten und so die Ernennung eines Ersatztestamentsvollstreckers verhindern. Ist der Testamentsvollstrecker hierzu nicht bereit, kann man ihn eventuell "mürbe machen", indem man die den Erben zustehenden Rechte gegenüber ihm konsequent geltend macht (etwa Verlangen der jährlichen Rechnungslegung).

Daher sollte stets mit einem versierten Berater erörtert werden, welche schneller und sicherer umzusetzenden Schritte den Erben zu einem günstigeren Ausgang des Verfahrens führen können. Hier sind verschiedene Möglichkeiten denkbar, die je nach Verfahrensstand erwogen und umgesetzt werden können.

Die Autoren:

Dr. Joerg Andres ist Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht und Steuerberater (www.andresrecht.de) in Düsseldorf und Beirat der Advocatax Steuerberatungsgesellschaft mbH, Düsseldorf. Er ist spezialisiert auf die Bereiche Erbrecht, Steuerverfahrens-, Steuerstraf- und Gesellschaftsrecht. Zudem ist er langjähriger Dozent und Autor u.a. für Erbschaftsteuer-, Steuerstraf- und -verfahrensrecht. Er ist als Professor für Wirtschafts- und Steuerrecht an der FOM Hochschule für Oekonomie und Management, Standort Düsseldorf, tätig und leitet das dortige Kuratorium. Der Autor ist Verfasser des kompakten Erbenratgebers "Heute schon geerbt? … sogar schon gestern.", der als E-Book im September 2013 erstmals erschienen ist.

Dr. Ulrich Temme ist Notar in Düsseldorf (www.kueperkoch-temme.de). Zuvor war er in einer renommierten internationalen Rechtsanwaltssozietät sowie als Notarassessor am Deutschen Notarinstitut in Würzburg, wo er auch im Referat für Erbrecht tätig war.
 

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