24.11.2021Fachbeitrag

Unternehmensverkauf: Chancen und Herausforderungen

Unternehmensverkäufe können auch in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld gelingen.

„Der Corona-Virus wird nicht mehr verschwinden – die Welt wird sich auf die geänderten Rahmenbedingungen einstellen müssen und sich weiter drehen.“ Eine solche oder ähnliche Erkenntnis beeinflusst die Überlegungen von Unternehmern landauf und landab. Die Effekte der Covid-19 Pandemie betreffen sämtliche Branchen in unterschiedlicher Ausprägung. So erleben z.B. Reise- oder Veranstaltungsunternehmen Umsatzeinbrüche in einem bis dato nie gesehenen Umfang. Aber auch die traditionellen Wachstumsmotoren der deutschen Industrie wie der Automobil-, Maschinen- und Anlagenbau müssen zusammen mit Ihren Zulieferern massive Umsatzrückgänge verkraften. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Wirtschaftsbereiche wie die Lebensmittelproduktion oder den Onlinehandel die stabil sind und Unternehmen im Bereich der Medizintechnik oder der Reinigungschemie denen es sehr gut geht.


So unterschiedlich wie die Branchen und die Unternehmen betroffen sind, so unterschiedlich sind die Chancen und Herausforderungen beim Unternehmensverkauf

Auf der Gewinnerseite sind Unternehmen die von der Covid-19 Pandemie wenig beeinflusst sind oder sogar eine positive Entwicklung zeigen, da sich ihr Geschäftsmodell als „krisensicher“ und tragfähig erwiesen hat. Solche Unternehmen werden von potenziellen Investoren aktuell als sehr attraktiv beurteilt und es werden tendenziell höhere Preise geboten als noch vor einem Jahr. Unterstützt wird dieser Trend dadurch, dass alternative Investitionsoptionen wie z.B. Immobilien, Gold oder Anleihen entweder überteuert sind oder nur minimale oder gar keine Rendite erwarten lassen.

Komplexer ist die Situation bei Unternehmen, die mit sinkenden Umsätzen und Erträgen zu kämpfen haben. Die allgemeine Einschätzung ist die, dass niemand vorhersehen kann, wann sich die wirtschaftliche Lage in Deutschland, Europa und weltweit normalisiert und wann wieder stabile Verhältnisse vorherrschen werden.

Dies führt dazu, dass bei jeder Kaufpreisfindung für ein Unternehmen ein hoher Risikozuschlag eingepreist wird und dass die Erfolge und erwirtschafteten Erträge der Vergangenheit nur noch informativen Charakter haben.

Ein Käufer erwirbt die zukünftigen Ertragspotenziale. Die Erträge der Vergangenheit sind dem Verkäufer zugeflossen. Erwirtschaftet ein Unternehmen aktuell 50 Prozent weniger Ertrag als in der Vergangenheit, ist es aus Sicht eines Käufers, und das ist für Firmeninhaber eine bittere Wahrheit, auch nur noch halb so viel wert wie es vor Corona war, selbst wenn sich sonst nichts am Unternehmen geändert hat.


Was also tun in dieser Situation?

Die schlechteste Variante ist ganz sicher, wie das Kaninchen vor der Schlange in Erstarrung zu verfallen und abzuwarten bis alles von allein wieder gut wird.

Erfolgversprechender sind zwei andere, am Markt zu beobachtende Strategien. Variante 1 ist den Verkauf zu verschieben und die Zeit zu nutzen, das Unternehmen aktiv auf die geänderten Rahmenbedingungen einzustellen. Es gilt also einen Maßnahmenplan zu entwickeln wie z.B. Kosten reduziert werden, während man sich gleichzeitig auf ertragreiche Aktivitäten fokussiert. Gibt es eventuell Marktpotenziale, die man bisher nicht ausreichend verfolgt hat? Welche Maßnahmen sind nötig und möglich um die Liquidität zu sichern und zu erhalten? Bieten Digitalisierungsprojekte kurzfristig die Möglichkeit Arbeitsabläufe zu verschlanken und eine breitere Kundenklientel anzusprechen?

Ein Patentrezept zur Krisenbewältigung gibt es leider nicht. Deshalb empfiehlt es sich für jeden Unternehmer und jede Unternehmerin nicht allein im stillen Kämmerlein Maßnahmen zu konzipieren, sondern Mitarbeiter und sinnvollerweise auch erfahrene externe Spezialisten in die Entscheidungsfindung mit einzubinden.

Möglicherweise macht es auch Sinn, mit Branchenbegleitern, Kunden oder Lieferanten enge Kooperationen, gegenseitige Beteiligungen oder sogar Fusionen zu vereinbaren, um gemeinsam Synergien zu heben und letztendlich gemeinsam und gestärkt die Krise zu meistern.

Sollte die Strategie 1 „Verkauf verschieben und Zeit nutzen“ nicht die präferierte Option sein und ein Verkauf trotz, im Vergleich zu den Vorjahren, aktuell schlechterer Zahlen angestrebt werden, ist ein Verkäufer gut beraten, wenn er sich auf flexible Preismodelle einstellt. Diese bestehen typischerweise aus einem Basispreis, der die aktuellen Erträge zur Grundlage nimmt und einem variablen Kaufpreisergänzungsbetrag der z.B. nach drei Jahren, abhängig von der Entwicklung des Unternehmens bis dahin, berechnet und bezahlt wird (Earn Out). Ein solches Modell kann die Risiken und Chancen der zukünftigen Geschäftsentwicklung bei geschickter Gestaltung der Berechnungsmethode sehr wohl gleichmäßig auf den Schultern des Verkäufers und des Käufers verteilen.

Ergänzt werden solche Modelle häufig dadurch, dass der Verkäufer im ersten Schritt gar nicht 100 Prozent des Unternehmens verkauft, sondern z.B. nur 75 Prozent und im Kaufvertrag bereits verbindlich fixiert wann die restlichen 25 Prozent, auf Basis welcher Rechenmethode, zu welchem Preis übertragen werden können (Call- / Put-Option). Ein solche Gestaltung eröffnet dem Verkäufer die Möglichkeit im Kreis der Gesellschafter eingebunden zu bleiben, über wichtige Entscheidung informiert zu sein und an den zukünftigen Gewinnen beteiligt zu sein.

Ob Strategie 1 oder Strategie 2, die Covid-19 Pandemie verursacht massive Veränderungen und Verwerfungen. Unternehmertum macht aus, sich auf geänderte Rahmenbedingungen einzustellen und zielgerichtet zu agieren. Im aktuellen Umfeld ist es jedoch sehr schwierig abzuschätzen ob, welche Vorgehensweise, wie erfolgreich sein wird, da es so stark geänderte Verhältnisse historisch noch nicht gab. Eine logische Empfehlung an jeden Unternehmer kann deshalb nur lauten mit anderen Unternehmern, Experten und Beratern in Austausch zu gehen und verschiedene Meinungen zu hören um seine Entscheidungen möglichst fundiert treffen zu können. Wie sagte ein kluger Denker: „Lass Dich beraten – es kann nicht schaden!“.

 

Teil IV der Beitragsserie Unternehmensnachfolge in der Krise

 

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