06.12.2021Hintergrund

Bürokratie(abbau) und Mittelstand: Was plant die Ampel?

Beim Thema Bürokratieabbau muss eine Ampel-Regierung mehr als die Vorgängerregierung unternehmen, um die Wirtschaft in und für die Zeit nach der Corona-Krise nachhaltig zu entlasten. Dass viele kleine und mittlere Unternehmen durch bürokratische Vorgaben und Prozesse stark belastet sind, macht eine DMB-Umfrage aus dem Sommer 2021 deutlich: 85 % der Mitglieder sehen die Bürokratie als die größte Herausforderung für den Mittelstand.

Für die neue Bundesregierung gilt es, schnellstmöglich den #Aufbruchsturbo für den Mittelstand zu zünden: ein Sofortprogramm mit einem Dreiklang aus Entlastung, Vereinfachung und Förderung für Unternehmen. Die Erwartungen des Deutschen Mittelstands-Bund an die neue Bundesregierung finden Sie hier

Moderner Staat

Die Wirtschaft soll nach Angaben der Ampel-Koalitionäre künftig „in der Verwaltung einen Verbündeten haben“. Generell hat die selbsternannte Fortschrittskoalition das Ziel eines „modernen Staates“ an die erste Stelle in ihrem Vertrag gestellt. Hierauf sollte sich die Ampel in der Tat konzentrieren und das Großprojekt schleunigst angehen. 

Gut ist, dass Planungs- und Genehmigungsverfahren modernisiert, entbürokratisiert und digitalisiert werden sollen. Alle dafür notwendigen Vorarbeiten und Entscheidungen sollen im ersten Regierungsjahr getroffen werden. Ziel ist, die Verfahrensdauer bei Planungen und Genehmigungen mindestens zu halbieren. Der dringend benötigte Infrastrukturausbau soll mit Tempo vorangebracht werden. Die Verwaltung soll zudem „agiler und digitaler“ werden. Die Ampel steckt die Messlatte hier selbst hoch und muss jetzt schnell liefern.

 

Mittelstand, Handwerk, Freie Berufe und KMU

Insgesamt finden Mittelstand und KMU eher randständig Erwähnung im Koalitionsvertrag. Wirtschaftliches Leitbild der Koalitionäre ist eine „sozial-ökologische Marktwirtschaft“, die „mehr Innovation, mehr Wettbewerbsfähigkeit, mehr Effizienz, gute Arbeit und klimaneutralen Wohlstand“ bringen soll. Dafür brauche es „ein Jahrzehnt der Zukunftsinvestitionen und mehr Tempo“. Was das für den Mittelstand konkret bedeutet, wird allerdings nicht detailliert ausgeführt.

Die Ampel will „zukunftsorientierte Rahmenbedingungen für einen wettbewerbsfähigen Mittelstand“ schaffen, erklärt aber kaum, was genau diese zukunftsorientierten Rahmenbedingungen sein sollen. Förderprogramme und Investitionszuschüsse sollen einfacher werden. Maßnahmen zur Fachkräftesicherung gefördert und der Zugang zur Meisterausbildung erleichtert werden. Insgesamt wäre eine deutlichere Zielnennung für die Mittelstandspolitik wünschenswert gewesen.

 

Bürokratieentlastungsgesetz

Der DMB fordert seit längerem ein viertes Bürokratieentlastungsgesetz, das tatsächlich Unternehmen von unnötiger Bürokratie befreit. Ein solches Gesetz wird explizit im Koalitionsvertrag benannt. Das Gesetz soll „Wirtschaft, Bürgerinnen und Bürger sowie Verwaltung gegenüber dem bisherigen Bürokratieaufwand entlaste[n], ohne auf notwendige Schutzstandards zu verzichten.“

Klingt gut, aber eben noch sehr vage. Trotz bislang fehlender weitergehender Konkretisierung wird ein Bürokratieentlastungsgesetz ein wichtiger Prüfstein für die selbsternannte Fortschrittskoalition.  

 

Bürokratieabbau (One-in-one-out)

Die One-in-one-out Regelung sieht vor, dass jedes Bundesministerium im gleichen Maße Belastungen abbauen muss, wenn neue Regelungen zusätzliche Belastungen für die Wirtschaft erzeugen. Der Bestandteil der „Bürokratiebremse“ funktioniert zwar nachweislich, doch wird bislang die Europäische Regulierung nicht gleichermaßen in dem System erfasst.

Die Ampel hat hier leider keine ambitionierten Ziele im Koalitionsvertrag formuliert. Es heißt lediglich, dass die  ressortübergreifende „One-in-one-out“-Regelung „konsequent“ fortgesetzt werden soll und dass – etwas verklausuliert –  bei der Umsetzung von EU-Recht dafür Sorge getragen wird, „dass sie effektiv, bürokratiearm und im Sinne des einheitlichen Europäischen Binnenmarktes erfolgt“. Hier wäre mehr Konsequenz wünschenswert gewesen.

 

Digitale Verwaltung

Das 2017 verabschiedete Onlinezugangsgesetz (OZG) verpflichtet Bund, Länder und Kommunen alle Verwaltungsleistungen – der Umsetzungskatalog enthält 575 Leistungen – bis Ende 2022 zu digitalisieren. Doch die Umsetzung stockte zuletzt.

Der Ampel-Koalitionsvertrag sieht trotz der eher schleppenden Umsetzung bereits die Weiterentwicklung des OZG vor, welche nach Aussage der Koalitionäre  „mit einer ausreichenden Folgefinanzierung“ einhergeht. Auch in den Kommunen soll das OZG erfolgreich umgesetzt werden, der Bund soll dafür die Voraussetzungen schaffen. Wie das funktionieren soll, bedarf weiterer Ausführung.

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