Erschließung neuer Märkte – Die Pandemie macht es (un)möglich?
Der persönliche Kontakt zu Kunden und insbesondere zu Partnern stellt einen wichtigen ersten Schritt bei der Erschließung neuer Märkte dar.
Der persönliche Kontakt zu Kunden und insbesondere zu Partnern stellt einen wichtigen ersten Schritt bei der Erschließung neuer Märkte dar. Welche Möglichkeiten bieten sich den Unternehmen, um erfolgreich Auslandsaktivitäten zu planen, Geschäftskontakte zu knüpfen? Neben den Messen ist die Finanzierung der Auslandsaktivitäten über Fördermittel oder spezielle Außenwirtschaftsfinanzierungen ein wichtiger Bestandteil der Erschließung internationaler Märkte.
Das Produkt ist da, der neue Zielmarkt steht auch fest. Normalerweise hätte der Geschäftsführer des mittelständischen Unternehmens nun seinen Auftritt auf verschiedenen Branchen-Messen geplant, Kontakte geknüpft und erste Geschäftsbeziehungen zu ausländischen Partnern gefestigt. Doch in Pandemie-Zeiten ist alles anders. Wer heute neue Märkte erschließen möchte, muss bereit sein, umzudenken und alternative Wege zu gehen. Und so hat sich der Geschäftsführer nun bei verschiedenen Webinaren und Online-Veranstaltungen registriert. Doch wie sind die Aussichten und was gilt es bei der Planung der Auslandsaktivität sonst zu berücksichtigen?
Absatzchancen deutscher Firmen im Ausland
Der Internationale Währungsfonds sagt für die Weltwirtschaft für das Jahr 2022 ein Wachstum von 4,9 % voraus. Dabei wachsen die USA mit 5,2 %, Indien mit 8,5 %, und die ASEAN Staaten mit 5,8 % besonders stark.[1] Im Jahr 2021 wurden Waren im Wert von über 1.685 Mrd. € aus der BRD exportiert; so viel wie nie zuvor. Auch die Exportquote, der Anteil des Exports am BIP, lag im Jahr 2021 mit 47,3 % auf demselben Niveau wie 2018.[2]
Für die deutsche Wirtschaft ist dies eine hoffnungsvolle Perspektive und viele Unternehmen sind motiviert, sich dem Auslandsgeschäft im Jahr 2022 verstärkt zuzuwenden. Doch wie lassen sich allgemeine Schritte bei der internationalen Geschäftsanbahnung heute planen und was gilt es zu berücksichtigen?
Messen – das zentrale Instrument der Markterschließung
Bereits seit dem Mittelalter stellen Messen das zentrale Instrument der Kontaktanbahnung, des Verkaufs, der Information und der Begegnung dar. Doch während Corona wurden sie vielfach abgesagt und schmerzlich vermisst. Gegenwärtig sind Veranstalter jedoch vorsichtig optimistisch und für 2022 sind wieder einige Messen z.T. in digitaler Form angesetzt.[3] Ein Grund die Optionen genauer zu betrachten ist auch die Förderung von Messen durch das BMWI (AUMA).
Neben der Vermarktung eigener Produkte spielt bei Messeauftritten die Suche nach Partnern für den jeweiligen Auslandsmarkt eine zentrale Rolle. Diese können komplementäre oder vorgelagerte Produkte vertreiben und sind aufgrund des Geschäftsfelds auch auf den Veranstaltungen vertreten. Die Organisation von Messen ist allerdings aufwendig, insbesondere der Personaleinsatz ist hoch. Für KMUs ist für Überseemessen nicht selten mindestens eine Woche Personalbindung zu veranschlagen. Um ein derartiges Investment zu amortisieren, gilt es daher eine angemessene Vor- und Nachbereitung einzuplanen. Häufig ist es sinnvoll erfahrene Berater einzuschalten, um Ziele festzulegen, Kriterien für die Vorauswahl passender Partner zu bestimmen und Ablaufpläne zu strukturieren. Wichtige Fragen an dieser Stelle sind: Was soll der Messeauftritt bezwecken? Welche Produkte können das bestehende Portfolio vervollständigen? Was kann von einem Partner erwartet werden und wo liegen Defizite des eigenen Unternehmens, die sinnvoll ergänzt werden könnten?
Stehen die Ziele fest, kann im Vorfeld allgemeine PR und eine redaktionelle Öffentlichkeitsarbeit in den entsprechenden (Fach-)Medien die Aufmerksamkeit potenzieller Partner generieren und zum Besuch der Messe motivieren. Ist die Messe geplant, kann ein Blick in das Ausstellerverzeichnis hilfreich sein, um sich vorab über Standorte und Geschäftsbereiche der Unternehmen zu informieren.
Bei der Durchführung können Einladungen zu einem Event (beispielsweise mit Bier aus Deutschland), Standbesetzung mit Personal, das der lokalen Sprache mächtig ist und andere Anstrengungen dazu führen, dass die Quantität und vor allem die Qualität der Kontakte erhöht wird.
Finden keine Präsenz-Messen statt, können Workshops oder digitale Formate beispielsweise von Branchenverbänden eine Alternative darstellen. Auch die AHKs können an dieser Stelle Unterstützung leisten, indem sie die Kontaktaufnahme beispielsweise über Mailings ermöglichen.
Strukturiertes Vorgehen
Die Entwicklung von Auslandsmärkten stellt gerade für kleinere Unternehmen eine Investition dar und sollte daher strukturiert und geplant werden. Sowohl die Vorbereitung des Markteintritts als auch die Markterschließung erfordern eine systematische Vorgehensweise wie sie in der folgenden Grafik beispielhaft dargestellt ist.
Finanzierungs- und Fördermittel für Auslandsaktivitäten
Messeteilnahmen und insbesondere Gemeinschaftsstände deutscher Unternehmen werden in vielen Bundesländern über die entsprechenden Außenwirtschaftsagenturen gefördert.
Eine weitere Option zur Erhöhung der Absatzchancen im Ausland kann die Bildung von Konsortien sein, die in einigen Branchen ebenfalls gefördert werden. Im Rahmen der Konsortialförderung der Exportinitiative Energie erhalten Unternehmen beispielsweise Unterstützung bei der Partnersuche, der Projektstrukturierung sowie zusätzliche Marktinformationen.
Sind die Kontakte erst geknüpft und das Auslandsgeschäft geplant, sollte die Finanzierung strukturiert werden, um erfolgreich im Ausland zu agieren.
Im internationalen Vergleich sind deutsche Produkte und Leistungen eher teuer, gleichzeitig liegt das Zinsniveau hierzulande sehr viel niedriger als in den Zielmärkten. Eine Option ist es daher, Käufern vorab attraktive Finanzierungsoptionen anzubieten. Über Lieferantenfinanzierung und Bestellerkredite gewährt der Exporteur dem Importeur einen Kredit zu deutschen Zinskonditionen. Um das Forderungsausfallrisiko abzusichern, stellt der Bund über Euler Hermes günstige Absicherungsinstrumente zur Verfügung.
Bei innovativen Technologien aus Deutschland, beispielsweise im Bereich Erneuerbare Energien, Wärmenutzung oder Abwasseraufbereitung, scheuen lokale Partner oftmals die hohen Anfangsinvestitionen und die Risiken einer unbekannten Technik. Oft werden daher Betreibermodelle angefragt. Dabei bleibt der Lieferant Eigentümer der Anlage und liefert und verkauft das Endprodukt (z.B. Strom und Wärme) an den Kunden. Die hohen Investitionskosten können idealtypisch durch Projektfinanzierung dargestellt werden. Dies stellt sich für kleinere Projekte als schwierig bis unmöglich heraus.
Auch wenn Projektfinanzierung hohe Investitionen verlangt, finden sich aufgrund der gegenwärtigen Lage gerade im Bereich Erneuerbare Energien, Energieeffizienz, Klimaschutz und -anpassung eine Vielzahl an nationalen und internationalen Finanzierungsoptionen zu Vorzugsbedingungen. Neben regulären Krediten gibt es hier die Möglichkeit der Finanzierung über spezielle Fonds oder Anbieter von Crowdinvesting.
Fördermittel stehen Unternehmen zur Verfügung für Schwellen- und Entwicklungsländer, insbesondere, wenn ein entwicklungspolitisches Nutzen, einen Beitrag zu den Social Development Goals der UN oder Klimaeffekte erzielt werden. Weiterhin werden Fördergelder für besonders innovative Produkte oder Pilotprojekte vergeben, die Effizienzsteigerungen oder Verbesserungen von Klimabilanzen erwirken. In diesem Zusammenhang steht Afrika besonders im Fokus der Förderung durch die Bundesregierung. Diese hat seit kurzem Beratungsgutscheine für die Entwicklung des Afrikageschäfts initiiert, die über das BAFA beantragt werden können.
Ausblick
Die Erschließung neuer Märkte ist mit der Pandemie nicht einfacher geworden. Dennoch können Messen und die zunehmenden virtuelle Veranstaltungen Chancen bieten. Zudem unterstützen vielfältige öffentliche Förderinstrumente KMUs bei der Verwirklichung ihrer Auslandsaktivitäten. Für Unternehmen, die bereit sind, auch in die Entwicklung der Auslandsmärkte zu investieren und die mit viel Geduld und Findigkeit sowie geeigneten Beratern die Markterschließung angehen, bieten sich für Produkte „Made in Germany“ vielversprechende Perspektiven.
Dieser Artikel ist Teil von Mittelstand Wissen zum Thema Messen & Internationale Geschäftsanbahnung