20.11.2023Hintergrund

Zwischenbilanz zur Digitalpolitik der Ampel

 

Mit Hinblick auf den Digitalgipfel 2023 der Bundesregierung nimmt der DMB eine Bewertung der bisherigen Fortschritte in der Digitalpolitik vor. Die Pläne der Bundesregierung wirkten 2021 erfolgversprechend und wurden vom DMB fast einheitlich als „mittelstandsfreundlich“ eingeordnet, auch wenn die vorherigen Forderungen des DMB nur in einem gewissen Ausmaß enthalten waren. Somit stellt sich die Frage, in welchem Umfang die Pläne in den vergangenen zwei Jahren umgesetzt wurden und in welchen Digitalisierungsbereichen Nachholbedarf besteht.

Der digitale Wandel ist einer der zentralen Transformationsprozesse und Deutschland hat einen erheblichen Rückstand aufzuholen. Der dazu notwendige Kraftakt verlangt, dass die Versäumnisse der letzten Jahre nachgeholt und wichtige politische Weichenstellungen vorgenommen werden. Der Mittelstand benötigt dazu u.a. eine flächendeckende und belastbare digitale Infrastruktur, eine moderne Verwaltung und passgenaue Förder- und Unterstützungsangebote. 

Der DMB zieht eine Zwischenbilanz der Digitalpolitik der Ampel und stellt fest, dass es wesentlich mehr "Wumms" in der Digitalpolitik braucht!  

Infrastrukturausbau

Der Zwischenstand beim Infrastrukturausbau kann als mittelmäßig eingeordnet werden. Das liegt auch daran, dass sich die Gigabitstrategie noch in der Hauptphase befindet und dessen Umsetzung noch weit von einem Abschluss entfernt ist, wie auch im DMB-Monitoring zur Gigabitstrategie dargelegt wurde. Positiv zu sehen ist, dass die Umsetzung der selbstgesetzten Maßnahmen voranschreitet und das bundesweite „Gigabit-Grundbuch“ aufgebaut wurde. Gespräche zwischen den Verantwortlichen der Bundesländer zu baurechtlichen Vorschriftsanpassungen, Verbesserung des Förderverfahrens und Zentralisierung der Datenbereitstellung wurden durchgeführt und lassen strategische Anstöße für einen weiteren Netzausbau ermöglichen. Doch der wichtigste Faktor ist das Resultat, welches beispielsweise hinsichtlich des Glasfasernetzausbaus bei Haushalten zwar den Zielen entsprechend auf einem guten Weg für die Bereitstellung von Glasfaserzugängen ist, aber davon nur jeder vierte Haushalt diese Anbindung tatsächlich aktiv nutzt.

 

 

Digitaler Staat / Neuordnung der digitalen Kompetenzen

Trotz dessen das kein Digitalministerium notwendig ist, sondern auch die einzelnen Ressorts Digitalisierungsvorhaben umsetzen können und sollen, ist festzustellen, dass diese Praktik bislang nur bedingt erfolgreich ist. Zwar werden immer mehr Maßnahmen auch digital gedacht, aber diese sind nicht vollends ausgereift.

Ergänzend daran sollten Verwaltungsdienstleistungen schon bis Ende 2022 digital abgewickelt werden können, aber auch im November 2023 ist das nur bei 145 von 575 definierten Dienstleistungen gemäß dem „Dashboard Digitale Verwaltung“ bundesweit der Fall. Zumindest ist ein positiver Fortschritt bei der digitalen Verwaltung feststellbar, wenngleich nur ein geringes Tempo vorgelegt wird. Damit letztlich die einzelnen Kommunen das besser umsetzen können, steht der Bund mit den Ländern in der Pflicht, den Kommunen die als effizient befundene Umsetzungen zu vermitteln und diese (auch finanziell) dabei besser zu unterstützen.

 

 

IT-Sicherheit

Im Bereich der Cybersicherheit sind weitere Fortschritte geplant. Das geht jedoch nur bedingt auf Dringen der Bundesregierung zurück, sondern beruht eher auf der Verpflichtung die europäische NIS-2-Richtlinie umzusetzen. Mit dem sich im Entwurf befindlichen NIS-2-Umsetzungsgesetz soll sich die Verpflichtungen und der Umfang der betreffenden kritischen Infrastrukturen ausgebaut werden, kann aber (indirekt) auch zu erhöhten Anforderungen für KMU führen. Mit dem gleichen Gesetz soll in Deutschland die angedachten Änderungen des Meldesystems bei Sicherheitsvorfällen und der geplanten Umstrukturierung des Bundesamtes und ihrer Kompetenzen einhergehen. Das insgesamt eine Verbesserung der Sicherheitslage angestrebt wird, kann positiv bewertet werden. Aber an dieser Stelle ist jedoch zu betonen, dass der Rechtsrahmen verbesserungsfähig ist sowie weitere Maßnahmen und Hilfsangebote für die Stärkung der IT-Sicherheit in KMU erforderlich wären.

 

 

Zugang zu Daten

Die geplante Einführung eines neuen Dateninstituts zur Erhöhung der Datenverfügbarkeit und -standardisierung ist weit vorangeschritten. Nach einem Zwischenbericht mit Empfehlungen der Gründungskommission im vergangenen Jahr ist ein Konzept zum Aufbau des Instituts vorgestellt und die notwendigen Haushaltsmittel freigegeben worden. Damit sollte einer zeitnahen Ausschreibung und Konzeptumsetzung keine weiteren Hindernisse vorliegen.

Der Rechtsanspruch auf Open Data ist zumindest erneut von der Bundesregierung in dem Strategiepapier „Fortschritt durch Datennutzung“ im Jahre 2023 bekräftigt und als gesetzgeberisches Vorhaben betitelt, damit die bestehende Pflicht zur Veröffentlichung bestimmter Behördendaten einklagbar wird. Währenddessen haben immer mehr Kommunen ihre öffentlich zugänglichen Datensätze erweitert. Dennoch sind deren Umfang weiterhin erheblich auszubauen, sodass sich innovative Geschäftsmodelle für Start-ups ergründen können.

 

 

Digital- und Innovationsförderung

Die Digitalisierungsförderung erfährt auf Bundes- sowie Landesebene eine rückläufige Entwicklung. Das zeigt sich u. a. dadurch, dass das bei der Unternehmensdigitalisierung fördernde Programm „Digital Jetzt“ zum Jahresende auslaufen wird und auch nicht adäquat ersetzt werden soll. Weiterhin sind auch bei der Investitionsprämie des geplanten Wachstumschancengesetzes Maßnahmen für die Digitalisierung zu vermissen. Diesen Förderstau hat der DMB zuletzt in seiner Pressemitteilung kritisiert.

 

 

Gesamtbewertung

Die Pläne der Bundesregierung nach den Koalitionsverhandlungen hatten im Mittelstand viel Hoffnung geweckt, dass sich die Digitalpolitik grundlegend wandelt und die digitale Transformation in Deutschland in großen Schritten voranschreitet. Die DMB-Analyse zeigt jedoch, dass die bisherige Bilanz deutlich ernüchternder ausfällt, als der Konzeption zu Beginn zu entnehmen gewesen ist. Zwar lag der Fokus aufgrund der weltpolitischen Entwicklungen der letzten Jahre verständlicherweise auf anderen Politikfeldern, gleichwohl bleibt die digitale Transformation des Mittelstandes ein elementarer Wirtschaftsfaktor für Deutschland.

Positiv kann teilweise die Entwicklung beim Datenzugang eingeordnet werden. Beim Infrastrukturausbau,Digitalen Staat und IT-Sicherheit sind zumindest Fortschritte festzustellen. Aber auf der anderen Seite wurde die Digitalförderung zurückgefahren. Damit ist die Bundesregierung trotz Teilumsetzung einiger Vorhaben insgesamt deutlich hinter den realistisch umsetzbaren Erwartungen geblieben. Falls sie weiterhin „mehr Fortschritt wagen“ will, ist ein nachzuholender „Wumms“ bei der Digitalpolitik unerlässlich.

 

 

 

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