Auszug aus dem Wahlprogramm der FDP zum Thema "Arbeit"

Auszug aus dem

Wahlprogramm der FDP

zum Thema "Arbeit"

Auszüge aus dem Wahlprogramm der FDP zur Bundestagswahl:

Schauen wir nicht länger zu. Programm der Freien Demokraten zur Bundestagswahl 2017.

30.04.2017

Vorankommen durch eigene Leistung

S. 17

Einfachere Regeln für kleine und mittlere Unternehmen

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Einfacheres Sozialversicherungsrecht

Wir Freie Demokraten wollen die Regeln auf dem Gebiet der Sozialversicherungspflichten vereinfachen. Deshalb fordern wir die Rücknahme der Vorfälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge. Denn momentan müssen Arbeitgeber den voraussichtlichen Sozialversicherungsbeitrag für den laufenden Monat schätzen und diesen vor der Fälligkeit der Lohnzahlung abführen. Im Folgemonat müssen die Erklärungen dann entsprechend den tatsächlichen Entgelten korrigiert werden. Das führt dazu, dass faktisch nicht mehr zwölf, sondern 24 Monatsabrechnungen im Jahr erstellt werden müssen. Gerade für junge Unternehmen ist das eine gewaltige Belastung. Wenn die Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge hingegen wieder mit den Lohnzahlungen zusammenfällt, kann die bürokratische Belastung an dieser Stelle halbiert werden.

Die DMB-Einschätzung: Die Zahlung der Sozialversicherungsbeträge in Verbindung mit der Lohnzahlung ist eine einfache Möglichkeit Bürokratie bei Monatsabrechnungen zu verringern.

Flexible Altersvorsorge für moderne Erwerbsbiografien

S. 27-29

Flexibler Übergang in den Ruhestand

Wir Freie Demokraten wollen allen Älteren einen flexiblen Übergang in den Ruhestand ermöglichen. Dazu wollen wir ein politisch festgelegtes Renteneintrittsalter und die Hinzuverdienstgrenzen abschaffen. Ob 63, 67 oder sogar 70 – starre Altersgrenzen für den Renteneintritt werden den verschiedenen Lebensentwürfen längst nicht mehr gerecht. Gerade der flexible Renteneintritt schafft den notwendigen Freiraum für die Vereinbarkeit von Familie und Arbeit. Viele Ältere sind heute länger fit und aktiv. Sie wollen ihre Erfahrungen weitergeben oder sogar nochmal etwas Neues ausprobieren. Andere wiederum können oder wollen im Alter nicht mehr arbeiten. Daher soll künftig die einfache Regel gelten: Ab 60 entscheidet jeder selbst, wann er in Rente geht. Wer früher in Rente geht, bekommt eine geringere, wer später geht, eine entsprechend höhere Rente. Voraussetzung für den früheren Renteneintritt ist nur, dass das Einkommen aus gesetzlicher Rente und sonstiger Altersvorsorge über dem Grundsicherungsniveau liegt – also das Existenzminimum abgesichert ist. In der Folge muss sichergestellt werden, dass die länger arbeitenden Älteren bei der Rentenbesteuerung nicht durch die Erhöhung des zu versteuernden Rentenanteils „bestraft“ werden. Die Grundlagen für die gesetzliche Rente müssen im Osten und Westen unseres Landes gleich sein.

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Wer sich nicht gleich voll zur Ruhe setzen, sondern noch Teilzeit arbeiten möchte, soll es auch einfacher haben als heute. Momentan müssen noch viele Menschen Rentenkürzungen hinnehmen, wenn sie Teilrente und Teilzeitarbeit kombinieren oder nach dem vollen Renteneintritt doch noch einmal wieder arbeiten wollen. Das macht das Arbeiten im Alter für viele unattraktiv. Deshalb wollen wir alle Hinzuverdienstgrenzen neben dem Rentenbezug abschaffen. So kann jeder den Übergang in den Ruhestand so flexibel gestalten, wie er möchte. Und auch die ständigen Diskussionen über die Anhebung des fixen Renteneintrittsalters erübrigen sich. Unabhängig davon setzen wir uns für eine Stärkung der Erwerbsminderungsrenten ein. Die aktuellen Änderungen der Bundesregierung sind keine wirksame Lösung. Denn wer nach Jahren der Beitragszahlung durch einen Schicksalsschlag erwerbsunfähig wird, darf nicht zum Sozialfall werden.

Die DMB-Einschätzung: Ein flexibles Renteneintrittsalter kommt sowohl denjenigen zugute, die lieber früher in Rente gehen wollen oder müssen sowie denen, die lieber länger arbeiten wollen. Außerdem wird es einfacher neben der Rente einer Arbeit nachzugehen. Damit können Fachkräfte im Unternehmen gehalten werden, die sich noch einbringen können und wollen.

Altersvorsorge nach dem Baukastenprinzip

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Betriebliche und private Altersvorsorge müssen daher attraktiver werden. Zum Beispiel durch mehr Verbraucherfreundlichkeit und Vergleichbarkeit der Produkte. Zudem sollte ergänzende Altersvorsorge auf eine breitere Basis gestellt werden. Dazu sollte in allen Bereichen geförderter Altersvorsorge die Möglichkeit ausgeweitet werden, auch in Infrastruktur, Aktien und andere Unternehmensbeteiligungen zu investieren. So könnte die Mitte der Gesellschaft auch stärker an den Chancen von Globalisierung und Digitalisierung teilhaben.

[…]

Betriebliche Altersvorsoge stärken

Wir Freie Demokraten wollen die betriebliche Altersvorsorge stärken. Die Reform der derzeitigen Bundesregierung ist zu kurz gesprungen. Sie beschränkt sich auf Unternehmen, die in einen Tarifvertrag einbezogen sind. Damit wird es vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gerade in kleinen und neu gegründeten Unternehmen weiter erschwert, eine betriebliche Altersvorsorge aufzubauen. Die Vorteile der Reform, etwa die liberalisierten Anlagevorschriften und die Zuschüsse für Arbeitnehmer mit niedrigen Einkommen, sollen auf alle Beschäftigte aller Unternehmen ausgeweitet werden. Die Auszahlung von Vorsorgeverträgen darf in der Kranken- und Pflegeversicherung nicht beitragspflichtig sein, weil dies eine unfaire Doppelbelastung darstellt. Die Bundesregierung hebt die Doppelverbeitragung nur für Riester-geförderte Altersvorsorge auf. Wir wollen eine solche Lösung für alle Konzepte der betrieblichen und privaten Altersvorsorge.

 

Dem Arbeitnehmer soll es ermöglicht werden, dass bei einem Wechsel des Arbeitgebers der neue Arbeitgeber in den bestehenden Vorsorgevertrag gegebenenfalls in neuer Höhe einzuzahlen hat. Angesichts des inzwischen häufigeren Wechsels von Beschäftigungsverhältnissen sollten Wartezeiten auf zwei Jahre beschränkt werden. Betriebe, die dem Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern noch garantierte Direktzusagen geben, sollten für die bestehenden Pensionsverpflichtungen entlastet werden. Dazu wollen wir den Berechnungszeitraum für den handelsrechtlichen Abzinsungssatz von zehn auf zwölf Jahre verlängern und die Bewertung der Pensionsrückstellungen in der Handels- und Steuerbilanz vereinheitlichen. Denn die geltenden Regelungen führen angesichts der niedrigen Zinsen zu hohen Belastungen und einer ungerechten Besteuerung der Unternehmen, was es ihnen erschwert, weiter Direktzusagen zur betrieblichen Altersvorsorge zu geben. Verschärfend kommt hinzu, dass Pensionsrückstellungenen steuerlich nur bis zu der Höhe berücksichtigt werden, wie sie mit einem Marktzins von sechs Prozent zu bilden wären. Somit können Unternehmen einen Teil ihrer handelsrechtlichen Pensionsrückstellungen steuerlich nicht geltend machen. Der Staat bedient sich also auf Kosten der Unternehmen, indem er Scheingewinne besteuert. Um dies künftig zu verhindern, wollen wir die steuer- und handelsrechtliche Bewertung von Pensionsrückstellungen angleichen.

Die DMB-Einschätzung: Durch die Öffnung von Betriebsrenten für nicht tarifgebundene Unternehmen wird es insbesondere kleinen Unternehmen ermöglicht zusätzliche Leistungen für ihre Beschäftigten anzubieten. Außerdem ist es positiv, dass die Übermäßige Belastung bei Pensionsrückstellungen abgeschafft werden soll.

Aktivierender Sozialstaat

S. 30-33

Zweite Chance bei persönlichem und wirtschaftlichem Scheitern

Für uns Freie Demokraten sind der Wille zum Erfolg und der Mut zum Scheitern zwei Seiten einer Medaille. Deshalb wollen wir jedem Menschen eine zweite Chance ermöglichen, wenn er wirtschaftlich oder persönlich gescheitert ist. Ein Scheitern oder das Drohen desselben kann viele Gründe haben: die Entwertung von Qualifikationen im Strukturwandel, unternehmerischer Misserfolg, das Scheitern privater Lebensentwürfe, Krankheit oder längerfristige Arbeitslosigkeit. Wir wollen jeden befähigen, immer wieder einzusteigen. Wer erwerbsfähig ist und die Teilhabe an Arbeit verloren hat, sollte nicht dauerhaft alimentiert werden, sondern Hilfe zu einer erneuten Chance auf Teilhabe erhalten. Dies ist eine zentrale Frage von Fairness. Ziel muss es immer sein, schnellstmöglich wieder den Einstieg in einen Job zu finden. Und wenn es aufgrund der persönlichen Situation sinnvoll ist, die Arbeitslosigkeit als Gelegenheit zur besseren Qualifikation zu nutzen, ist das richtig – und heute mit dem „Arbeitslosengeld Weiterbildung“ auch schon vollständig möglich. Eine Verlängerung der Bezugsdauer von ALG I ist hingegen kontraproduktiv. Denn nur wer den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt geschafft hat, kann auch aufsteigen und vorankommen. Ob Einstieg oder Wiedereinstieg:

Deshalb verteidigen wir einen flexiblen Arbeitsmarkt und die Tarifautonomie und dürfen etwa die Zeitarbeit oder Befristungen nicht weiter einschränken. Flexibilität am Arbeitsmarkt schafft nicht nur Möglichkeiten zum Einstieg, sondern reduziert auch Arbeitsplatzverluste in Krisen. Darüber hinaus setzen wir uns für ein Gesamtkonzept zum Empowerment für Erwachsene ein. Elemente dieses Gesamtkonzepts sind die Möglichkeit zur Um- und Neuqualifizierung, Hilfen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, eine effektive Schuldnerberatung und erforderlichenfalls psychosoziale Betreuung (zum Beispiel bei Suchterkrankungen). Notwendig ist es, künftig einfacher auch Grundfertigkeiten unserer Zeit (IT-Grundlagen, Englisch) fördern zu können und bei abschlussorientierten Umschulungen Bürokratie abzubauen, gerade um nachholende duale Berufsausbildungen zu erleichtern. Zudem sollten hierbei spezielle Regelungen gefunden werden, damit auch Menschen ohne berufliche Qualifikation die finanzielle Chance haben, Helfertätigkeiten hinter sich zu lassen. Darüber hinaus müssen Kitas auch deshalb endlich flexibler und verlässlicher werden, damit gerade Alleinerziehende nicht mehr in so großer Zahl dauerhaft auf die Unterstützung der Solidargemeinschaft angewiesen sind.

Die DMB-Einschätzung: Eine grundsätzliche Flexibilisierung, Qualifizierung und Unterstützung von Arbeitnehmern, ohne Benachteiligung, wenn Lebensentwürfe scheitern oder Schicksalsschläge eintreten ist positiv zu bewerten. Es mangelt jedoch an konkreten Maßnahmen.

Abbau überflüssiger Regulierung in der Zeitarbeit

Wir Freie Demokraten wollen überflüssige Regulierungen bei der Zeitarbeit abbauen. Denn Deutschland braucht auch in Zukunft einen flexiblen Arbeitsmarkt. Die Weltwirtschaft verändert sich schnell. Durch die Digitalisierung nehmen Projektaufträge zu. Darauf müssen Unternehmen flexibel reagieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Zeitarbeit ist hierfür ein wichtiges Instrument. Die Unternehmen können damit Auftragsspitzen abfangen oder kurzfristig spezialisierte Fachkräfte finden. Zugleich profitieren die Beschäftigten von der Zeitarbeit. So erhalten viele Menschen eine Einstiegschance am Arbeitsmarkt. Das zeigen die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit ganz klar: Rund zwei Drittel aller Zeitarbeitnehmerinnen und Zeitarbeitnehmer übten vorher keine Beschäftigung aus. Jeder Vierte hat keinen Berufsabschluss. Für gut Ausgebildete kann die Zeitarbeit in der digitalen Welt zudem neue Wege eröffnen – zwischen Selbstständigkeit und der jahrelangen Arbeit für nur ein Unternehmen. Missbrauch ist in den vergangenen Jahren erfolgreich unterbunden worden: Die Tarifpartner haben bereits Lösungen gefunden, damit der Lohn der Zeitarbeitenden bei längeren Einsätzen an den der Stammbelegschaft angeglichen wird (Equal Pay). Trotzdem hat die Große Koalition hier bürokratisiert. Die unnötigen gesetzlichen Vorschriften zur Überlassungsdauer und Entlohnung führen zu Unsicherheiten und Aufwand. Dies wollen wir ändern.

[…]

Die DMB-Einschätzung: Das Bekenntnis zur Zeitarbeit als Möglichkeit der flexiblen Unternehmensplanung wird positiv bewertet. Auch die Abschaffung von übermäßiger Bürokratie ist mittelstandsfreundlich. Doch es mangelt an Umsetzungsvorschlägen. Die Einschätzung, dass der Missbrauch von Zeitarbeit erfolgreich unterbunden wurde, kann nicht uneingeschränkt bestätigt werden.

Neuanfang bei der Förderung von Langzeitarbeitslosen

Wir Freie Demokraten fordern einen Neuanfang in der Arbeitsförderung für Langzeitarbeitslose. Denn eine große Zahl von Personen ist seit sehr langer Zeit langzeitarbeitslos und wird von den klassischen Mitteln der Arbeitsförderung nicht mehr erreicht. Wir wollen dazu die bereits vorhandenen finanziellen Mittel in der Grundsicherung für Arbeitslose zusammenfassen, um das Prinzip „Training on the Job“ für Langzeiterwerbslose fruchtbar zu machen und statt Arbeitslosigkeit besser sozialversicherungspflichtige Arbeit für die Betroffenen zu unterstützen. Konkret sollen die finanziellen Leistungen von Bund und Kommunen (Arbeitslosengeld II, Kosten der Unterkunft und Heizung, Krankenversicherungsbeitrag) mit einem produktivitätsgerechten Lohn des Arbeitgebers kombiniert werden. Für den bisher Arbeitslosen bedeutet das einen Job und mehr Einkommen als zuvor. Der Arbeitgeber kann auch Arbeitssuchende mit geminderter Produktivität einstellen. Die bisher zur Verfügung stehenden Mittel zur Arbeitsmarktintegration von Lang- zeitarbeitslosen werden weiterhin zur begleitenden Förderung berufsspezifischer Kompetenzen und für Maßnahmen der psychosozialen Betreuung verwendet. Wir wissen, dass dieses Konzept Grenzen hat und eine gezielte und präzise Auswahl der Betroffenen voraussetzt. Die Fehler früherer Modelle von Lohnkostenzuschüssen müssen vermieden werden. Wir sehen diesen Weg aber als Möglichkeit eines Einstiegs auf dem ersten Arbeitsmarkt für diejenigen Arbeitslosen, die weder mit Qualifizierungsmaßnahmen und Fallmanagement noch mit Arbeitsanreizen des Bürgergeldes in den ersten Arbeitsmarkt gebracht werden können.

Die DMB-Einschätzung: Die Möglichkeit, Beschäftigung trotz geringer Produktivität durch staatliche Unterstützung zu realisieren, kommt sowohl den potenziellen Arbeitnehmern als auch den Unternehmen zugute. Der bürokratische Aufwand ist jedoch noch nicht bestimmt.

Gleiche Chancen für alle unabhängig vom Geschlecht

S. 36-37

Beim Vorankommen durch eigene Leistung zählt nur was man kann. Es darf keinen Unterschied machen, woher man kommt oder welches Geschlecht man hat. Es darf keinen Unterschied beim Vorankommen machen, ob man sich für eine Familie entschieden hat oder nicht. Hier bleibt noch viel zu tun. Strengen wir uns mehr an!

Chancengleichheit von Frauen und Männern

Wir Freie Demokraten setzen uns für Chancengleichheit von Frauen und Männern ein. Wir wollen, dass jeder Mann und jede Frau passende Rahmenbedingungen vorfindet, um das eigene Potential voll zu entfalten und das Leben nach eigener Vorstellung zu gestalten. Wir setzen uns dafür ein, dass alle Eltern frei entscheiden können, welches Arbeitsmodell sie wählen. Damit Väter und Mütter Beruf und Familie besser vereinbaren können, wollen wir flexible Angebote zur Kinderbetreuung, auch in Betrieben, fördern. Einseitige Modelle wie die Steuerklasse V wollen wir abschaffen.

Die DMB-Einschätzung: Mittelstandsfreundlich ist das Ziel der Unterstützung von Betreuungsangeboten. Damit wird die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gestärkt, ohne komplexe Personalplanung entstehen zu lassen. Jedoch ist die Umsetzung noch nicht eindeutig geklärt.

Flexibler Arbeitsmarkt für faire Chancen

Wir Freie Demokraten fordern einen flexiblen Arbeitsmarkt, der Männern wie Frauen faire Chancen bietet. Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung zeigt, dass das größte Hindernis für Frauen im Chefsessel Pausen im Arbeitsleben oder phasenweise Teilzeit darstellen. Um diese Hürden zu überwinden, setzen wir uns für flexible Arbeitszeitmodelle und digitale Arbeitsplätze ein. So wird zeit- und ortsunabhängiges Arbeiten möglich, so dass Familie und Job leichter vereinbar sind. Ferner wollen wir Frauen noch stärker ermuntern, klassische Männerbranchen zu erobern, deren Jobs meist besser bezahlt sind als diejenigen, die viele Frauen traditionell ergreifen. So kann die Lohnlücke zwischen den Geschlechtern verkleinert werden. Genauso müssen gesellschaftliche Hemmnisse abgebaut werden, wenn Männer vermeintliche Frauenberufe ergreifen.

Mehr Frauen in Führungsverantwortung

Wir Freie Demokraten wollen mehr Frauen in Führungsverantwortung, sowohl in der Wirtschaft als auch im Öffentlichen Dienst. Frauen sind in der Leitung von Unternehmen und anderen Führungspositionen sehr erfolgreich und gemischte Teams arbeiten produktiver und erfolgreicher. Wir erwarten daher von Unternehmen in Deutschland eine deutliche Verbesserung des Frauenanteils in Führungspositionen und werden uns dafür auch im Öffentlichen Dienst einsetzen. Eine gesetzliche Quote lehnen wir jedoch ab: So werden Frauen zu Platzhaltern degradiert und nicht entsprechend ihrer Leistungen gewürdigt. Wir setzen vielmehr auf Anreize für die Unternehmen, verbindliche Berichtspflichten und transparente Selbstverpflichtungen.

Selbstbestimmung in allen Lebenslagen

S. 43-45

Moderne Arbeitswelt

Selbstbestimmt zu leben, bedeutet auch selbstbestimmt zu arbeiten. Viele Unternehmen und viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind hier längst weiter als der Staat. Viele Regelungen des Industriezeitalters bremsen die Menschen und Unternehmen aus, um selbstbestimmter und flexibler zu arbeiten. Ändern wir das!

Förderung von Langzeitkonten

Wir Freie Demokraten wollen Langzeitkonten für Arbeitszeit fördern, um mehr Souveränität in der beruflichen Lebensgestaltung zu ermöglichen. Sowohl die Arbeitswelt als auch unsere privaten Lebensentwürfe haben sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten gewandelt. Die wenigsten von uns fangen direkt nach der Ausbildung einen Job an, in dem sie bis zum Renteneintritt bleiben. Heute wechseln die meisten nach einigen Jahren den Arbeitsort oder den Arbeitgeber und suchen neue Herausforderungen im Beruf oder auch im Privaten. Damit jeder seinen individuellen Lebensweg beschreiten kann, brauchen wir mehr Freiräume und hierfür flexiblere Instrumente.

Ein entscheidendes Element hierfür kann ein Langzeitkonto sein – zum Beispiel für mehr Luft in der „Rush-Hour“ des Lebens, bei der Vereinbarkeit von Arbeit und Familie, für ein Postgraduiertenstudium oder wenn man mit einem Sabbatical einmal aussetzen will. Ein Langzeitkonto (auch Wertguthaben- oder Zeitwertkonto genannt) funktioniert so: In einer arbeitsintensiven Phase sammeln Arbeitnehmer Überstunden, Boni, Resturlaub und Sonderzahlungen an. Diese werden in ein Wertguthaben auf dem Langzeitkonto umgewandelt. Auch über eine steuerfreie Entgeltumwandlung von Teilen des Gehaltes und Zuschüsse des Arbeitgebers kann man Geld ansparen. All das ist bereits jetzt nach dem Flexi II-Gesetz möglich, allerdings ist die Verbreitung insbesondere in mittelständischen Unternehmen noch sehr gering.

Das Langzeitkonto soll unabhängig vom Arbeitgeber sein, also auch einfacher als heute übertragbar sein. Das Guthaben soll für alle Formen der Freistellungen genutzt werden können, bestehende Einschränkungen etwa in der Kombination mit Elterngeld sollen beseitigt werden. Seitens der Unternehmen brauchen wir Bürokratieabbau und Vereinfachungen in der Durchführung, etwa bei Berichtspflichten und der Entstehung von Urlaubsansprüchen während der Auszeiten. Zudem sollte es mehr Freiheiten bei der Kapitalanlage geben. Damit schaffen wir einen großen Wurf für mehr Zeitsouveränität und Flexibilität und erleichtern die Umsetzung individueller Vorstellungen in der Lebensführung.

Die DMB-Einschätzung: Langzeitkonten ermöglichen Flexibilität bei modernen Arbeitsverhältnissen. Die erhöhte Bürokratie und komplexere Personalplanung kann jedoch insbesondere kleine und mittelständische Unternehmen übermäßig belasten.

Mehr Flexibilität bei der Regulierung von Arbeitszeitmodellen

Wir Freie Demokraten fordern mehr Flexibilität bei der Regulierung von Arbeitszeitmodellen. Die digitale Arbeitswelt eröffnet mehr Spielraum für die moderne Arbeitswelt - also wann und wo gearbeitet werden kann. Gleichzeitig findet ein Umdenken statt: Weg von der Stechuhr, hin zum projektorientierten Arbeiten. Arbeitsformen wie die Vertrauensarbeitszeit stellen die Aufgaben in den Vordergrund, nicht die Stunden, die man am Arbeitsplatz verbringt. Deshalb wollen wir das Arbeitszeitgesetz flexibilisieren und die bisherige Grenze der täglichen Höchstarbeitszeit von acht bzw. zehn Stunden, sowie in den nicht sicherheitsrelevanten Bereichen die elf stündige Ruhezeit aufheben. Stattdessen soll nur die wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden vorgegeben sein, so wie es auch die Europäische Arbeitszeitrichtlinie vorsieht. Gesetzliche Regelungen und faktische Hürden für mobiles Arbeiten, etwa durch veraltete Vorschriften der Arbeitsstättenverordnung, halten wir nicht für sinnvoll. Den Arbeitsschutz für Homeoffice-Arbeitsplätze müssen wir entbürokratisieren. Der öffentliche Dienst als Arbeitgeber sollte an dieser Stelle vorangehen und seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern offensiv Möglichkeiten zum Homeoffice ermöglichen, sofern keine dringenden betrieblichen Belange dagegen stehen. Auch die Vertragsfreiheit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer muss gewahrt bleiben. Projektorientiertes Arbeiten stellt bisherige Regelungen des Arbeitsrechtes in Frage und hochqualifizierte, mobile Menschen wünschen immer häufiger freie Formen der Arbeitsgestaltung. Die Politik muss diesen Trends folgen und darf nicht mit immer mehr einschränkenden Vorgaben in die Vertragsfreiheit zwischen Arbeitgeber und -nehmer eingreifen. Auch alte Regulierungen der Industriegesellschaft passen nicht mehr auf die neue Wirklichkeit und müssen auf ihre Tauglichkeit hin überprüft werden. Für eine zukunftssichere Arbeitswelt müssen diese und ähnliche Verordnungen im Gestern verbleiben.

Die DMB-Einschätzung: Die Digitalisierung ermöglicht es flexiblere Arbeitszeitmodelle umzusetzen, die die Vereinbarkeit von Familie und Beruf vereinfachen. Positiv hervorzuheben sind hierbei die geplante Flexibilisierung und der potenzielle Abbau von Bürokratie in Unternehmen.

Positivkriterien für Selbstständige

Die Vertragsfreiheit zwischen Auftraggeber und -nehmer muss gewahrt bleiben. Um zu verhindern, dass Freelancer wie z.B. im Bereich der IT, dem Ingenieurwesen, der Unternehmensberatung oder bei Honorarärzten als Scheinselbstständige eingeordnet werden, braucht es moderne Positivkriterien. Denn die bisher angewendeten Negativkriterien im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens (§ 7a SGB IV) sind aus der Zeit gefallen und passen nicht mehr auf eine moderne Projektwirtschaft. Das bisherige Verfahren ist langwierig, im Ergebnis unvorhersehbar und bietet damit weder Verfahrens- noch Rechtssicherheit für die Beteiligten. Für Freiberufler und Selbstständige muss durch Positiv-Kriterien Rechtssicherheit geschaffen werden, indem das Vorliegen eines einzelnen oder einer Kombination von mehreren Kriterien eine Selbstständigkeit nachweisbar sicherstellt. In der Gesetzlichen Krankenversicherung wollen wir die Beitragsbemessung für Selbständige an den tatsächlichen Einnahmen orientieren – alles andere ist unfair.

Die DMB-Einschätzung: Positivkriterien können die Einordnung potenziell vereinfachen und Rechtssicherheit erzeugen. Ohne die Kriterien jedoch zu kennen ist lediglich das Ziel als positiv hervorzuheben.

Quelle: FDP, Programm der Freien Demokraten zur Bundestagswahl 2017