Kindertagesstätten, Schulen, Jobcenter, Stadtbüchereien, Jugendzentren und Volkshochschulen – all das sind Orte, die grundlegend für eine chancengerechte Gesellschaft sind. Dort werden Chancen verteilt – oder eben nicht. Deshalb ist die öffentliche Infrastruktur vor Ort so wichtig. Doch ausgerechnet hier hat Deutschland dringend Nachholbedarf. Investitionen fallen seit Jahrzehnten dem Rotstift zum Opfer. Öffentliche Stellen werden gestrichen. Schulen verwahrlosen, Jugendzentren werden geschlossen und Stadtbüchereien zusammengelegt. Diese falsche Schwerpunktsetzung werden wir beenden. Wir werden der allgemeinen Bildung und der Forschung und Entwicklung wieder Vorrang einräumen. Es muss unser Ziel bleiben, mindestens sieben Prozent (statt derzeit circa 4,2 Prozent) der Wirtschaftsleistung in die allgemeine Bildung und mindestens 3,5 Prozent (statt derzeit circa 2,9 Prozent) in Forschung und Entwicklung zu investieren. Wir GRÜNE wollen Länder und Kommunen dabei unterstützen, Kindertagesstätten, Schulen, Berufsschulen und Hochschulen besser zu bauen und auszustatten. Diese Investitionen in die Zukunft zahlen sich aus. Denn sie schaffen für jede und jeden die Chance, von der eigenen Arbeit zu leben und der Gesellschaft etwas zurückgeben zu können. In vielen Ländern wurde unter grüner Beteiligung deshalb so viel Geld in Bildung investiert wie noch nie zuvo.
Für den weiteren Ausbau des Angebots und zur Verbesserung der Qualität soll der Bund mit mindestens drei Milliarden Euro pro eine größere Verantwortung für die frühkindliche Förderung übernehmen. Konkret heißt das: Alle Kinder bekommen einen Anspruch auf einen Ganztagsplatz in einer guten Kita, die mehr als nur eine Betreuungseinrichtung ist und in der Kinder von null bis zur Einschulung ganzheitlich und interkulturell gefördert werden, in dem Erzieher*innen Zeit haben, jedes einzelne Kind zu unterstützen. Als das Land, in dem das international verbreitete Erfolgskonzept des Kindergartens erfunden wurde, wollen wir den ganzheitlichen Gedanken nach vorne stellen und Qualität sichern. Mindeststandards für die Qualität sollen das bundesweit sicherstellen. Für ganzheitliche Bildung, Erziehung und Betreuung soll die Zusammenarbeit mit Eltern in Kindertageseinrichtungen unterstützt werden. Das gut ausgebildete Personal muss deshalb Zeit haben, Kindertageseinrichtungen als Orte für die ganze Familie und vor allem frühkindlicher Bildung zu gestalten. Außerdem wollen wir die Erzieher*innenausbildung neugestalten und attraktiver machen. Grundsätzlich ist unser Ziel die beitragsfreie Bildung von Anfang an – auch in Kitas. Zunächst muss in den Ausbau und in die starke Verbesserung der Qualität investiert werden. Klar ist, dass kein Kind von einer Kita ausgeschlossen sein darf, weil sich die Eltern diese nicht leisten können. Auch für einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule bis zum Ende der vierten Klasse für alle Grundschulkinder streiten wir. Schulen haben in den vergangenen Jahren zahlreiche neue Aufgaben bekommen, die viele Lehrer*innen, Erzieher*innen und andere Pädagog*innen unter teils schwierigen Bedingungen bereits mit großem Engagement übernehmen: Dazu zählen inklusiver Unterricht von Kindern mit und ohne Behinderung, längeres gemeinsames Lernen, digitale und kulturelle Bildung, Willkommensklassen oder auch Schulsozialarbeit. Bildung soll vielfältige Möglichkeiten bieten. Dazu gehört auch, an demokratischen Prozessen teilzuhaben. Wir setzen uns deshalb für die Stärkung von demokratisch organisierten Schulen ein. Schulen, an denen junge Menschen fürs Leben lernen und die auf eine gute Zukunft vorbereiten, müssen selbst Orte der Zukunft sein. Um die Ziele einer nachhaltigen Entwicklung der Vereinten Nationen zu erreichen, ist es erforderlich, entlang der Bildungskette von der Kita bis zur Erwachsenenbildung die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Dies erfordert die Umsetzung der Maßnahmen eines Nationalen Aktionsplans Bildung für nachhaltige Entwicklung.
Der Bund sollte seine neuen Möglichkeiten, finanzschwache Kommunen im Bildungsbereich zu unterstützen, nun rasch nutzen und ein Förderprogramm zur Sanierung von maroden Schulen auflegen, das auch die baulichen Grundlagen für den Auf- und Ausbau von Ganztagsschulen legt und an eine umfassende Beteiligung und ein Konzept für eine moderne, zeitgemäße pädagogische Architektur geknüpft wird. Auch um einen Ausbau des längeren gemeinsamen Lernens umsetzen zu können. Denn in unseren Schulen gelingt es zu selten, ungleiche Startchancen auszugleichen. Dafür werden wir in den nächsten fünf Jahren zehn Milliarden Euro bereitstellen und so 10.000 Schulen fit für die Zukunft machen. Damit Schulen den Kindern Chancen eröffnen, die unter schwierigen Bedingungen aufwachsen, und auch jene fordern, die viel leisten können. Diese schmale Öffnung der Verfassung war ein erster Schritt. Wir GRÜNE streiten weiter dafür, das Kooperationsverbot komplett aufzuheben. Bund und Länder müssen ihre gemeinsame Verantwortung auch gemeinsam übernehmen können. Wir wollen auch vergleichbare Schulabschlüsse in ganz Deutschland erreichen. Dafür muss der Bildungsföderalismus entkrustet werden.
Wir schlagen den Ländern eine gemeinsame Bildungsoffensive vor. Denn die Qualität in Kita und Schule ist entscheidend. Gute inklusive Bildung setzt nicht nur eine intakte Bildungsinfrastruktur voraus, sondern auch gut ausgebildete Lehrer*innen, Erzieher*innen, Sozialarbeiter*innen, Künstler*innen oder Handwerker*innen in Schulen. Deshalb wollen wir mit einem Bundesprogramm Schulen in benachteiligten Stadtquartieren oder Regionen mit mehr pädagogischem Personal und mehr Mitteln ausstatten. Dann wäre es auch möglich, den dringend nötigen Ausbau der Ganztagsbetreuung finanziell zu unterstützen. Der Bund könnte mithelfen, dass es für alle, die das wünschen, einen Platz an einer Ganztagsschule oder in der Hortbetreuung gibt.
Uns GRÜNEN geht es darum, allen Menschen zu ermöglichen, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten. Im Moment aber spaltet sich die Gesellschaft immer mehr in Gewinner*innen und Verlierer*innen. Erwerbstätige mit Berufsausbildung verdienen im Laufe ihres Berufslebens eine Viertel Million Euro mehr als diejenigen ohne Ausbildung. Deshalb fordern wir GRÜNE eine Ausbildungsgarantie, die an die Stelle des unübersichtlichen Durcheinanders von Fördermaßnahmen tritt. Alle Jugendlichen sollen direkt nach der Schule eine anerkannte Berufsausbildung beginnen können, anstatt ziellos von Maßnahme zu Maßnahme geschoben zu werden.
Die Ausbildung junger Menschen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, an der insbesondere die Wirtschaft ein übergeordnetes Interesse haben muss. Um die Ausbildungsbeteiligung dauerhaft zu erhöhen und damit Betrieben wie Jugendlichen gute Perspektiven zu sichern, befürworten wir branchen- und regionsspezifische Umlagen zur solidarischen Finanzierung der Berufsausbildung. Wir wollen allen Auszubildenden ein eigenständiges Leben ermöglichen. Deshalb fordern wir eine Stärkung der Tarifautonomie und ergänzend zu den einzelnen Tarifverträgen eine Mindestausbildungsvergütung. Gleichzeitig setzen wir uns dafür ein, dass die Berufsausbildungsbeihilfe einfacher in Anspruch genommen werden kann und sich die Höhe realistisch an den Lebenshaltungskosten orientiert. Um Mobilität während der Ausbildung zu garantieren, setzen wir uns für ein kostengünstiges Auszubildendenticket ein. Dadurch entstehen endlich bessere Bedingungen für den Fachkräftenachwuchs und gesellschaftlich zentrale Branchen wie Handwerks-, Sozial- und Pflegeberufe werden aufgewertet.
Auch das Thema Analphabetismus und mangelnde Grundbildung wollen wir gemeinsam mit der Wirtschaft stärker in den Fokus nehmen und flächendeckend passende Angebote machen. Hochschulen müssen offen sein für alle – ob Arbeiter*innen- oder Akademiker*innenkind, ob Mann oder Frau, jung oder alt, ob einheimisch, eingewandert oder hierher geflüchtet.
Es liegt nicht am Können, dass heute nur ein Viertel der Kinder von Nichtakademiker*innen studiert, gleichzeitig aber drei Viertel der Kinder aus Akademiker*innenfamilien. Daher muss die Studienfinanzierung grundlegend verändert werden: Das BAföG muss wieder zum Leben reichen und für Studierende jeden Alters und in Teilzeit geöffnet werden. Wir wollen ein BAföG, das Sicherheit schafft und nicht durch eine starre zeitliche Begrenzung Druck aufbaut. Mittelfristig soll die Studienfinanzierung aus einem Studierendenzuschuss für alle und einem Bedarfszuschuss für Studierende aus ärmeren Elternhäusern bestehen. Die Alters- und Semestergrenzen der studentischen Krankenversicherung müssen angepasst werden. Studiengebühren lehnen wir ab. Auch die FernUniversität in Hagen wollen wir weiter stärken.
Doch der Zugang zum Studium allein reicht noch nicht aus. Auch die Vereinbarkeit von Familie und Studium beispielsweise durch die Möglichkeit des Teilzeitstudiums und bessere Studienbedingungen sind wichtig, also gute Lehre, ausreichend Beratungsangebote und mehr Lehrende zur Unterstützung der Studierenden. Dafür wollen wir die Bundesprogramme und Bund-Länder-Pakte endlich zu einem stimmigen Gesamtpaket weiterentwickeln und verstetigen. Dabei wollen wir auch Standards wie zum Beispiel Gleichstellung verankern, um Frauen auf allen Ebenen unseres Wissenschaftssystems zu fördern.
Wir werden demokratische und partizipative Strukturen an Hochschulen stärken. Wir setzen uns für mehr Kooperationen zwischen Bund und Ländern und zwischen den Hochschulen ein, weil wir wollen, dass nicht nur an einzelnen Leuchtturmstandorten, sondern überall gut studiert und geforscht werden kann. Wir wollen einen Bund-Länder-Aktionsplan „Studentisches Wohnen“ auflegen.
Der Zugang zur Wissenschaft als Beruf muss gerecht sein. Wir werden das Wissenschaftszeitvertragsgesetz überarbeiten und einen Aufbruch für zusätzliche Stellen vorantreiben, um so die Situation für Wissenschaftler*innen zu verbessern. Wissenschaftler*innen brauchen faire Arbeitsverträge, weniger Abhängigkeiten und weniger Befristungen, damit sie ohne Existenzangst gut und frei forschen können.