Auszüge aus den Wahlprogrammen zum Thema "Digitalisierung"

Auszug aus

dem Wahlprogramm von

Bündnis 90/Die Grünen

zum Thema

"Digitalisierung"

Auszüge aus dem Wahlprogramm von Bündnis 90/Die Grünen zur Bundestagswahl:

Zukunft wird aus Mut gemacht.

18.06.2017

Wir begrünen unsere Wirtschaft für Umweltschutz, Lebensqualität und neue Arbeitsplätze

S. 45-46

Ökologische Chancen der Digitalisierung nutzen

Durch Digitalisierung können wir vieles in der Wirtschaft viel ökologischer machen und zu einer ökologischen Mobilitäts- und Energiewende beitragen. Um die Energieeffizienz zu verbessern, werden wir die Wirtschaft unterstützen und Green-IT-Konzepte weiter vorantreiben. Smart Grids, also intelligente, digital gesteuerte Netze, helfen zum Beispiel, die schwankenden Strommengen aus Wind und Sonne auszugleichen. Wir können Verkehrsträger digital miteinander vernetzen und Verkehrsströme so intelligenter steuern. Bits und Bytes können Energie und Material nicht nur reduzieren, sondern teilweise auch ganz ersetzen. Videokonferenzen ersetzen Geschäftsreisen, Arbeit im Homeoffice reduziert Pendler*innenströme. Nie zuvor war es so einfach, Dinge über Sharing-Plattformen zu teilen. Das reduziert materiellen Konsum. Doch hierfür bedarf es höchster Datensicherheits- und Verbraucher*innenschutzstandards.

So schaffen wir zukunftssichere Arbeitsplätze sowie neue Geschäftsmodelle und schützen unsere Lebensgrundlagen. Andererseits braucht es auch eine erfolgreiche Energiewende, sodass der Energiekonsum im Zuge der Digitalisierung nachhaltig wird. Wie wir die Digitalisierung mit fairem Wettbewerb und Zukunftsinvestitionen in einer krisenfesten Wirtschaft gestalten wollen, haben wir im Kapitel "Wir gestalten die Digitalisierung" beschrieben.

Wir machen Verbraucherinnen und Verbraucher stark

S. 157-162

Verbraucher*innenrechte gelten im Netz wie auf der Straße

[…]

Wir wollen Verbraucherinnen und Verbraucher auch im Netz stärken und schützen. Wir akzeptieren nicht, dass Google, Facebook, WhatsApp und Co unsere persönlichsten Informationen horten und exakte Persönlichkeitsprofile von uns anlegen. Wer im Internet unterwegs ist, hat das Recht zu wissen, an wen seine oder ihre Daten weitergegeben werden, und muss dagegen widersprechen können. Gesundheitsdaten müssen auch digital geschützt werden. Auch in Zeiten von Big Data müssen die Grundsätze des Datenschutzes – Gesetzesvorbehalt, Erforderlichkeit und Zweckbindung – konsequent durchgesetzt werden. Personenbezogene Informationen sind hoch sensibel und vom Grundgesetz besonders geschützt. Die Debatte ums „Dateneigentum“ führt in die Irre. Statt die Nutzung von Daten und den Grundrechtsschutz der Bürgerinnen und Bürger gegeneinander auszuspielen, setzen wir uns für einen effektiven Persönlichkeitsschutz und die Ermöglichung innovativer Angebote ein.

Die Menschen müssen sich auf ihr Recht auf kostenfreie Auskunft, Korrektur und Löschung ihrer Daten verlassen können. Diesen Pflichten dürfen sich Unternehmen auch nicht dadurch entziehen, dass ihre Zentralen sich außerhalb Europas befinden. Dafür fordern wir Ansprechpartner*innen dieser Unternehmen in Deutschland, an die man sich wenden kann.

Algorithmen bestimmen heute, wer wie viel zahlt, welche Werbung angezeigt wird und welche Kreditbedingungen wir bekommen. Je nach Wohnort oder Endgerät sind manche Produkte unterschiedlich teuer. Gegen Ausspähung und Diskriminierungseffekte braucht es klare Regeln – für Transparenz und Verbraucher*innenschutz im Digitalen. Dazu gehört auch die Wahlfreiheit im Netz. Was heute bei Telefon, SMS und Mail selbstverständlich ist, muss auch bei Messenger-Diensten oder sozialen Netzwerken möglich sein: unkompliziert zwischen Anbietern und Plattformen wechseln und kommunizieren zu können. Dazu wollen wir Interoperabilität unterstützen und deren Umsetzung von großen Anbietern fordern.

Maßnahme: Datenschutz ausweiten - Privatsphäre wahren

Datenhungrige Unternehmen speichern individuelles Verhalten ihrer Kund*innen und nutzen diese Daten zur Profilerstellung. Die bestehenden Schutzmechanismen wie das Prinzip der Einwilligung laufen dabei ins Leere. Alle Verbraucherinnen und Verbraucher haben das Recht zu wissen, wer was wann und wo über sie speichert. Nur sie selbst – kein*e Arbeitgeber*in, kein Internetanbieter, keine Krankenkasse und auch nicht der Staat – dürfen bestimmen, wer Zugriff auf ihre Daten hat und was damit geschehen soll. Wir werden darauf drängen, dass bei der Anpassung der deutschen Datenschutzgesetze an die EU-Datenschutzreform die hohen EU-Standards für klare Grenzen von Sammlung und Verwertung persönlicher Daten und Informationen nicht aufgeweicht werden.

Die DMB-Einschätzung: Grundsätzlich ist Datenschutz als mögliches Markenzeichen Deutschlands und Europas sinnvoll. Zu beachten ist jedoch, dass Regelungen nicht zu übermäßiger Bürokratie führen und damit Unternehmen im internationalen Wettbewerb abgehängt werden.

Wir machen das Internet frei und sicher

S. 164-70

Smartphone-App, soziale Netzwerke oder vernetzte Dienste in unserem Zuhause: Der digitale Wandel verändert unsere Gesellschaft immens. Innovationen können unsere Lebensqualität erhöhen, sei es der erleichterte Zugang zu Informationen und onlinebasierter Bürger*innenbeteiligung, seien es der intelligent gesteuerte Energieverbrauch oder neue Formen von Teilen und Mobilität. Zugleich treibt immer mehr Menschen der Schutz und die Sicherheit ihrer individuellen Rechte und Daten im Internet um, angesichts der Macht einzelner Konzerne, staatlicher Überwachung, ständiger Erreichbarkeit oder zunehmenden Hasses und Hetze im Netz.

Wir wollen den digitalen Wandel politisch gestalten. Wir richten unsere Politik an den Interessen der Menschen aus, nicht der Konzerne. Unsere leitenden Werte sind dabei: Freiheit, Gerechtigkeit, Nachhaltigkeit und Demokratie. Für diese treten wir im Netz ein – und gegen Hetze, Hass und Gewalt. Digitale Selbstbestimmung treibt uns an und daher setzen wir uns ein für modernen Verbraucher* innen- und Datenschutz, höchste Standards bei der IT-Sicherheit, fairen Wettbewerb und Innovationsfähigkeit. Selbstbestimmung im digitalen Zeitalter bedeutet auch, dass Verbraucher* innen die Kontrolle über ihre Geräte haben. Sie müssen bei Bedarf die Software unabhängig vom Hersteller verändern können, sodass Hersteller Geräte nicht durch ausbleibende Updates in Elektroschrott verwandeln.

Wir wollen die Potenziale des digitalen Wandels für Bildung und Forschung, gleichberechtigte Teilhabe, sozialen Fortschritt und eine nachhaltige Wirtschaft nutzen. Für Innovationen im digitalen Zeitalter, bessere (digitale) Infrastruktur und für mehr IT-Sicherheit für alle Menschen und Unternehmen ist Regulierung erforderlich. Gemeinsam mit einer engagierten Zivilgesellschaft streiten wir für schnelles, neutrales Internet und starke Verbraucher*innenrechte, mehr E-Government und offene Daten, freie und offene Software sowie Vertrauen durch Sicherheit in der digitalen Welt und gegen Massenüberwachung und uferloses Aufrüsten der Geheimdienste.

Schnelles und offenes Internet für alle

Schnelles Internet ist Teil der Daseinsvorsorge und Voraussetzung für Teilhabe in der digitalen Gesellschaft. Eine zukunftsfähige und nachhaltige Breitbandversorgung soll mittels Glasfaser überall in Deutschland bis zu jeder Haustür (FTTB) sichergestellt werden. Mit einer öffentlichen Netzgesellschaft wollen wir den flächendeckenden Glasfaserausbau voranbringen, dafür bringt der Bund mindestens den Erlös des Verkaufs seiner Telekom-Aktien (circa zehn Milliarden Euro) ein. Damit gründen wir öffentliche Breitbandgesellschaften für den Glasfaserausbau im ländlichen Raum, um die Versorgung mit schnellem Internet im ganzen Land sicherzustellen. Zusammen mit Kommunen und weiteren Partner*innen können so vor Ort Gesellschaften für den Glasfaserausbau gegründet werden. Den schnellen und umfassenden Ausbau des zukünftigen 5G-Mobilfunknetzes werden wir aktiv unterstützen und uns dabei auch für ein flächendeckendes freies und offenes WLAN-Netz einsetzen.

Wir setzen uns für echte Netzneutralität für alle ein, auch im Mobilfunk, und kämpfen gegen ein „Zwei-Klassen-Internet“. Echte Netzneutralität ist die Voraussetzung für einen fairen digitalen Wettbewerb und einen offenen, barrierefreien Zugang für alle Menschen. Mit der endgültigen Abschaffung der Störerhaftung schaffen wir offene und rechtssichere WLAN-Zugänge. Die Freifunk-Bewegung wollen wir besser fördern. Wir setzen uns beim Mobilfunk für eine konsequente Minimierung der Strahlenbelastung ein.

Wir wollen ein Urheber*innenrecht, das der Nutzungs- und Verwertungsrealität im Digitalen Rechnung trägt. Es muss bürgerrechtskonform sein und die Interessen von Verbraucher*innen, Verwerter*innen und Urheber*innen fair ausgleichen. Wir müssen mit Reformen des Urheber*innenvertragsrechts die angemessene Vergütung von Kreativen stärken. Sie müssen ihre Ansprüche national und international besser durchsetzen können. Nutzer*innen digitaler Inhalte sollen bei Ausleihe und Weiterveräußerung nicht schlechter gestellt werden als bei analogen Gütern. Wissenschaftliche Erkenntnisse bedeuten gesellschaftliche Teilhabe. Deswegen unterstützen wir Open Access ebenso wie freie und nicht-kommerzialisierte Zugänge zu Lehr- und Lernmaterialien und setzen uns für eine Bildungs- und Wissenschaftsschranke ein. Gleichzeitig müssen Urheber*innen angemessen und fair vergütet werden. Inhalte sollen auf unterschiedlichen Endgeräten nutzbar und mitnehmbar sein. Bei der Digitalisierung des kulturellen Erbes wollen wir die Gemeinfreiheit erhalten.

Die DMB-Einschätzung: Sehr positiv zu bewerten ist, dass alle wesentlichen Technologien für den Breitbandausbau genannt werden. Außerdem werden konkrete Pläne zur Finanzierung vorgestellt. Darüber hinaus wird die Netzneutralität hervorgehoben und ein modernes Urheberrecht thematisiert, welches insbesondere selbstständigen Kreativen zugutekommt.

Vertrauen im Netz sichern

Wer ständig überwacht wird, ist nicht frei. Selbst wer glaubt, „nichts zu verbergen zu haben“, ist angreifbar. Effektiver Grundrechteschutz ist das Fundament einer freien Gesellschaft. Dies gilt auch im digitalen Zeitalter. Menschen müssen wissen, wer wann was über sie weiß. Datenschutz ist aber mehr als nur informationelle Selbstbestimmung. Die Wahrung von Grundrechten im Digitalen darf keinesfalls auf den oder die Einzelne*n abgewälzt werden. Vielmehr bleibt der Staat in der Pflicht, private Kommunikation, persönliche Daten, Beschäftigtendaten und digitale Infrastrukturen effektiv zu schützen.

Je mehr hoch sensible Informationen sich auf unseren digitalen Geräten befinden, desto wichtiger wird, dass der grundrechtliche Schutz für den Kernbereich unserer persönlichen Lebensgestaltung konsequent beachtet und ausgebaut wird – gerade auch bei der Strafverfolgung.

Auch im Digitalen bietet Prävention den effektivsten Schutz vor Angriffen. Die bestehenden Aufsichtsstrukturen werden wir personell und rechtlich deutlich stärken, um den Verbraucher*innen- und Datenschutz konsequent zu gewährleisten. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) werden wir unabhängig stellen. Ob private Kommunikation, öffentliche Stellen, die Wirtschaft oder digitale Infrastrukturen – als GRÜNE setzen wir uns für die Sicherheit aller im Digitalen ein. Hier muss der Staat endlich mit effektiven wie rechtsstaatlichen Maßnahmen seiner Schutzpflicht nachkommen. Daher lehnen wir es ab, dass staatliche oder private Akteur*innen IT-Sicherheitslücken für den eigenen Nutzen und zum Schaden der Allgemeinheit geheim halten. Vielmehr müssen sie diese Lücken melden, damit sie rasch geschlossen werden können.

[…]

Mit der immer stärkeren Vernetzung unseres Alltags, wie etwa beim „Internet der Dinge“, wachsen die Anforderungen für eine verlässliche IT-Sicherheit an die Wirtschaft. Wir setzen auf klare rechtliche Vorgaben, wollen aber auch Anreize für Unternehmen schaffen, in gute und sichere IT-Lösungen zu investieren. Wir fordern, dass der Zeitraum, in dem Produkte mit zeitnahen Sicherheitsupdates versorgt werden, für Verbraucher*innen einheitlich und gut sichtbar gekennzeichnet ist und für eine typabhängige Mindestfrist garantiert werden muss. Unternehmen wollen wir dazu anhalten, IT-Sicherheit noch stärker bereits im Produkt- und Softwareentwicklungsprozess zu berücksichtigen.

Freie, quelloffene Software und freie Formate und Standards sind für uns einer der Eckpfeiler für sichere und zukunftsfähige IT-Systeme. Wir wollen diese deshalb bei öffentlichen IT-Beschaffungen bevorzugen, insbesondere dann, wenn Bürger*innen diese einsetzen sollen. So senken wir die Abhängigkeit von einzelnen Herstellern, erhöhen die Transparenz und sichern die Nachnutzung. Die öffentliche Förderung für die Entwicklung von freier Standardsoftware wollen wir mit Blick auf IT-Sicherheit ausbauen. Ebenso wollen wir im Sinne eines nachhaltigen IT-Einsatzes die Rechte von Nutzer*innen stärken, auf ihren Geräten freie und offene Software und Firmware einzusetzen.

Die DMB-Einschätzung: Von der geplanten Updatepolitik zur Stärkung der IT-Sicherheit profitieren Verbraucher sowohl als auch Unternehmen. Dennoch könnten Auflagen insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, die Software anbieten, zu komplex sein. Positiv hervorzuheben ist die Unterstützung für den Mittelstand bei der Stärkung ihrer IT-Sicherheit.

Für einen modernen Datenschutz

Datenschutz ist wesentliche Bedingung für eine freiheitliche Demokratie. Er ermöglicht freie individuelle und gesellschaftliche Entfaltung und schützt vor Eingriffen des Staates und von Konzernen. Die etablierten Datenschutzziele müssen in der Entwicklung und als Voreinstellung von Technologie verankert werden. Personenbezogene Daten sind unveräußerlich und daher kein Handelsgut. Automatisierte Diskriminierung wollen wir unterbinden, sei es beim individuellen Preis-Profiling, beim Kredit-Scoring oder auch bei der inneren Sicherheit. Und wir müssen dafür sorgen, dass sich alle Unternehmen an die rechtlichen Vorgaben wie das neue EU-Datenschutzrecht halten. Wir sehen einen starken Datenschutz als internationalen Wettbewerbsvorteil, den wir verteidigen und ausbauen wollen. Den Mittelstand wollen wir aktiv im Bereich Datenschutz- und IT-Sicherheit unterstützen und Anreize für datenschutzfreundliche Lösungen setzen. Der Staat muss seine Verantwortung für eine zukunftsfähige Regulierung endlich annehmen. Wir wollen für die Bestandsdatenauskunft von IP-Adressen eine Berichtspflicht der Internetzugangsanbieter einführen und die Hürde für die Abfrage erhöhen.

Die DMB-Einschätzung: s.o. (Verbraucher*innenrechte gelten im Netz wie auf der Straße)

Maßnahme: Schnelles Internet für alle – Glasfaser ausbauen

Wir wollen, dass schnelles Internet mittels Glasfaser von der Banken-City bis zu jedem Bauernhof direkt bis zur Haustür verfügbar ist. Eine öffentliche Netzgesellschaft soll den flächendeckenden Glasfaserausbau unterstützen, der Bund bringt mindestens den Verkaufserlös seiner Telekom-Aktien ein, Kommunen und weitere Partner*innen sollen auch mitmachen können. Den schnellen Ausbau des zukünftigen 5G-Mobilfunknetzes werden wir aktiv unterstützen. Wo 5G ausgebaut wird, muss auch WLAN angeboten werden, damit wir einen offenen, freien und flächendeckenden Zugang zu WLAN erhalten. Halten Unternehmen die vertraglich zugesicherten Mindestbandbreiten nicht ein, werden zukünftig Bußgelder und Schadenersatzzahlungen an die Kunden fällig.

Die DMB-Einschätzung: s.o. (Schnelles und offenes Internet für alle)

Maßnahme: Sichere Infrastrukturen

Digitale Angriffe auf IT-Infrastrukturen vom Heimcomputer über Bundestagsserver bis zu Energie- und Industrieanlagen sind an der Tagesordnung. Wir GRÜNE wollen diese Systeme effektiv schützen, uns aber auch der digitalen Aufrüstung in diesem Bereich entgegenstellen. Der beste Schutz vor Angriffen sind sichere und überprüfbare Systeme. Staatliche Stellen müssen verpflichtet werden, IT-Sicherheit zu stärken. Bewusstes Offenhalten von Sicherheitslücken ist rechtsstaatlich mit der Schutzpflicht gegenüber den Bürger*innen nicht zu verantworten, birgt unkontrollierbare Risiken und gehört daher verboten. Um staatliche und andere kritische Infrastrukturen zu schützen, werden wir die Entwicklung von umfassenden Sicherheitskonzepten vorantreiben und fördern. Eine durchgehende Ende-zu-Ende-Verschlüsselung werden wir zum Standard machen.

Die DMB-Einschätzung: s.o. (Vertrauen im Netz sichern)

Maßnahme: Moderne Verwaltung mit E-Government

Mit mehr Mut zu Open Data, barrierefreien E-Government-Dienstleistungen und Open Government werden wir einen entscheidenden Beitrag leisten, um unsere Verwaltung zu modernisieren, Bürokratie abzubauen und unsere Demokratie zu beleben. Wir setzen uns für Open-Data-Regeln ein, die Behörden verpflichten, vorhandene Daten von sich aus leicht auffindbar, maschinenlesbar und kosten- und lizenzfrei für die Öffentlichkeit bereitzustellen.

Die DMB-Einschätzung: Frei verfügbare öffentliche Daten ermöglichen es Unternehmen neue Geschäftsfelder zu erschließen. Besonders positiv zu bewerten ist die Digitalisierung der Verwaltung, die zur Vereinfachung von der Kommunikation und dem Abbau von Bürokratie führt.

Wir gestalten die Digitalisierung

S. 102-105

Smartphones, 3-D-Drucker, Liefer-Apps, Online-Handel und Share Economy – schon heute verändert die digitale Revolution unsere Wirtschaft, unsere Arbeitswelt und unseren Alltag grundlegend. Vieles spricht dafür, dass sich dieser Prozess noch einmal beschleunigen wird. Selbstfahrende Autos sind vielleicht schon in wenigen Jahren auf der Straße, am Horizont winkt künstliche Intelligenz. Wir wollen den digitalen Wandel aktiv gestalten. Denn wir sehen viele Chancen und Möglichkeiten durch die Digitalisierung, die wir ergreifen wollen.

Wir wollen neue, gute Jobs in neuen Arbeitsfeldern fördern. Wir wollen die ökologischen Möglichkeiten nutzen, die sich für die Energie- und Verkehrswende durch intelligente Steuerung, Automatisierung oder Vernetzung ergeben. Für all das werden wir die richtigen Weichen stellen. Wir wollen alle ermuntern und fördern, die den Mut haben, etwas Neues zu wagen. Und wir wollen diejenigen unterstützen, deren Arbeitsplätze oder deren Zukunft bedroht sind. Denn zugleich wirft dieser Wandel ethische Fragen auf und erzeugt enormen Anpassungsdruck etwa im Bildungs-, Wirtschafts-, Finanz- und Sozialsystem. Hier braucht es eine gesamtgesellschaftliche Debatte für umfassende Lösungsansätze.

Die Digitalisierung trifft auf eine Wirtschaft, in der mit ökologischen Langzeitschäden, Investitions- und Nachfrageschwäche, zu starker Konzentration von Vermögen und zu großem Ressourcenhunger einiges im Argen liegt. Wir wollen Ordnung in dieses System bringen. Dafür brauchen wir mehr Investitionen, damit unsere Wirtschaft krisenfester und dynamischer wird. Dafür brauchen wir eine öffentliche Hand, die auch gegenüber Konzernen durchgreifen kann, um für fairen Wettbewerb, den Schutz der Verbraucher*innen und den Erhalt öffentlicher Güter zu sorgen.

Es ist uns wichtig, die Digitalisierung mit klaren Regeln so zu gestalten, dass die Vorteile nicht nur wenigen in unserer Gesellschaft zugutekommen, und Risiken, zum Beispiel beim Datenschutz oder bei der Machtkonzentration einiger weniger Internetkonzerne, begrenzt werden, um einem potenziellen Machtmissbrauch gerade mit Blick auf die Verletzung von Persönlichkeitsrechten entgegenzuwirken. Die Digitalisierung wird wie jede technologische Revolution dafür sorgen, dass bestehende Tätigkeiten und Arbeitsplätze wegfallen und neue entstehen. Das ist für viele Menschen ein berechtigter Grund zur Sorge. Hier sind wir als Solidargemeinschaft gefragt. Wir wollen uns umso stärker aktiv für neue Jobs einsetzen. Wir werden unsere sozialen Sicherungssysteme auf diesen Wandel einstellen und ihre Zukunftsfähigkeit sichern. Wir werden dafür sorgen, dass alle gute Bildung genießen können – und zwar ein Leben lang. So können wir es schaffen, dass die Digitalisierung zu einem Gewinn für unser Land wird.

Wir wollen einen digitalen Aufbruch, bei dem Unternehmen, Zivilgesellschaft und Politik gemeinsam dafür sorgen, dass wir durch die Digitalisierung unserem Ziel, einer ökologischen und sozialen Marktwirtschaft, die sich am langfristigen Wohlstandsgewinn statt an kurzfristigen Profiten orientiert, näher kommen.

Mehr und nachhaltiger in unsere Zukunft investieren

[...]

Wir GRÜNE wollen in moderne Mobilität, bezahlbare und energieeffiziente Wohnungen und einen Bildungsaufbruch – also in die Zukunft unseres Wohlstandes – investieren. Wenn wir die Chancen der Digitalisierung nutzen und sicherstellen wollen, dass die digitale Gründer*innenzeit überall in Deutschland möglich ist, müssen wir jetzt in ein schnelles und flächendeckendes Internet investieren. Grundvoraussetzung dafür ist ein zukunftsfähiger Breitbandausbau auf Basis von Glasfaser. Wir wollen dazu den Bundesbesitz an Telekom-Aktien im Wert von rund zehn Milliarden Euro veräußern und in den Breitbandausbau investieren. Das Thema Digitalisierung muss dabei in der Bundesregierung besser koordiniert werden und im Kabinett eigenständig vertreten sein.

Außerdem schaffen wir Planungssicherheit durch verlässliche Rahmenbedingungen und wollen Unternehmen, die ihre Gewinne nicht entnehmen, sondern reinvestieren, besonders fördern.

Fairer Wettbewerb statt Machtwirtschaft

Konzentrierte und verkrustete Märkte sind Gift für fairen Wettbewerb. Wir Grünen setzen uns für diskriminierungsfreie und offene Märkte ein, etwa bei der Netzneutralität. Echte Netzneutralität ist die Voraussetzung für einen fairen digitalen Wettbewerb. Ein ”Zwei-Klassen-Internet” braucht niemand.

[…]

Große Internetkonzerne wie Google, Facebook, Amazon und Co. verändern die Art und Weise, wie wir leben und wie unsere Wirtschaft funktioniert gerade rapide. Daten und Vernetzung gewinnen für die Produktion, aber auch den Wert von Gütern und Dienstleistungen eine immer größere Bedeutung. Es ist denkbar, dass der Wert eines Autos sehr bald stärker davon abhängt, wie gut seine Vernetzung mit dem Internet ist und welche datengetriebenen Dienste und Programme es den Fahrerinnen und Fahrern anbietet, als wie gut der Motor oder die Verarbeitung ist. Große Plattformen und Portale gewinnen mit jeder Nutzerin und jedem Nutzer an Bedeutung. Generell gilt, wer die Daten hat und sie nutzt, hat einen Wettbewerbsvorteil. Zum einen wollen wir sicherstellen, dass der Schutz unserer Daten dabei immer gewährleistet wird. Zum anderen stellt diese veränderte Wertschöpfung eine enorme Herausforderung für die deutsche Wirtschaft dar. Unternehmen dürfen den Trend nicht verschlafen und müssen durch Innovationen fit bleiben. Wir wollen sie dabei unterstützen, wettbewerbsfähig zu bleiben. Monopolartige Strukturen wollen wir verhindern. Daher wird die öffentliche Hand als Hüterin des fairen Wettbewerbs immer wichtiger. Wir setzen uns deshalb für einen neuen politischen wie rechtlichen Ordnungsrahmen und eine Weiterentwicklung des Wettbewerbs- und Kartellrechts ein, welche die Informations-, Markt- und Datenmacht einzelner Unternehmen effektivbegrenzt. Das bedeutet auch, dass Großkonzerne, Banken, die „Too Big to Fail“ sind, oder Netzmonopole in extremen Fällen entflochten werden sollten.

Damit der Mittelstand im Zuge der Digitalisierung im Wettbewerb mit großen Unternehmen gut aufgestellt ist, wollen wir ein IT-Beratungsnetzwerk für den digitalen Wandel einrichten. Dieses dezentrale Netzwerk von Beraterinnen und Beratern soll in die Unternehmen gehen können, die IT-Sicherheit überprüfen und anbieterunabhängige Verbesserungsvorschläge geben. Dabei sollen auch Empfehlungen ausgesprochen werden, wie das Unternehmen sich im Prozess von Digitalisierung, Automatisierung und Vernetzung zukunftsfähig aufstellen kann.

Milliardenschwere Großunternehmen - auch aus der Digitalbranche - nehmen wir in die Pflicht, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung wieder gerecht zu werden. Für Großunternehmen muss es wieder eine Selbstverständlichkeit sein, Steuern auf Gewinne zu zahlen - wir werden sie darauf verpflichten. Ebenso müssen sie sich an klare rechtliche Vorgaben zu halten, wie zum Beispiel das neue und von uns federführend verhandelte EU-Datenschutzrecht. Außerdem wollen wir einen europäischen digitalen Binnenmarkt schaffen, dadurch würden sich vielen innovative, europäischen Unternehmen neue Chancen eröffnen.

Die DMB-Einschätzung: Kleine und mittelständische Unternehmen profitieren von der starken Unterstützung des Mittelstandes bei wichtigen Hemmnissen bei der Umsetzung der Digitalisierung. Auch die Begrenzung von Marktmacht von internationalen Konzernen und die Bekämpfung eines übermäßigen Verdrängungswettbewerbs im Internet sind im Sinne des Mittelstands.

Gute Arbeit 4.0

Die digitale Arbeitswelt wird vernetzter, technischer und auch flexibler sein. Und wir wollen, dass sie auch humaner, familienfreundlicher und ökologischer wird. Mit der Digitalisierung verändern sich Arbeitsinhalte, Arbeitsplätze und Arbeitsstrukturen. Arbeit ist nicht mehr an Ort und Zeit gebunden. Deshalb fordern wir auch ein Recht auf Homeoffice als Ergänzung zum festen Arbeitsplatz und unter Berücksichtigung der betrieblichen Möglichkeiten. Das schafft Zeitsouveränität und Freiräume für mehr selbstbestimmtes Arbeiten.

Die Digitalisierung stellt uns aber auch vor neue Herausforderungen: permanente Erreichbarkeit, Mehrarbeit und umfassende Leistungskontrolle. Die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit, abhängiger und selbständiger Tätigkeit, zwischen Selbstbestimmung und Selbstausbeutung laufen Gefahr zu verschwimmen. Hier wollen wir Beschäftigte und Selbständige schützen. Deshalb werden wir den Arbeitsschutz an die digitale Arbeitswelt anpassen, betriebliche Mitbestimmungsrechte stärken und mit einem eigenständigen Beschäftigtendatenschutzgesetz vor umfassender Leistungskontrolle schützen. Solo-Selbständige und Kreative müssen zukünftig für alle Lebenslagen sozial abgesichert sein und sie müssen fair entlohnt werden. Deshalb wollen wir ein allgemeines Mindesthonorar als absolute Untergrenze für zeitbasierte Dienstleistungen einführen und gleichzeitig branchenspezifische Mindesthonorare für bestimmte Werke und Dienstleistungen ermöglichen, die gut zu den jeweiligen Branchen passen. Über Online-Plattformen vermittelte Arbeit und die Zahl der Clickworker*innen nehmen zu. Plattformen dürfen weder für Lohndumping noch als rechtsfreier Vertriebskanal missbraucht werden. Nur wenn die heutigen Sozial- und Arbeitsstandards weiterhin gelten, entstehen fairer Wettbewerb und gute Arbeitsbedingungen in der digitalen Arbeitswelt. Der digitale Wandel der Arbeitswelt hat bereits begonnen. Diesen Strukturwandel wollen wir positiv gestalten.

Durch die Digitalisierung werden neue Arbeitsplätze entstehen, aber manche Tätigkeiten werden auch automatisiert. Die ökologische Modernisierung ist dabei eine Chance, damit nicht nur für Programmierer* innen, sondern auch für Handwerker*innen und Facharbeiter*innen neue Jobs entstehen. Digitale Kompetenzen werden von zentraler Bedeutung sein. Deshalb fördern wir Weiterbildungen bereits im Job und nicht nur bei Arbeitslosigkeit (Kapitel: Wir kämpfen für gute Arbeit und bessere Vereinbarkeit, Projekt Arbeitsversicherung, S. 216). Digitalisierung und Automatisierung bieten aber auch die Chance der Reduzierung der Arbeitsbelastung, der Ermöglichung anderweitigen Engagements, zum Beispiel im Ehrenamt, oder der Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Hierfür sind jedoch eine aktive politische Gestaltung der Umbruchprozesse und das Stellen der richtigen arbeitspolitischen Weichen nötig.

Die DMB-Einschätzung: Negativ zu bewerten ist die weitreichende Bürokratie in einem Bereich, der eigentlich mehr Flexibilität bringen soll. Hinzu kommen ausgeweitete Arbeitsschutz – und Mitbestimmungsrechte, die die Planbarkeit erschweren. Positiv hingegen ist die Weiterbildung für Handwerker und Facharbeiter, die insbesondere dem Mittelstand zugutekommt.

Unternehmensgründungen fördern

[…]

Die Digitalisierung erleichtert auch die Gründung von Unternehmen, die alternative Wirtschaftsformen im Blick haben angefangen bei solidarischer Ökonomie über Social Entrepreneurship bis hin zur Sharing Economy. Wir wollen solche Modelle politisch stärken und Offenheit als Leitprinzip für digitale Modelle des Teilens verankern.

Die DMB-Einschätzung: Die Förderung von Start-ups ist zu begrüßen, jedoch mangelt es an Maßnahmen zur Ausgestaltung der Förderung von Neu-Gründungen.

Quelle: Bündnis 90/Die Grünen, Programm zur Bundestagswahl 2017