Auszüge aus den Wahlprogrammen zum Thema "Europa"

Auszug aus dem

Wahlprogramm der FDP

zum Thema "Europa"

Auszüge aus dem Wahlprogramm der FDP zur Bundestagswahl:

Schauen wir nicht länger zu. Programm der Freien Demokraten zur Bundestagswahl 2017.

30.04.2017

Regeln einhalten

S. 69-71

Eine Politik, die rechnen kann, setzt faire Regeln. Diese Regeln gelten aber auch für Staat und Politik ausnahmslos selber. In Deutschland und Europa wurden die eigenen Regeln in den letzten Jahren aber allzu gerne links liegen gelassen, um es sich einfach zu machen. Es darf aber nicht der einfachste Weg das Ziel von Politik sein. Das Ziel muss der richtige Weg sein!

Euro nachhaltig stabilisieren

Wir Freie Demokraten wollen die Glaubwürdigkeit der im europäischen Recht verankerten Nichtbeistandsklausel stärken. Diese besagt, dass weder die Europäische Union noch einzelne Mitglieder für die Schulden eines anderen Mitgliedsstaates haften müssen. Sie soll hierdurch sicherstellen, dass die Mitgliedsstaaten die Folgen ihrer Wirtschafts- und Finanzpolitik tragen und somit Haushaltsdisziplin wahren. Wer den Staaten Geld leiht, soll deren eigene Bonität zur Grundlage dafür machen, wie hoch die Zinserwartung ist und nicht fremde Bonität. Denn nur so kann der Zins als ökonomische Schuldenbremse wirken. Allerdings hat die Große Koalition mit ihrer Zustimmung zum dritten Hilfspaket für Griechenland die Glaubwürdigkeit der Nichtbeistandsklausel erheblich in Frage gestellt. Denn sie hat Finanzhilfen gebilligt, obwohl die Schuldentragfähigkeit Griechenlands nicht gesichert war.

Wir wollen, dass die Vermischung von Verantwortung durch gemeinschaftliche Haftung ausgeschlossen bleibt. Deshalb darf der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) nicht als ständiger Nothelfer missbraucht werden, sondern ESM-Finanzhilfen dürfen nur strikt nach den dafür vorgesehenen Regeln vergeben werden. Um nicht dauerhaft falsche Anreize zu setzen, wollen wir zudem, dass die Ausleihkapazität des ESM kontinuierlich wieder zurückgefahren wird und dieser langfristig ausläuft. ESM-Hilfen sollen auch nicht dauerhaft durch weitere Maßnahmen der Europäischen Zentralbank ergänzt oder ersetzt werden. Eine Staatsfinanzierung durch die Notenpresse lehnen wir strikt ab. Zudem wollen wir eine Staateninsolvenzordnung für die Eurozone schaffen, damit bei fehlender Schuldentragfähigkeit eine geordnete Schuldenumstrukturierung als Ausweg aus der bisher endlosen Rettungsroutine möglich wird. Denn nur so kann die Gefahr gebannt werden, dass die Währungsunion zu einer dauerhaften Transferunion zu Lasten der europäischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler wird.

Die DMB-Einschätzung: Positiv zu bewerten ist die Absicht der nachhaltigen Stabilisierung der Eurozone. Ebenfalls ist der alternative Vorschlag zur Schuldenumstrukturierung, die nicht den deutschen Steuerzahler und damit auch die Unternehmen belastet, ein guter Ansatz.

Verfahren für geordnete Staatsinsolvenzen in der Eurozone schaffen

Wir Freie Demokraten wollen ein Verfahren für geordnete Staatsinsolvenzen in der Eurozone schaffen. Dadurch können Mitglieder der Währungsunion ihre Schulden in einem regelgeleiteten Verfahren restrukturieren, wenn sie politisch und ökonomisch nicht mehr in der Lage sind, ihre Schuldentragfähigkeit wiederherzustellen. Die Gläubiger erhalten anders als bei einem ungeordneten Verfahren Planungssicherheit und Fehlanreize auf den Finanzmärkten werden reduziert. Denn mit einem Insolvenzverfahren wird der Ausfall eines Staates als Schuldner zum realistischen Szenario, was das Risikobewusstsein der Gläubiger erhöht. Ein wirksamer Insolvenzmechanismus setzt voraus, dass ein politisch unabhängiges Gremium für die Überwachung des Verfahrens zuständig ist. Verbindliche Regeln sollen allen Beteiligten Sicherheit darüber bieten, wann das Verfahren beginnt und dass es zügig beendet werden kann. Damit einzelne Gläubiger die Umschuldungsverhandlungen nicht blockieren können, sind die Umschuldungsklauseln in den europäischen Staatsanleihen entsprechend anzupassen. Zudem muss das Verfahren zwingend mit einem klaren makroökonomischen Reformprogramm verbunden sein. Finanzhilfen durch den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) sollen zeitlich begrenzt und nur gegen strikte Auflagen gewährt werden. Hier gilt ganz klar das Prinzip: Solidarität gegen Solidität. Eine automatische Verlängerung der Laufzeiten von Staatsschulden zu Beginn des Verfahrens könnte außerdem dazu beitragen, den Finanzierungsbedarf zu senken.

Geregeltes Austrittsverfahren aus dem Euro-Währungsgebiet

Wir Freie Demokraten wollen die europäischen Verträge so anpassen, dass Mitgliedsstaaten nach einem geregelten Verfahren aus dem Euro-Währungsgebiet austreten können, ohne ihre EUMitgliedschaft zu verlieren. Denn wenn ein Staat dauerhaft überfordert ist, seine Wettbewerbsfähigkeit und Schuldentragfähigkeit innerhalb der Währungsunion wiederherzustellen, kann der Austritt aus dem Euro sinnvoll und notwendig sein. Mit der Rückkehr zu einer eigenen Währung und der Möglichkeit, diese abzuwerten, kann dieser Staat seine Wettbewerbsfähigkeit steigern. Staaten scheuen diesen Weg aber, weil er bislang rechtlich an den Austritt aus der Europäischen Union gekoppelt ist. Diese Koppelung wollen wir beenden.
 

Die DMB-Einschätzung: Eine geordnete Staateninsolvenz und ein geregeltes Euro-Austrittsverfahren schaffen Planbarkeit und minimieren die finanziellen Risiken für die übrigen Mitgliedsstaaten der Währungsunion.

Quelle: FDP, Programm der Freien Demokraten zur Bundestagswahl 2017