Auszüge aus den Wahlprogrammen zum Thema "Mittelstand"

Auszug aus dem

Wahlprogramm der SPD

zum Thema "Mittelstand"

Auszüge aus dem Wahlprogramm der SPD zur Bundestagswahl:

Es ist Zeit für mehr Gerechtigkeit: Zukunft sichern, Europa stärken. Das Regierungsprogramm 2017 bis 2021

25.06.2017

Es ist Zeit für eine starke Wirtschaft und Innovationen

S. 21-24

Deutschland ist ein starkes Land. Mit starken Unternehmen und einem innovativen Mittelstand, der viele Weltmarktführer hervorbringt. Mit modernen Handwerksbetrieben und Einzelhändlern sowie immer mehr jungen und kreativen Startups. Trotz aller Krisen in den vergangenen Jahren zeigt sich: Unsere soziale Marktwirtschaft ist ein Erfolgsmodell. Unternehmen sorgen bei der Beschäftigung für ein historisches Rekordniveau. Die Arbeitslosenzahl ist auf dem niedrigsten Stand seit Jahrzehnten. Die Reallöhne steigen wieder und es gibt wieder mehr sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze. Sie bilden das Rückgrat unserer Arbeitsgesellschaft. Das kommt nicht von selbst, sondern zeigt: Unsere politischen Maßnahmen wirken!

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Handwerk, Mittelstand und industrielle Basis stärken

Die Stärke unserer erfolgreichen Volkswirtschaft liegt in der vielfältigen Wirtschaftsstruktur – vom mittelständischen Familienbetrieb über das große Industrieunternehmen, über die regionale Handwerksfirma bis hin zur kleinen Hightech-Schmiede – sowie der breiten Wertschöpfungskette von der Grundstoffindustrie bis zum Endprodukt und den damit verbundenen Dienstleistungen. Während andere Staaten in den vergangenen Jahrzehnten einseitig auf Dienstleistungen und die Finanzwirtschaft gesetzt haben, haben wir darauf geachtet, die ganze Bandbreite unserer Wirtschaft zu erhalten. Im Gegensatz zu anderen Ländern haben wir in Deutschland deshalb nach wie vor eine starke Industrie. Diese breite Basis wollen wir weiter ausbauen.

Wir wollen, dass Deutschland der Standort der führenden Automobilindustrie bleibt. Die Zukunft des Automobils ist elektrisch. Deshalb ist der Aufbau einer Batteriezellenfertigung in Deutschland von zentraler strategischer Bedeutung. Hiervon wird abhängen, ob wir auch in Zukunft die gesamte Wertschöpfung des Automobils abdecken können.

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Mit dem wirtschaftspolitischen Programm „Innovationsmotor Mittelstand“ werden wir unsere mittelständischen Unternehmen im Wandel unterstützen. Dabei stehen Maßnahmen im Mittelpunkt, die Fachkräfte für die Betriebe sichern, die Innovation fördern und die Mittelstand und Handwerk gezielt entlasten. Zugleich werden wir den exportorientierten Mittelstand mit einer aktiven Außenwirtschaftspolitik fördern.

Die Fachkräftesicherung ist das drängendste Problem des Handwerks und vieler mittelständischer Betriebe. In bestimmten Berufszweigen ist es mittlerweile schwierig, Auszubildende zu finden. Daher werden wir unter anderem die Ausbildungs- und Berufsorientierung verbessern, in die Ausstattung der Berufsschulen – auch als Lernwerkstätten für Industrie 4.0-Technologien – investieren, ein Recht auf Weiterbildung einführen, Gebühren für Techniker- und Meisterkurse abschaffen und ein modernes Einwanderungsrecht schaffen.

Die Grenzen zwischen industrieller Produktion und Dienstleistungen lösen sich weiter auf. Unternehmen werden aus gewonnenen Daten neue Geschäftsmodelle mit neuen Dienstleistungen („Smart Services“) entwickeln. Daher werden wir prüfen, inwieweit Förderprogramme für technologische Innovationen auch auf datengetriebene Geschäftsmodelle ausgeweitet werden können, wie zum Beispiel das erfolgreiche Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM).

Gemeinsam mit Partnern aus Wissenschaft und Wirtschaft wollen wir regionale Innovationsagenturen gründen. Sie treiben gesellschaftlich sinnvolle Innovationsansätze voran, unterstützen den digitalen Wandel in der Fläche und vor allem den Wissensaustausch zwischen Wissenschaft und Unternehmen. Wir setzen hierbei neben dem klassischen Technologie- und Wissenstransfer auch auf neuere Ansätze wie Open Innovation.

Den Einsatz digitaler Technologie im Mittelstand werden wir anschieben. Für digitale Ausrüstung sollen kleine und mittlere Unternehmen einen Zuschuss erhalten, wenn sie sich zuvor beraten lassen und ein Digitalisierungskonzept vorlegen.

Kleinere und mittelgroße Unternehmen wollen wir durch einen „Forschungsbonus“ finanziell unterstützen, wenn sie Personal für Forschung und Entwicklung einstellen. Gerade mittelständische Unternehmen benötigen diese Förderung, um ihre Wachstumschancen nutzen zu können. Darüber hinaus werden wir auch die bestehenden Forschungs- und Innovationsprogramme weiter ausbauen. Und wir werden die Abschreibungsmöglichkeiten für Forschungs- und Entwicklungsausgaben für Unternehmen und Selbstständige verbessern. Nach dem Vorbild von Nordrhein-Westfalen wollen wir außerdem einen Mittelstands- und Innovationscheck für Gesetze einführen. In diesem Zuge werden wir auch die Mittel für die Programme ZIM und Industrielle Gemeinschaftsforschung aufstocken.

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Deutschland profitiert von der weltweit zunehmenden Nachfrage nach umweltfreundlichen Produkten, Technologien und Dienstleistungen. Hier finden inzwischen hunderttausende Menschen Arbeit. Diese Erfolgsgeschichte der ökologischen Industriepolitik wollen wir fortsetzen. Mit ihrem Energiewende-know how haben Unternehmen aus Deutschland beste Absatzchancen in der ganzen Welt. Wir wollen insbesondere kleine und mittlere Unternehmen auf dem Weg in die Weltmärkte mit unserer Außenwirtschaftspolitik unterstützen. Damit leisten wir auch einen Beitrag für eine globale saubere Energieversorgung und eine intakte Umwelt.

Die DMB-Einschätzung: Die Stärkung des Mittelstandes, beispielsweise mit dem wirtschaftspolitischen Programm „Innovationsmotor Mittelstand“ und Maßnahmen zur Fachkräftesicherung sind klar mittelstandsfreundlich. Auch das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) und die Unterstützung hinsichtlich der Digitalisierung sind sinnvoll. Kleinere und mittelständische Unternehmen würden ebenfalls vom „Forschungsbonus“ profitieren.

Unnötige Bürokratie abbauen – Mittelstand entlasten

Unsere Gesellschaft braucht klare Regeln. Unnötige Bürokratie hingegen werden wir abschaffen. Unternehmen sollen sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können und nicht auf das Ausfüllen von Formularen. Gerade kleine und mittlere Unternehmen sowie Selbstständige trifft unnötige Bürokratie besonders hart. Wir werden Unternehmen von Statistik-, Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten befreien. Ein gutes Beispiel für Bürokratieentlastung und Investitionserleichterung ist die von uns durchgesetzte Erhöhung der steuerlichen Sofortabschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter.

Die meisten Behördengänge sollen sich in Zukunft auch online erledigen lassen. Daher wollen wir für eine schnelle Umsetzung der Digitalisierung in der Verwaltung sorgen. Diese sorgt einerseits für mehr Benutzerfreundlichkeit für die Bürgerinnen und Bürger. Andererseits kann die Verwaltung selbst durch die Digitalisierung effizienter und fehlerfreier arbeiten. Eine moderne und effiziente Verwaltung wird möglichst viele Dienstleistungen aus einer Hand anbieten. Wir wollen, dass Nutzerinnen und Nutzer sich einfach und sicher mit einer Zugangsberechtigung für alle Verwaltungsdienstleistungen identifizieren können. Niemand soll seine Daten mehrfach übermitteln müssen. Den jeweiligen Bearbeitungsstand der Verwaltung sollen Antragsteller jederzeit nachvollziehen können.

Die DMB-Einschätzung: Mittelstandsfreundlich ist die Abschaffung von unnötiger Bürokratie. Dabei ist die Befreiung der Unternehmen von Statistik-, Buchführungs- und Aufzeichnungspflichten positiv hervorzuheben.

Innovationen und Gründergeist

In Deutschland brauchen wir mehr Bereitschaft für Innovationen und einen noch stärkeren Gründergeist. Junge Unternehmerinnen und Unternehmer, die Startups, tragen dazu bei, dass mutige Ideen zu neuen Geschäftsmodellen führen und attraktive Arbeitsplätze entstehen. In ihnen steckt das Potenzial, den Mittelstand von morgen zu bilden.

Unser Ziel ist es, dass Unternehmen schnell und unbürokratisch gegründet werden können. Wir wollen, dass Firmengründer alle Fragen aus einer Hand beantwortet bekommen. Vor allem E-Government-Lösungen ermöglichen zielgenaue Beratung und erleichtern den Einstieg ins neue Geschäft. Oft scheitern kleine und mittlere Unternehmen an den bürokratischen Hürden für Förderprogramme. Deshalb werden wir die Antragstellung vereinfachen, damit Unternehmensgründer einfach und schnell Unterstützung bekommen und sich voll auf ihr Geschäftsmodell konzentrieren können. Zudem werden wir die Rahmenbedingungen für Wagniskapital weiter verbessern.

Hochschulen sind seit jeher ein wichtiger Ort für Innovationen. Mit einer Kultur des Mutes wollen wir junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler dafür begeistern, Unternehmen zu gründen. Dazu muss das Thema Unternehmensgründungen stärker in der Lehre verankert und müssen Gründungsfreisemester für Studierende ermöglicht werden. Auch Beschäftigte an Hochschulen sollen ein Recht auf ein „Gründer-Sabbatical“ bekommen.

Obwohl Frauen heute so gut ausgebildet sind wie nie zuvor, gründen sie nur knapp drei von zehn Unternehmen. Unser Ziel ist es, Frauen dabei zu unterstützen, öfter Unternehmen zu gründen. Die Förderung von Existenzgründerinnen und selbstständigen Frauen bringt mehr wirtschaftliches Wachstum, eine Steigerung der Innovations- und Wettbewerbsfähigkeit sowie mehr Chancengleichheit und Gleichstellung im Erwerbsleben. Deshalb wollen wir mehr Frauen als Gründerinnen fördern, unter anderem durch einen besseren Zugang zu Gründungskapital und eine auf ihre Bedürfnisse angepasste Beratung und Unterstützung. Außerdem wollen wir Gründungen von Menschen mit Migrationshintergrund und Menschen mit Behinderungen unterstützen. Scheitern darf nicht das Ende für Gründerinnen und Gründer bedeuten. Wir wollen eine Kultur der „nächsten Chance“ etablieren und in diesem Sinne auch das Insolvenzrecht überprüfen.

Wir stärken Genossenschaften! Denn sie sind eine krisenfeste Unternehmensform in den unterschiedlichsten Wirtschaftsbereichen. Dazu benötigen wir Förderprogramme, die eine starke Mitgliederbeteiligung unterstützen und kleineren Genossenschaften Orientierungshilfen bieten.
 

Die DMB-Einschätzung: Die Möglichkeit zu einer schnelleren und unbürokratischeren Unternehmensgründung fördert Neugründungen kleiner und mittelständischer Unternehmen. Positiv zu bewerten ist ebenfalls, dass das Gründen auch an den innovativen Hochschulen bereits verankert wird und die Gleichstellung durch Förderung von Frauen als Existenzgründerinnen unterstützt wird.

Quelle: SPD, Programm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands zur Bundestagswahl 2017