LandInForm: Corona ist der Kipppunkt für die Digitalisierung
Zum Fokusthema der kommenden Ausgabe:
Neues Arbeiten auf dem Land
Marc S. Tenbieg ist geschäftsführender Vorstand des Deutschen Mittelstands-Bunds (DMB), der als branchenübergreifender Verband die Interessen von etwa 21 000 kleinen und mittelständischen Unternehmen mit insgesamt über 500 000 Beschäftigten vertritt.
Der Mittelstand und der ländliche Raum sind untrennbar miteinander verbunden. Die Unternehmensstruktur in ländlichen Regionen ist nahezu ausschließlich mittelständisch geprägt. Auf dem Land arbeiten drei von vier Beschäftigten in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Zukunftsfähige ländliche Regionen hängen maßgeblich mit einem starken Mittelstand vor Ort zusammen.
Doch gerade diese Unternehmen drohen abgehängt zu werden – vor allem bei der Digitalisierung. Wie unter einem Brennglas zeigt die Corona-Krise die digitale Spaltung zwischen Land und Stadt auf: Quasi über Nacht haben Konzerne in den Metropolregionen ihre Mitarbeiter ins Home-Office geschickt. In ländlichen Gebieten fehlt dafür oft schlichtweg die nötige Infrastruktur. Die Automatisierung und Vernetzung der Produktion, die Dezentralisierung und Digitalisierung von Arbeitsprozessen – das alles sind Themen, die sowohl für Unternehmen als auch für Fachkräfte immer wichtiger werden, aber allesamt zunächst einmal einen Breitbandanschluss voraussetzen.
Schaut man auf den Breitbandatlas des Bundesverkehrsministeriums zeigt sich jedoch, dass der ländliche Raum zahlreiche „weiße Flecken“ aufweist. Der flächendeckende Ausbau digitaler Infrastruktur ist dabei eine notwendige Bedingung, um ländliche Regionen zukunftsfähig aufzustellen und derzeitige Versorgungslücken zu schließen. Vernetzte Mobilität, Telemedizin und die digitale Verwaltung sind da nur ein paar Beispiele, wie strukturelle Nachteile ländlicher Regionen ausgeglichen und die Herausforderungen des demografischen Wandels abgefedert werden können. Zukunftsfähiges und damit „neues“ Arbeiten auf dem Land setzt digitale Infrastruktur ohnehin voraus.
In der Corona-Krise steckt mehr als nur eine Chance: Das „Zukunftspaket“ der Bundesregierung, welches eine Investitionsoffensive in die Digitalisierung vorsieht, ist ein Kipppunkt für die Zukunftsfähigkeit des ländlichen Raums. Das Paket bietet die Chance, ländliche Regionen fit für die Zukunft zu machen und dringend benötigte Modernisierungen endlich in voller Konsequenz umzusetzen. Sollte diese Chance allerdings verpasst werden, wird die Wettbewerbsfähigkeit nachhaltig geschwächt und der Anschluss an Metropolregionen geht über kurz oder lang verloren.Von daher müssen – anders als in den vergangenen Jahren – nun auf große Ankündigungen auch endlich Taten folgen. Ein klarer Fahrplan mit verbindlichen Ausbauzielen wird benötigt, der den ländlichen Raum in den Mittelpunkt der Planung stellt. Zudem müssen Antragsverfahren beschleunigt und entbürokratisiert, die Förderkulisse für digitale Infrastrukturprojekte vereinfacht werden. Der Mittelstand und der ländliche Raum sind untrennbar miteinander verbunden – in der Digitalisierung entscheidet sich die Zukunftsfähigkeit dieser Verbundenheit.
Quellen- und Autorenangaben
Autor
Marc S. Tenbieg (Gastkommentar / Position)
Quelle
LandInForm | Magazin für Ländliche Räume | Ausgabe 3.20
Veröffentlichungsdatum: 04.09.2020
Link zur Vollausgabe des Magazins (Seite 49)