14.12.2023Interview

"In der professionellen Kommunikation stark sein"

Auf einer internationalen Messe wird deutlich, wie wichtig es ist, auf Englisch professionell kommunizieren zu können.

DMB-Mitglied Brigitte Werthschulte gibt seit über 25 Jahren Englischunterricht für Berufstätige. Daher weiß sie, dass im beruflichen Kontext Sprachfähigkeiten gefragt sind, die bei vielen Beschäftigten über ihre während der Schulzeit erlernten Sprachkenntnisse hinausgehen. Welche Fähigkeiten dies sind und wie sich die eigenen Sprachkenntnisse im Alltag verbessern lassen, unter anderem darauf gibt die ausgebildete Fremdsprachenkorrespondentin in diesem Interview Antworten.

Frau Werthschulte, was hat Sie dazu bewogen, Businessenglisch zu unterrichten?

Brigitte Werthschulte: Ich wollte schon als Kind Lehrerin werden. Nach der Realschule habe ich eine Ausbildung zur Industriekauffrau gemacht und an der Abendschule Businessenglisch gelernt. In meinem Berufsleben habe ich die meisten attraktiven Stellen aufgrund meiner sprachlichen Qualifikation erhalten. Bereits in meiner Schulzeit habe ich nebenbei Englisch unterrichtet, und als ich schließlich Mutter wurde, habe ich mich kurz darauf entschlossen, meine Leidenschaft Englisch zu unterrichten, hauptberuflich auszuüben und auch nach über 25 Jahren weiß ich, dass es die richtige Entscheidung war. Zu meinen Auftraggebern zählen renommierte und international tätige Firmen und seit 2007 der Arbeitgeberverband.

Durch die Globalisierung und das Internet wird die englische Sprache für immer mehr Menschen zu einem Teil ihres Alltags. Beobachten Sie bei Ihren Schülern, dass sich das Sprachniveau verbessert hat?

Bei meinen Schülern nehme ich große Unterschiede im Sprachniveau wahr. Viele beherrschen die englische Sprache bereits gut, bei anderen sind die Fähigkeiten aber geringer. Wer sich im Alltag auf Englisch verständigen kann, beherrscht noch lange nicht die Sprachkenntnisse, die in der internationalen Arbeits- und Geschäftswelt gefragt sind. Ein Beispiel hierzu: die Ausdrucksweise englischer Muttersprachler ist höflicher und sie formulieren auch nicht so direkt, wie wir das in der deutschen Sprache tun würden.

Warum ist es für Beschäftigte, die im internationalen Kontext tätig sind, wichtig, Businessenglisch zu beherrschen?

Der Eindruck, den man bei internationalen Geschäftspartnern hinterlässt, wird wesentlich durch die Kommunikation geprägt. Um höflich und professionell aufzutreten, reicht das Schulenglisch meistens nicht aus. Nach dem Unterricht bei mir fällt meinen Schülern rasch auf, wie vorteilhaft eine solch professionalisierte Sprache im Berufsleben ist. Wenn sie dann geschäftlich ins Ausland reisen oder auf einer Messe sind, merken sie, dass es einen Unterschied macht, auch in der professionellen Kommunikation stark zu sein. Dann kehren sie mit einem unglaublich guten Gefühl zurück.

Wie kann man sich eine typische Unterrichtsstunde bei Ihnen vorstellen?

Mein erster Grundsatz lautet, aus der Praxis für die Praxis zu unterrichten. Ich selbst musste als Schülerin häufig Aufgaben machen, die mich beim Lernen nicht weitergebracht haben. Mit meinen Schülern möchte ich keine Zeit mit Übungen verschwenden, die ihnen in ihrem Arbeitsalltag nicht helfen. Ich verzichte daher auf herkömmliche Lehrbücher und habe meine gesamten Unterrichtsmaterialien selbst erstellt. Über die Jahre habe ich mein Konzept kontinuierlich verbessert, um die Effektivität des Unterrichts zu steigern. Dabei profitiere ich auch von meiner eigenen beruflichen Erfahrung im Export und als Fremdsprachenkorrespondentin.

In der ersten Unterrichtsstunde starten wir stets mit einer Bedarfsanalyse, um mir ein Bild zu verschaffen, wie gut das Englisch der Schüler ist. Ausgehend davon weiß ich genau, wo ich ansetzen muss. Ich bin im Umgang mit meinen Schülern sehr ehrlich und zeige ihnen klar auf, woran sie arbeiten müssen. Das Spektrum reicht von einfachem berufsspezifischem Vokabeltraining bis hin zu Grammatik-Unterricht mit dem Ziel, die förmliche Ausdrucksweise zu verbessern. Wie ich den Unterricht gestalte, hängt auch von der beruflichen Tätigkeit ab. Ein Techniker, der erklären können muss, wie eine Maschine technisch funktioniert, benötigt andere Vokabeln und Fähigkeiten als eine Person, die im Export arbeitet und Aufträge bestätigen sowie Liefertermine abstimmen muss. Jeder, der bei mir Englisch lernt, bekommt deshalb ein individuell zugeschnittenes Übungsprogramm.

Wie lassen sich die eigenen Englischkenntnisse über den zeitlich begrenzten Unterricht hinaus verbessern?

Meinen Schülern stelle ich eine Vielzahl an Lernangeboten für zuhause zusammen. Dazu gehören Vokabellisten und Grammatikaufgaben, die sie nach ihrem eigenen Interesse durcharbeiten können. Außerdem erhalten sie Audiodateien, mit denen sie lernen können.

Ansonsten empfehle ich grundsätzlich, englische Zeitschriften zu lesen oder englische Podcasts, wie zum Beispiel TED-Talk, zu hören. So nimmt man gehobeneres Englisch wahr und kann sich an verschiedene Akzente gewöhnen. Auch das Schauen von Serien oder Filmen auf Englisch, bei denen man den Inhalt bereits kennt, kann helfen. Man unterschätzt häufig, wie gehoben teilweise auch in Fernsehproduktionen gesprochen wird. Wenn man dabei besonders auf Sprichwörter und Ausdrucksweisen achtet, kann man einiges lernen.

Vielen Dank für das Gespräch, Frau Werthschulte!

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