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Kurz zusammengefasst
Der Bundestag hat auf Initiative der Bundesregierung im Juni 2019 ein Fachkräfteeinwanderungsgesetz verabschiedet, das zum 1. März 2020 in Kraft getreten ist. Das Gesetz soll den Zuzug qualifizierter Einwanderer nach Deutschland vereinfachen und damit dem Fachkräftemangel entgegenwirken.
Der DMB verfolgt die Entwicklung dieses Vorhabens und stellt alle relevanten Hintergrundinformationen bereit.
Die Ereignisse im Detail
Am 1. März 2020 tritt das Fachkräfteeinwanderungsgesetz in Kraft.
Zu den wesentlichen Neuerungen gehören:
- ein einheitlicher Fachkräftebegriff, der Hochschulabsolventen und Beschäftigte mit qualifizierter Berufsausbildung umfasst,
- der Verzicht auf eine Vorrangprüfung bei anerkannter Qualifikation und Arbeitsvertrag,
- der Wegfall der Begrenzung auf Mangelberufe bei qualifizierter Berufsausbildung,
- die Möglichkeit für Fachkräfte mit qualifizierter Berufsausbildung entsprechend der bestehenden Regelung für Hochschulabsolventen für eine befristete Zeit zur Arbeitsplatzsuche nach Deutschland zu kommen (Voraussetzung: deutsche Sprachkenntnisse und Lebensunterhaltssicherung),
- bei Vorliegen eines geprüften ausländischen Abschlusses verbesserte Möglichkeiten zum Aufenthalt für Qualifizierungsmaßnahmen im Inland mit dem Ziel der Anerkennung von beruflichen Qualifikationen, Verfahrensvereinfachungen durch eine Bündelung der Zuständigkeiten bei zentralen Ausländerbehörden und beschleunigte Verfahren für Fachkräfte.
Die Bundesregierung lädt Spitzenvertreter der Wirtschaft und der Gewerkschaften zum Fachkräftegipfel ins Bundeskanzleramt ein. Dort soll darüber diskutiert werden, wie das Fachkräfteeinwanderungsgesetz effektiv in der Praxis umgesetzt werden kann. Die Teilnehmer unterschreiben eine gemeinsame Absichtserklärung zur Förderung der Fachkräftegewinnung aus Drittstaaten.
Nach dem Bundestag billigt auch der Bundesrat das Gesetz.
Bei der Abstimmung über das Fachkräfteeinwanderungsgesetz im Deutschen Bundestag wird das Gesetz mit den Stimmen der Großen Koalition verabschiedet. Insgesamt stimmen 369 Abgeordnete für das Gesetz und 257 dagegen.
Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat veröffentlicht den Referentenentwurf zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz. Dieser stimmt größtenteils mit dem bereits Anfang Okotber 2018 veröffentlichten Eckpunktepapier überein. Ziel des Gesetzes ist die Förderung der gezielten und gesteuerten Zuwanderung aus Drittstaaten. Es soll regeln wer zu Arbeits- und Ausbildungszwecken nach Deutschland einwandern darf.
Der Fokus des Gesetzes liegt auf Arbeitnehmern, die bereits ein Hochschulstudium oder eine Berufsausbildung absolviert haben und denen ein Arbeitsplatzangebot in Deutschland vorliegt. Diese Personen dürfen nach Deutschland einwandern, egal in welchem Beruf sie tätig sind. Die bisherige Konzentration auf Mangelberufe wird damit abgeschafft. Auch die sogenannte Vorrangsprüfung, nach der einheimische Bewerber bei der Besetzung einer offenen Stelle zu bevorzugen sind, entfällt mit dem geplanten Gesetz. Neu ist, dass sich das Gesetz nicht nur an Akademiker, sondern auch an Migranten mit Berufsausbildung richtet.
Eine weitere neue Regelunng sieht vor, dass Fachkräfte, die über eine qualifizierte Berufsausbildung verfügen, sich auch erst in Deutschland innerhalb von sechs Monaten einen Job suchen können. Damit müssen sie nicht bereits vor der Einreise ein Arbeitsangebot vorliegen haben. Allerdings müssen sie eine berufliche Qualifikation und entsprechende Deutschkenntnisse vorweisen können und einen Nachweis erbringen, dass sie ihren Lebensunterhalt selbst bestreiten können. Zusätzlich soll die Anerkennung von ausländischen Abschlüsen vereinfacht werden.
Der von der SPD ursprünglich geforderte Spurwechsel, der vorsieht, dass abgelehnte Asylbewerber in ein Einwanderungsverfahren wechseln können, wurde im Eckpunktepapier des Bundeskabinetts nicht mehr erwähnt. Im Referentenentwurf findet sich nun ein "Spurwechsel light" - die sogenannte "Beschäftigungsduldung" wieder. Damit können abgelehnte Asylbewerber für zwei weitere Jahre gedultet werden, wenn sie einen Job haben. Diese Duldung gilt laut Entwurf für Asylbewerber, die seit mindestens 18 Monaten sozialabgabenpflichtig arbeiten, mindestens 35 Stunden pro Woche beschäftigt sind und seit mindestens zwölf Monaten geduldet werden.
Das Bundeskabinett verabschiedet ein gemeinsam von BMI, BMWi und BMAS erarbeitetes Eckpunktepapier zur Fachkräfteeinwanderung aus Drittstaaten. Der Fachkräftezuzug soll sich am Bedarf der Volkswirtschaft ausrichten und die Qualifikation, das Alter, Sprachkenntnisse, den Nachweis eines konkreten Arbeitsplatzangebotes und die Sicherung des Lebensunterhaltes in angemessener Weise berücksichtigen. Künftig sollen nicht nur Akademiker, sondern auch Fachkräften ohne Hochschulabschluss aus Drittstaaten einwandern können. Sie sollen die Möglichkeit bekommen, für sechs Monate nach Deutschland zu kommen, um sich einen Job zu suchen, für den sie durch ihre Ausbildung qualifiziert sind. Bislang musste immer ein bestehender Arbeitsvertrag nachgewiesen werden.
Weiterhin soll die Beschränkung von qualifizierter Einwanderung auf so genannte Engapssberufe wegfallen. In Zukunft sollen alle Hochschulabsolventen und Fachkräfte mit qualifzierter Berufsausbildung - unabhängig von ihrer Branche - in Deutschland arbeiten können, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Verzichtet werden soll auch auf die Vorrangsprüfung, nach der einheimische Bewerber bei der Besetzung einer offenen Stelle zu bevorzugen sind. Die neuen Möglichkeiten sollen zunächst auf fünf Jahre befristet gelten.
Laut Eckpunktepapier wird es den von der SPD geforderten "Spurwechsel" nicht geben. Dieser sieht vor, dasss sich bereits abgelehnte Asylbewerber über das Zuwanderungsgesetz erneut bewerben können und damit trotz negativem Asylbescheid eine Bleibeperspektive erhalten. In dem Papier heißt es dazu, dass man am Grundsatz der Trennung von Asyl und Erwerbsmigration festhalten werde.
Die Spitzen von CDU, CSU und SPD unterzeichnen in Berlin den Koalitionsvertrag. Darin findet sich ein Bekenntnis zur Einführung eines Regelwerks zur Steuerung von Zuwanderung in den Arbeitsmarkt.
Im Koalitionsvertrag heißt es dazu:
„Deshalb werden wir ein Regelwerk zur Steuerung von Zuwanderung in den Arbeitsmarkt und das damit verbundene Recht des Aufenthalts und der Rückkehr in einem Gesetzeswerk erarbeiten, das sich am Bedarf unserer Volkswirtschaft orientiert. Ein solches Gesetz wird die bereits bestehenden Regelungen zusammenfassen, transparenter machen und, wo nötig, effizienter gestalten. Maßgeblich zu berücksichtigen für den Zuzug nach Deutschland sind der Bedarf unserer Volkswirtschaft, Qualifikation, Alter, Sprache sowie der Nachweis eines konkreten Arbeitsplatzes und die Sicherung des Lebensunterhalts.”
(Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD, Seite 103)
Die SPD-Bundestagsfraktion stellt ihren Entwurf für ein Einwanderungsgesetz zur Gewinnung ausländischer Fachkräfte vor. Geplant ist ein Punktesystem nach kanadischen Vorbild, bei dem in Kategorien wie Qualifikation, Sprachkenntnisse, Alter und Arbeitsangebot Punkte an den Bewerber vergeben werden. Je höher die Punktzahl, desto besser die Chancen auf Einwanderung. Das Asylrecht soll von dem geplanten Gesetz unberührt bleiben. Die Möglichkeit, einen Asylantrag in ein Einwanderungsverfahren umzuwandeln ist nicht vorgesehen.
Eine Umsetzung des SPD-Entwurfs in der 18. Legislaturperiode (2013-2017) scheitert jedoch am Widerstand aus den Reihen der Union.
Worum geht es?
Die Bundesregierung will die Einwanderung nach Deutschland für ausländische Fachkräfte aus Drittstaaten erleichtern, um demografischen Wandel und Fachkräftemangel zu begegnen. Dafür plant sie ein Gesetz zur Steuerung der Zuwanderung in den Arbeitsmarkt. Der Zuzug soll dabei von der Qualifikation des Bewerbers abhängen und sich am Bedarf der deutschen Volkswirtschaft orientieren.
Umsetzung und nächste Schritte
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist am 1. März 2020 in Kraft getreten.
Nächste Schritte: Die neu eingeführten Regelungen zur Arbeitsplatzsuche für Fachkräfte mit Berufsausbildung sowie zur Ausbildungsplatzsuche, zur Anerkennung ausländischer Qualifikationen und zum beschleunigten Fachkräfteverfahren sollen fünf Jahre nach Inkrafttreten evaluiert werden. Einzelne Aspekte der neu eingeführten Regelungen sollen bereits nach zwei Jahren einer Evaluation unterzogen werden.
Warum relevant für den Mittelstand?
Der Mittelstand braucht dringend Fachkräfte. Aufgrund des demografischen Wandels wird der Fachkräftebedarf in Zukunft nicht mehr alleine mit inländischen Bewerbern zu decken sein. Deshalb sind KMU auf eine Erhöhung des Fachkräfteangebots durch den Zuzug qualifizierter Beschäftigter aus dem Ausland angewiesen.
Der DMB-Themenschwerpunkt "Fachkräftemangel im Mittelstand" zeigt Ursachen und Folgen des Fachkräftemangels auf und leitet Handlungsempfehlungen für Politik und Unternehmen ab.
Die DMB-Bewertung
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Die Umsetzung eines Fachkräfteeinwanderungs- gesetzes ist aus Sicht des Mittelstandes begrüßenswert und lange überfällig. Durch dieses Vorhaben wird endlich ein rechtlicher Rahmen geschaffen, um den Zuzug qualifizierter Einwanderer aktiv zu gestalten. Deutschland kann die Gewinnung ausländischer Fachkräfte damit gezielt steuern, was in Zeiten des Fachkräftemangels allen Unternehmen zu Gute kommt. Besonders positiv ist die Tatsache, dass sich das Gesetz nicht nur an Akademiker, sondern auch an Migranten mit qualifizierter Berufsausbildung richtet, da der Bedarf hier in mittelständischen Unternehmen besonders hoch ist.