14.04.2021Fachbeitrag

Update - Export ins Nachbarland

 

Für viele Deutsche ist die Niederlande ein beliebtes und vertrautes Ziel für Touristen oder auch Pendler. Weniger bekannt ist, dass unser Nachbarland zweitwichtigster Handelspartner der Bundesrepublik ist und auch künftig in vielen Branchen einen spannenden Austausch verspricht.

Einige halten es nur für das Land des Käses und der Tulpen – dabei sind die Niederlande ein Hightech-Player par excellence. Vorreiter im Bereich Industrie 4.0. Europäische Spitze beim Thema Künstliche Intelligenz. Weltweite Nummer Eins bei der internationalen und digitalen Vernetzung. Und mit Rang Fünf im Global Innovation Index 2020 eine der innovativsten Volkswirtschaften der Welt.

Zugleich sind unsere Nachbarn aber auch der zweitgrößte Agrarversorger der Welt, eine Handelsnation mit jahrhundertelanger Tradition und eine Volkswirtschaft, in welcher der Dienstleistungssektor aktuell zu den am stärksten wachsenden Branchen gehört. Kurz: Für den vielseitigen deutschen Mittelstand sind die ebenfalls mittelständisch geprägten Niederlande ein sehr interessanter Exportmarkt.

 

Facts & Figures zum deutsch-niederländischen Handel

567 Kilometer lang liegen Deutschland und die Niederlande Seite an Seite. Das entspricht etwa der Strecke zwischen Berlin und München. Aufgrund der geographischen Nähe kommt dem binationalen Handel eine entscheidende Rolle zu. In Zeiten des Brexit umso mehr. Die deutsch-niederländische Handelsbilanz wächst daher kontinuierlich und erreichte 2019 den Rekordwert von mehr als 190 Milliarden Euro. Im Corona-Jahr 2020 wurden immer noch 172 Milliarden gemeinsam erwirtschaftet – der zweithöchste Wert aus deutscher Sicht. 

Trotz des vergleichsweise kleinen Binnenmarkts mit 17,4 Millionen Einwohnern sind die Niederlande der zweitwichtigste Handelspartner Deutschlands – direkt nach China und noch vor den USA. Im Jahr 2020 haben deutsche Unternehmen Waren und Dienstleistungen im Wert von 84,4 Milliarden Euro in den Niederlanden abgesetzt.

Die Spitzenposition bei den deutschen Exporten in die Niederlande nahmen 2020 Maschinen mit einem Wert von 9,5 Milliarden Euro ein. Auf Platz Zwei lagen Brennstoffe mit knapp 9 Milliarden Euro. Dahinter folgen medizinische und pharmazeutische Erzeugnisse (8,5 Mrd. Euro), Kraftfahrzeuge (7 Mrd. Euro) und elektrotechnische Erzeugnisse (7,2 Mrd. Euro).

 

Aktuelle Trendthemen und Branchen mit Potenzial

Die Niederlande und Deutschland sind weltweit führend, wenn es um Hightech-Produkte und -Dienstleistungen geht. Beide Länder stehen vor ähnlichen technologischen Herausforderungen, die viel Potenzial für den Export sowie für binationale Kooperationen bieten. Hier die wichtigsten Herausforderungen im Überblick: 

  • Industrie 4.0

Was die intelligente Vernetzung von Maschinen und Prozessen in der Industrie betrifft, so sind die Niederlande europäischer Vorreiter. Bis Ende 2021 wollen sie das flexibelste und beste digitale Produktionsnetzwerk der Welt errichten. Und das funktioniert nur gemeinsam mit Deutschland, so der Tenor. Technologie und Dienstleistungen sind dabei ebenso gefragt wie die Zusammenarbeit mit dem starken deutschen Maschinenbau sowie dem produzierenden Gewerbe.

Für deutsche Unternehmen interessant zu wissen: Obwohl die Niederlande im Bereich Smart Factory Vordenker sind, investieren die Industrieunternehmen im Nachbarland deutlich weniger in die Umsetzung als in Deutschland. Daraus resultiert ein Nachholbedarf bei Robotik- und Automation-Lösungen sowie der intelligenten Produktion. 35 Prozent der niederländischen Unternehmen sehen sich einer Studie der Unternehmensberatung PwC zufolge noch im digitalen Anfangsstadium.

  • Smart Mobility

Mobilität ist der Motor der Wirtschaft und ihr wichtigstes Zukunftsthema – in den Niederlanden genauso wie in Deutschland. Wie können Waren schnell, sicher und umweltfreundlich transportiert werden? Wie kommen Menschen zuverlässig, bequem und möglichst „grün“ von A nach B? Als ein zentrales ökonomisches Innovationsfeld bietet Smart Mobility technologischen Pionieren zahlreiche Möglichkeiten.

Die Themen sind breit gefächert und reichen vom elektrischen Fahren über die Entwicklung alternativer Antriebstechnologien bis zum autonomen Fahren. Auch Lkw Platooning und neue Logistikapplikationen gehören zu den gefragten Lösungen genauso wie Car Sharing oder Ride Hailing via Apps. Eine wichtige Rolle spielen auch Lösungen für das smarte Verkehrsmanagement und den Datenschutz.

  • Nachhaltige Energieversorgung

Weg vom Gas, hin zu den Erneuerbaren. Die Niederlande stehen vor einer großen Energiewende. Bis 2023 sollen 16 Prozent des Energiebedarfs im Nachbarland aus regenerativen Quellen gedeckt werden. Bislang sind es gerade einmal acht Prozent. Allein in den Ausbau der Windenergie investieren die Niederlande in den kommenden neun Jahren 20 Milliarden Euro. Ein lukrativer Markt auch für deutsche Unternehmen, die hier mit ihrer Erfahrung punkten können. Vor allem im Bereich erneuerbare Energien, Energieeffizienz und Energiespeicherung ist deutsches Know-how gefragt. Viele niederländische Betriebe suchen darüber hinaus deutsche Spezialisten als Kooperationspartner.

Auch im Bereich Wasserstoff zeichnen sich Kooperationschancen ab, da beide Länder im Ausbau der Infrastruktur noch am Begin stehen. Ausführliche Informationen hierzu finden Sie im DNHK-Positionspapier Wasserstoff.

  • Kreislaufwirtschaft

Die zirkuläre Ökonomie ist eines der niederländischen Topthemen, das sich durch alle Branchen zieht. Bis 2030 will die Regierung im Nachbarland den Rohstoffverbrauch halbieren und den CO2-Ausstoß deutlich reduzieren. Eine Herausforderung, die im Nachbarland als Innovationstreiber verstanden wird. Gefragt sind Technologien aus den Sektoren Recycling, erneuerbare Energien, zirkuläre Produktionsverfahren, nachhaltiges Produktdesign und nachhaltige Verpackungen.

  • Bau- und Infrastruktur

Die Infrastruktur in den Niederlanden gilt als die beste Europas und die viertbeste der Wert. Dafür investiert die öffentliche Hand kräftig. In den kommenden zehn Jahren werden rund 1.000 Kilometer Straßen neu gebaut. Deutsche Infrastruktur- und Tiefbaubetriebe können von der hohen Nachfrage im Nachbarland profitieren.
Großes Potenzial bietet auch der private Bausektor. Hier punkten deutsche Fachunternehmen mit ihrer Praxis-Erfahrung bei der Energiewende, die in den Niederlanden erst jetzt richtig in Fahrt kommt. Bis 2050 müssen jährlich rund 230.000 Häuser energetisch saniert und vom Gas auf alternative Energiequellen umgerüstet werden. Die Anzahl der einheimischen Fachbetriebe reicht dafür nach Einschätzung der German Trade and Invest (GTAI) nicht aus.

  • Medizintechnik

Die niederländische Medizintechnik gilt als wachstumsstark und zukunftsträchtig. Wachstumstreiber sind der demographische Wandel, Pflegeinnovationen und neue Technologien. Gerade was das Themenfeld E-Health angeht, setzt das Nachbarland europaweit Maßstäbe. Als Wachstumsfelder gelten daher besonders der Einsatz von Nanotechnologie, Robotik, künstlicher Intelligenz, „Blockchain"-Technologie, 3D-Druck sowie Wearables zur Anamnese.


 

    Fünf wichtige Tipps zum Export in die Niederlande

    Obwohl die Niederlande buchstäblich "vor der Haustür" liegen, ist der erfolgreiche Aufbau von Exportaktivitäten von guter Vorbereitung abhängig. Vor dem Einstieg empfehlen wir Ihnen daher, folgende Fragen zu klären:

    1.         Lohnt sich der Schritt ins Ausland?

    Das ist der Fall, wenn

    • der nationale Markt die erforderlichen Absatzsteigerungen nicht mehr gewährleistet,
    • Sie Risiken durch Streuung auf mehreren Märkten verringern wollen oder
    • Ihre Kunden Produkte auf mehreren Märkten benötigen.

    2.         Sind die Niederlande der richtige Markt?

    Lassen Sie unbedingt Ihre Marktchancen professionell untersuchen. Produkte und Dienstleistungen, die in Deutschland gut ankommen, bieten nicht zwangsläufig auch gute Marktperspektiven in den Niederlanden.

    3.         Engagiere ich einen Vertriebspartner oder vertreibe ich die Produkte selbst?

    Lassen Sie sich beraten, welche Form der Marktpräsenz sich für Sie eignet Suchen Sie sich einen Partner, der Sie auch bei der Suche nach Handelsvertretern und Importeuren unterstützen kann.

    4.         Lohnt sich eine Tochtergesellschaft?

    Lassen Sie sich beraten,

    • ob sich der Aufbau einer eigenen Tochtergesellschaft rechnet
    • welche Rechtsform sich empfiehlt und
    • welche rechtlichen und steuerlichen Fragen sie klären sollten.

    5.         Wie soll das Vermarktungskonzept aussehen?

    Suchen Sie sich professionelle Unterstützung von PR- und Marketingagenturen mit Marktkenntnissen in den Niederlanden.

     

    Teil III der Beitragsserie "Markteinstieg in den Niederlande"

     

     

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