19.05.2020Interview

„Wir brauchen regionale Konjunkturhilfen für besonders betroffene Branchen“

Die Corona-Krise stellt die Arbeitswelt vieler Unternehmer auf den Kopf. Der DMB will den Problemen seiner Mitglieder Gehör verschaffen und fragt nach, wie es den Mitgliedern geht, ob die Hilfen von Bund und Ländern ankommen und wie die eigene Perspektive eingeschätzt wird.

In diesem Interview berichtet der Unternehmer Thomas Trommelschläger von persönlichen Erfahrungen in der Corona-Krise, neuen Lösungswegen und seinen Erwartungen an ein staatliches Konjunkturprogramm.

 

Die Stimmung der mittelständischen Unternehmen verschlechtert sich zusehends in der Corona-Krise. Wie geht es Ihnen in der Krise?

Zunächst einmal geht es mir und meiner Familie gut – wir sind gesund. Die Familie ist das Fundament unseres Unternehmens, deshalb ist das besonders wichtig. Wir können in dieser wirtschaftlichen Krise als Unternehmen nur bestehen, wenn nicht noch eine persönliche Krise hinzukommt. 

Als Händler für Gastronomiemöbel haben die wochenlangen Schließungen im Gastgewerbe aber natürlich direkte Auswirkungen auf unser Geschäft. Bis Mitte März hatten wir noch eine gute Auftragslage und konnten bestehende Aufträge abarbeiten. Im Mai haben wir aber jetzt einen Auftragseinbruch von 75 Prozent zu verzeichnen. Zurzeit ist gerade das Saisongeschäft mit Außenmöbeln betroffen, in dem der Verkauf normalerweise von Anfang März bis Mitte Mai läuft. Diese Umsätze gehen uns verloren und können auch nicht nachgeholt werden. Trotz der Wiedereröffnung von Restaurants und Hotels wird sich die Branche erst langsam erholen. Ich rechne deshalb auch in den nächsten Monaten mit erheblichen Umsatzeinbußen.

 

Die Bundesregierung sowie die Bundesländer bieten eine Reihe an Hilfsmaßnahmen für Selbstständige und Unternehmen an – von Beratungshilfen über Kurzarbeitergeld bis hin zu Wirtschaftsstabilisierungsfonds. Wurden staatliche Hilfen von Ihnen beansprucht?

Ich habe Soforthilfe in Nordrhein-Westfalen beantragt und das Geld auch bereits nach wenigen Tagen erhalten. Das lief schnell und unbürokratisch. Was die Landesregierung da in der Kürze der Zeit auf die Beine gestellt hat, ist wirklich beindruckend.

Aufgrund der Vorlaufzeit der Bestellungen und alter Aufträge, die wir noch abarbeiten konnten, kommt das große Auftragsloch erst jetzt richtig bei uns an. Deshalb könnte Kurzarbeitergeld auch bald ein Thema für unser Unternehmen werden. 

 

Immer häufiger hört man von innovativen Problemlösungen mittelständischer Unternehmer und Solo-Selbständiger. Sind Sie in der Krise neue Wege gegangen?

Anstatt im Vertrieb und in der Auftragsabwicklung Däumchen zu drehen, haben wir die Dinge in die Hand genommen und uns überlegt, welche Vertriebskanäle wir noch nicht bedienen. In der Folge haben wir einen Online Shop für unsere Möbel eingerichtet. So kann sich der Kunde unsere Produkte trotz Kontaktbeschränkungen bereits im Vorfeld ansehen. Außerdem habe wir unser Marketingangebot erweitert und einen Newsletter sowie einen YouTube-Kanal eingerichtet, um den Kontakt zu unseren Kunden aufrecht zu erhalten.

 

Der Mittelstand sehnt sich nach einem Fahrplan, nach einer Perspektive. Wie wichtig ist diese für Sie und welche weiteren Hilfen erwarten Sie von der Bundesregierung?

Da habe ich eine klare Erwartungshaltung. Wir brauchen Konjunkturhilfen für besonders betroffene Branchen, wie etwa Gastronomie, Tourismus oder Messebau und deren Zulieferer. Diese sollten allerdings an die Bedingung geknüpft sein, dass das Geld auch regional investiert werden muss. Es bringt uns nichts, wenn mit den Finanzhilfen Billigimporte aus Übersee oder Waren bei in Steueroasen ansässigen Großkonzernen bestellt werden. Das hilft unserer Region nicht und dem Staat letztendlich auch nicht. Wenn der Staat Steuergeld ausgibt, muss dafür gesorgt werden, dass das Geld regional investiert wird - nur so kann es auch wieder über Steuereinnahmen zurückfließen. Gerade für mittelständische Unternehmen wie uns, die lokal verwurzelt sind, ist diese Stärkung der regionalen Wirtschaft besonders wichtig.

Ein solches Investitionsprogramm würde uns eine klare Perspektive geben. Wir haben uns in den letzten Jahren Rücklagen erarbeitet, die wir jetzt in die Waagschale werfen. Mit der Aussicht auf finanzielle Kaufanreize oder Investitionszuschüsse würde uns die Entscheidung leichter fallen, wieder in die Zukunft zu investieren. Das hat einen wichtigen psychologischen Effekt.

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