Internationaler Rechtskommentar:
Frankreich: Reform der Einkommenssteuer in Frankreich
Rechtskommentar:
Einführung der Quellenbesteuerung
Mitte November 2016 wurde nach langen Debatten und Diskussionen eine Reform der Einkommenssteuer entschieden: die Einführung einer Quellenbesteuerung.
Bisher wird die Steuer jeweils im Jahr nach der Auszahlung des Einkommens berechnet und bezahlt. Nun soll ab dem 1. Januar 2018 eine Quellenbesteuerung eingeführt werden, was zu viel Ungewissheit führt…
Heutige Situation
In Frankreich wird die Einkommenssteuer nicht pro Person, sondern pro „foyer fiscal“, d.h. für jeden steuerrechtlichen Haushalt berechnet. Ein solcher „Haushalt“ besteht aus einer Person, dessen Ehepartner oder Partner eine registrierten Lebensgemeinschaft, den minderjährigen Kindern (oder den Kindern bis 25 Jahren, insofern diese noch in der Ausbildung sind). Das gesamte Einkommen der Personen dieses Haushalts wird gemeinsam erklärt, und global versteuert.
Das Einkommen eines jeden Jahres wird derzeit im April des nächsten Jahres bei der Steuerbehörde angemeldet.
Die Bezahlung der Steuer erfolgt für das erste Berufsjahr im September/Oktober des Folgejahres, für deren gesamten Betrag.
Ab dem zweiten Berufsjahr werden monatliche oder Quartal-Anzahlungen auf der Basis des vorherigen Jahres eingezogen. Die endgültige Steuer wird wieder im nächsten Jahr berechnet, mit einer Ausgleichsrechnung im September/Oktober, zwischen den bereits bezahlten Anzahlungen und der letztendlich geschuldeten Steuer.
Der Steuersatz wird aufgrund der Höhe der gesamten Einkommen des Haushalts, sowie dessen Zusammenstellung berechnet (die Steuersätze gehen von 14% für ein Einkommen zwischen 9 710 € bis 26.818 €, bis 45% für Einkommen über 152.260 €).
Warum eine Reform?
Wie soeben beschrieben, wird heute die Steuer eines Jahres erst im Frühling des nächsten Jahres angemeldet, und erst Ende Jahres bezahlt.
Zum Beispiel bezahlen französische Personen heute, Anfang 2017, die Anzahlung ihrer Steuer des Einkommens 2016, berechnet auf der Basis des Einkommens 2015. Erst im Herbst 2017 wird die genaue Einkommens-steuer für 2016 berechnet.
Dies kann bei Situationswechseln der Steuerzahler (Scheidung, Kündigung, Tod…) zu Komplikationen führen, da die Steuer sich nur schwer anpassen lässt. Zum Beispiel muss heute die Familie eines Verstorbenen im Jahre nach seinem Tod dessen letzte Steuer zahlen.
Dank der Reform, wird die zu bezahlende Steuer schneller an die finanzielle Lage der Personen angepasst.
Zudem soll diese Art der Besteuerung langfristig zu einer Reduzierung der Kosten der Steuerbehörde führen, sowie zu einer höheren Sicherheit der Eintreibung der Steuer.
Die geplante Reform – Quellenbesteuerung ab dem 1. Januar 2018
Das Prinzip der Reform erscheint nicht besonders kompliziert, da die Quellenbesteuerung selbstverständlich bereits in vielen Ländern existiert.
Im Falle eines Überganges zur Quellenbesteuerung stellen sich in Frankreich jedoch einige grundlegenden Fragen:
- Was wird aus dem Steuerjahr 2017?
Wie oben geschildert, bezahlen die französischen Steuerzahler im gesamten Jahr 2017 ihre Einkommenssteuer auf das Einkommen 2016.
Ab dem 1. Januar 2018 wird das Einkommen 2018 versteuert.
Da eine „Doppelbesteuerung“ nicht in Frage kommen konnte (Bezahlung im Jahr 2018 der Einkommenssteuer 2017 und 2018…), wurde entschieden dass 2017 eine „année blanche“ würde, d.h. ein unversteuertes Jahr.
Einige Personen könnten natürlich dazu neigen, so viel Einkommen wie möglich auf das Jahr 2017 übertragen. Um dies zu vermeiden, muss das Einkommen 2017 wie bisher erklärt werden. Sollte die Steuerbehörde eine Abweichung zu den anderen Jahren feststellen, würde diese natürlich zusätzlich versteuert.
- Welche Einkommen sind betroffen?
Es handelt sich sowohl um Gehälter, als auch um Unterhaltsgeld, und um Einkommen aus Grund und Boden.
In einigen Fällen wird die Steuer direkt von dem Steuerzahler überwiesen, in anderen Fällen von einem Dritten. Bei einem Arbeitsverhältnis ist dieser Dritte der Arbeitgeber.
Hier stellt sich für die Franzosen das wohl größte Problem: da nicht die einzelne Person, sondern der Haushalt besteuert wird, bedeutet dies dass der Arbeitgeber indirekt über die persönliche Situation der Arbeitnehmer informiert wird.
Auch wenn der Arbeitgeber von der Steuerbehörde nur den anzuwendenden Steuersatz erhält, lässt dieser manchmal einige Schlussfolgerungen zu:
Beträgt zum Beispiel der Steuersatz einer Person 45%, obwohl deren Gehalt gering ist, kann man daraus schließen dass diese Person oder deren Partner über weitere hohe Einkommen verfügt.
Die Gegner der Reform lassen hier unter anderem anklingen, dass dies zu Diskriminierungen führen könnte (z.B. keine Gehaltserhöhung für Personen mit hohem Steuersatz, da diese es sichtlich „nicht nötig haben“…).
- Anwendung für im Ausland ansässige Personen
Im Ausland ansässige Personen mit französischem Einkommen werden bereits an der Quelle besteuert.
Die Reform hat hier also keine direkte Auswirkung. Dennoch wurde eine Ergänzung des Gesetzestextes in Erwägung gezogen, was deren Besteuerung des Jahres 2017 betrifft.
Da in Frankreich ansässige Steuerzahler für dieses Jahr generell keine Steuern zahlen werden, soll dies auch für die im Ausland ansässigen Personen der Fall sein, um die Gleichstellung vor der Steuer zu wahren.
Wird diese Reform auch wirklich umgesetzt?
Nachdem die Reform der Einkommenssteuer zu langen Debatten geführt hat, und letztendlich von dem heutigen Parlament verabschiedet wurde, stellt sich die Frage deren konkreter Durchsetzung.
Einige Kandidaten der Wahlen, welche bekanntlich dieses Jahr in Frankreich stattfinden, haben sich bereits gegen die Reform ausgesprochen.
Es ist also gut möglich, dass in einigen Monaten entschieden wird, dass alles beim Alten bleibt…
Autorin: Natalie Parnière | Avocat
Kanzlei BIA Avocats, Montpellier/Frankreich