24.07.2023Fachbeitrag

Neue Arbeitswelt

Die Gestaltung der Arbeitsumgebung von morgen wird durch verschiedene technische und gesellschaftliche Entwicklungen geprägt.

Corona-Pandemie, Digitalisierung und der demographische Wandel sorgen dafür, dass sich die Arbeitswelt verändert. Viele Unternehmen überlegen, wie sie dem gerecht werden können und nutzen daher bereits heute in ihren Prozessen einzelne Aspekte von New Work. Damit die Ansätze von New Work aber ihre gewünschte Wirkung entfalten können, müssen auch die Strukturen und die Kultur im Unternehmen damit in Einklang stehen.  

Unsere Arbeitswelt befindet sich durch technologische und gesellschaftliche Entwicklungen in einem Wandel. Die Corona-Pandemie zwang Arbeitgeber und somit auch kleine und mittlere Unternehmen (KMU) dazu, ihre Beschäftigten aus dem Homeoffice arbeiten zu lassen, sofern deren Tätigkeit dies zuließ. In jenen Unternehmen, in denen eine solche Flexibilität des Arbeitsortes bis zu diesem Zeitpunkt noch unüblich gewesen war, sorgte dies oft für positive Erfahrungen und die Beschäftigten lernten Vorteile daran zu schätzen, wie zum Beispiel Zeitersparnis aufgrund des wegfallenden Arbeitsweges. Vielen Arbeitnehmern kam dies auch einer besseren Vereinbarkeit ihrer beruflichen und privaten Verpflichtungen entgegen, sodass der Wunsch nach flexiblen Arbeitsmodellen bei vielen Beschäftigten auch über die Zeit der Corona-Pandemie hinaus geblieben ist. Zahlen des Immobilienberaters Jones Lang LaSalle (JLL) zeigten kürzlich, dass die Neuvermietung von Büros im ersten Halbjahr 2023 um 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken ist. Neben einer Konjunkturflaute sei auch das vermehrte Arbeiten im Homeoffice ein Grund für diesen Rückgang.

Wertewandel bei jüngeren Arbeitnehmern

In den kommenden Jahren verlassen die geburtenstarken Jahrgänge der sogenannten Babyboomer-Generation nach und nach den Arbeitsmarkt. Ihnen folgen jüngere Generationen nach, für die ein hohes Einkommen und Status häufig nicht mehr so eine wichtige Rolle für die berufliche Zufriedenheit spielen, sondern viel mehr der Sinn ihrer Tätigkeit und die Möglichkeit, die eigene Arbeit und deren Bedingungen selbstbestimmt zu gestalten. Da aufgrund des demographischen Wandels künftig aber in vielen Branchen Fachkräftelücken entstehen, dürften für Arbeitgeber flexible Arbeits- und Arbeitszeitmodelle im Wettbewerb um Fachkräfte eine wichtige Bedeutung erlangen.

Digitalisierung als ein Treiber des Wandels

Dass flexibleres Arbeiten aus dem Homeoffice, einem Co-Working-Space oder sogar aus dem Ausland (sogenannte Workation) überhaupt möglich geworden ist, ist der voranschreitenden Digitalisierung zu verdanken. Sie ermöglicht nicht nur, dass Beschäftigte durch Laptops, Smartphones und andere digitale Geräte zu jeder Tageszeit und von jedem Ort aus arbeiten und sich miteinander vernetzen können. Durch neuere Entwicklungen wie der Künstlichen Intelligenz können künftig immer mehr Tätigkeiten automatisiert werden und sich so ganze Aufgabenprofile verschiedener Berufe verändern. Die Digitalisierung hat auch die Entstehung und Verarbeitung von Informationen verändert. Lerncoach und DMB-Mitglied Andreas Hensing weist in einem DMB-Interview daraufhin, dass sich die Entstehung von Wissen und Innovationen in der Vergangenheit exponentiell beschleunigt hat. Demnach hat es von Beginn der Menschheit bis zum Jahr 2003 gedauert, eine Informationsmenge von fünf Exabyte zu generieren. Die gleiche Menge an Informationen sei dann im Jahr 2010 in ca. zehn Tagen generiert worden und im Jahr 2014 habe dies nur zehn Minuten gedauert. Dadurch hat sich auch die Halbwertszeit von Wissen exponentiell verringert. Um dem Rechnung zu tragen und innovativ sowie wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen Unternehmen eine Kultur des Lebenslangen Lernens etablieren und Beschäftigte sowie Führungskräfte nicht nur offen für Veränderung sein, sondern auch die Bereitschaft mitbringen, sich regelmäßig weiterzubilden.

New Work

In der öffentlichen Berichterstattung begegnet einem zum Thema, wie die Arbeitswelt von morgen vor dem Hintergrund dieser technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen gestaltet werden kann, der Begriff „New Work“, zu Deutsch: Neue Arbeit. Das Konzept von New Work wurde durch den österreichisch-amerikanischen Sozialphilosophen Frithjof Bergmann in den 1970er Jahren geprägt, der eine Reaktion auf die Veränderungen der Arbeitswelt in Folge der industriellen Revolution suchte.Auch wenn mit dem Konzept von New Work nicht alle herkömmlichen Systeme und Prinzipien der Arbeitswelt beseitigt werden sollen, so beschreibt es doch einen Paradigmenwechsel sowie einen strukturellen Wandel der Arbeitswelt. „New Work ist ein Konzept, das sich auf eine moderne Arbeitsweise und -kultur bezieht. Es geht darum, Arbeit und Leben in Einklang zu bringen und den Mitarbeitern mehr Freiheit und Selbstbestimmung zu geben. Zu den Merkmalen von New Work gehören unter anderem flexible Arbeitszeiten, mobiles Arbeiten, flache Hierarchien, eine offene Kommunikation und eine stärkere Einbindung der Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse. Es geht auch darum, die individuellen Stärken und Fähigkeiten der Mitarbeiter zu fördern und zu nutzen, um eine höhere Arbeitszufriedenheit und -produktivität zu erreichen. New Work ist somit ein Ansatz, der auf die Bedürfnisse und Wünsche der Mitarbeiter eingeht und eine moderne Arbeitskultur fördert.“ Diese Antwort erhält man, wenn man das auf künstlicher Intelligenz beruhende Programm ChatGPT nach einer Definition von New Work fragt.

Mehr Schein als Sein?

Zahlreiche Unternehmen haben mit flexiblen Arbeitsmodellen wie zum Beispiel offenen Bürokonzepten, Homeoffice oder Workation sowie flexiblen Arbeitszeiten oder agilem Projektmanagement bereits einzelne Aspekte von New Work in ihre Arbeits- und Produktionsprozesse integriert. Aus der im vorherigen Absatz angeführten Definition geht allerdings hervor, dass daneben auch flache Hierarchien, eine offene Kommunikation sowie eine intensivere Einbindung der Mitarbeiter in Entscheidungsprozesse charakteristisch für New Work sind. Damit einzelne Tools und Aspekte von New Work aber auch tatsächlich ihre gewünschte Wirkung entfalten, ist es erforderlich, dass im Unternehmen eine entsprechende Kultur herrscht, die Beschäftigten und Führungskräften tatsächlich mehr Flexibilität und Selbstbestimmung ermöglicht. Denn wenn die Lösungen zur Gestaltung der Arbeitswelt von morgen nicht mit den entsprechenden Strukturen und dem in der Firma gelebten Führungsstil zusammenpassen, verkommen Begriffe wie New Work zu leeren Worthülsen.

Dieser Beitrag ist Teil von Mittelstand WISSEN zum Thema "Arbeitswelt von morgen".

 

Mehr zu diesen Themen