20.11.2023Fachbeitrag

Übergabeprozess: eine emotionale Herausforderung

Die Planungen für eine Nachfolgelösung bei Unternehmen sollten so früh wie möglich gestartet werden.

 

Eine Unternehmensnachfolge ist ein einschneidender Prozess, der mit zahlreichen Emotionen und komplexen Fragen verbunden ist. Für die Mehrheit der Unternehmenseigentümerinnen und -eigentümer stellt dieser Vorgang eine einmalige Lebenssituation dar, die nicht nur wirtschaftliche, sondern auch persönliche Aspekte miteinander verknüpft. Ein erfolgreicher Prozess, der über mehrere Jahre hinweg abläuft und mehrere Phasen umfasst, erfordert klare Strukturen und eine professionelle Kommunikation, um die Herausforderungen erfolgreich bewältigen zu können.

 

Unternehmensnachfolgen sind kein homogener Prozess, sondern sind vielmehr durch einen facettenreichen Ablauf gekennzeichnet, der von vielen unterschiedlichen Faktoren beeinflusst wird. Dabei ist es von zentraler Bedeutung, welcher Typus der Nachfolge angestrebt wird. Grundsätzlich lassen sich drei Haupttypen unterscheiden: die familieninterne Nachfolge, die Nachfolge innerhalb des Betriebes durch ehemalige Beschäftigte und der Verkauf an externe Investoren oder Unternehmen.

Im Fall der familieninternen Nachfolge ist die Komplexität besonders hoch, da sowohl der berufliche als auch der familiäre Kontext ineinandergreifen. Fragen nach der zukünftigen Eigentümerschaft und der operativen Führung stehen im Raum. Die Vermischung von familiären und unternehmerischen Themen kann zu besonderen Herausforderungen führen, birgt aber auch Chancen in sich. Die Übertragung innerhalb des Betriebes durch ehemalige Beschäftigte ist ebenfalls komplex, da historische Beziehungen und Rollenwechsel im Unternehmen berücksichtigt werden müssen. Hierbei entstehen oft persönliche Betroffenheiten, die in die Planung miteinbezogen werden müssen. Der Verkauf an externe Investoren mag auf den ersten Blick einfacher erscheinen, birgt jedoch ebenfalls zahlreiche Fragen und Unsicherheiten, die den Fortbestand des Unternehmens beeinflussen können. Der Nachfolgeprozess unabhängig vom Modell lässt sich in verschiedene Phasen unterteilen, die eine strukturierte Vorgehensweise ermöglichen.

 

 

Das Phasenmodell sieht vor, dass die Protagonisten innerhalb des Prozesses durchaus auch wieder in Phasen, die sie bereits durchlaufen haben, zurückfallen können. Dies kann z.B. durch persönliche Schicksalsschläge oder andere zufällige Ereignisse eintreten. Dies ist nicht problematisch, solange Protagonisten dies in die Planung miteinbeziehen. Die Übergebenden setzen die festgelegten Übergabeschritte um, übergeben Aufgaben und Verantwortlichkeiten an die Nachfolgenden und sorgen dafür, dass der Übergang reibungslos verläuft. Sie stehen den Nachfolgenden als Unterstützung zur Seite und helfen bei der Bewältigung möglicher Herausforderungen.

Die Vorbereitungsphase markiert dabei den Anfang des Prozesses und beinhaltet die individuelle Auseinandersetzung mit der eigenen Positionierung sowie den Grundfragen des Prozesses. Wann soll der Prozess beginnen? Welche Ziele werden angestrebt? Wer sind potenzielle Nachfolger? Die Vertiefungsphase stellt die nächste Stufe dar und beinhaltet bereits konkretere Überlegungen zur Umsetzung. Die Übergebenden setzen sich mit dem tatsächlichen Ausstieg auseinander, während die Nachfolgenden ihre Visionen für die Zukunft des Unternehmens entwickeln. Hierbei ist die gemeinsame Abstimmung der Vorstellungen von großer Bedeutung, um Hindernisse in der Kommunikation zu lösen.

 

Wie wird der Übergang gestaltet?

Nachdem in den vorherigen Phasen die Grundlagen gelegt und die Visionen und Ziele geklärt wurden, geht es in der Planungsphase nun darum, konkrete Pläne für die Umsetzung der Unternehmensnachfolge zu entwickeln. In dieser Phase stehen operative Aspekte im Vordergrund. Für die Übergebenden stellen sich folgende Leitfragen: Wie wird der Übergang gestaltet? Welche Schritte müssen unternommen werden? In der Durchführungsphase werden die in der Planungsphase entwickelten Pläne und Vereinbarungen umgesetzt. Es geht darum, die Verantwortlichkeiten zu übergeben, die geplanten Schritte auszuführen und die Visionen in die Realität umzusetzen.

Die Abschlussphase bildet den finalen Abschnitt des Nachfolgeprozesses. In dieser Phase wird der Übergang abgeschlossen, und die Verantwortlichkeiten liegen vollständig bei den Nachfolgenden. Es geht darum, den Prozess formell abzuschließen und sicherzustellen, dass alle Aspekte der Übergabe erfolgreich umgesetzt wurden. Für die Übergebenden bedeutet dies, sich von ihrer aktiven Rolle im Unternehmen zu verabschieden und den neuen Nachfolgenden den Raum zu geben, die Geschicke des Unternehmens zu lenken. Dies kann emotional herausfordernd sein, da es oft darum geht, loszulassen und Vertrauen in die nachfolgende Generation zu setzen.

Die potenziellen Nachfolgenden sind nun in der vollständigen Verantwortung und arbeiten daran, die Ziele und Visionen umzusetzen, die sie zu Beginn des Prozesses entwickelt haben. Sie nutzen die Chance, das Unternehmen in ihre gewünschte Richtung zu lenken und weiterzuentwickeln.

 

Erfolgsfaktoren für eine gelungene Nachfolge

Der Nachfolgeprozess wird von verschiedenen Systemen beeinflusst, die eine Wechselwirkung miteinander eingehen. Die familiären, unternehmerischen, finanziellen und weiteren sozialen Systeme spielen eine Rolle und beeinflussen den Prozessverlauf sowie die Entscheidungen der Beteiligten. Ein systemisches Verständnis ermöglicht es, diese Einflüsse zu erkennen und zu berücksichtigen.

Um einen erfolgreichen Nachfolgeprozess zu gewährleisten, lohnt es sich,  u.a. folgende Schlüsselfaktoren zu beachten:

  1. Klare Kommunikation: Offene und transparente Kommunikation zwischen den Beteiligten ist unverzichtbar, um Missverständnisse und Unsicherheiten zu vermeiden.
  2. Gemeinsame Vision: Übergebende und Nachfolgende befinden sich im Austausch über ihre jeweilige Vision der Zukunft des Unternehmens und gründen daraus eine gemeinsame Handlungsbasis.
  3. Professionelle Begleitung: Die Unterstützung durch Experten, die mit den Herausforderungen der Nachfolge vertraut und auf der Handlungsebene nicht involviert sind, kann den Prozess erheblich erleichtern.
  4. Zeitliche Planung: Ein realistischer Zeitplan ermöglicht es den Beteiligten, sich auf den Prozess einzustellen und schafft Raum für eine gründliche Vorbereitung.
  5. Berücksichtigung persönlicher Bedürfnisse: Sowohl die Übergebenden als auch die Nachfolgenden sollten ihre individuellen Bedürfnisse und Wünsche im Prozess berücksichtigen und aktiv in die Planung einbeziehen.

 

Die Unternehmensnachfolge ist ein komplexer Prozess, der eine sorgfältige Planung und klare Strukturen erfordert. Eine Chance für das Gelingen ist dann gegeben, wenn die Vielschichtigkeit der Nachfolgeprozesse berücksichtigt und die Interessen der beteiligten Akteure in Einklang gebracht werden. Eine erfolgreiche Nachfolge trägt nicht nur zur Kontinuität des Unternehmens bei, sondern schafft auch die Grundlage für eine erfolgreiche Zukunft.

Bei der hohen Dynamik und Komplexität von Nachfolgeprozessen kann es ratsam sein, eine professionelle Begleitung in Anspruch zu nehmen. Der Systemische Ansatz bringt durch seine integrative Kraft eine hohe Konstruktivität in den Prozess ein. Durch ihn können auch Veränderungen, die sich im Zuge eines langwierigen Prozesses berücksichtigt und in die Lösungsentwicklung der Protagonisten eingebaut werden. Um sich grundsätzlich im Regelfall auf einem soliden Fundament zu bewegen, wird in dieser Form der Betrachtung des Nachfolgeprozesses viel Zeit in den Beginn des Prozesses investiert.

 

In einem Hintergrundvideo erhalten DMB-Mitglieder wirksame Praxistipps von dem Fachexperten Harro Engelmann. Zudem haben Mitglieder exklusiven Zugang zu vielen weiteren Fachbeiträgen, Checklisten und Videos im Themenbereich Nachfolge. Das DMB-Fachnetzwerk Nachfolge bietet Mitgliedern eine Plattform für den gegenseitigen Austausch und die Möglichkeit sich mit ausgewiesenen Experten zu vernetzen.

Kontaktieren Sie bei Interesse bitte: Benjamin Schöfer, per E-Mail oder Telefon.

 

 

Dieser Beitrag ist Teil von Mittelstand WISSEN zum Thema "Arbeitswelt von morgen"

Mehr zu diesen Themen