22.02.2016Fachbeitrag

Spanien: Abfindungsfalle befristeter Arbeitsvertrag – Kettenarbeitsverträge nach Rechtsprechung

Rechtskommentar:

 

Bei der Beendigung von befristeten Arbeitsverträgen besteht das Risiko, dass trotz Befristung hohe Abfindungen zu zahlen sind. Eine Befristung kann nach spanischem Arbeitsrecht aus zwei Gründen unwirksam sein.

1. Es mangelt bereits am Grund der Befristung
(Einsatz für bestimmtes Werk, Dienstleistung, Markterfordernisse bzw. Zunahme des Auftragsvolumens).

2. Es handelt sich um einen Kettenarbeitsvertrag.

In beiden Fällen führt der Ausspruch der Beendigung, selbst bei Einhaltung der tarifvertraglich bzw. gesetzlich vorgegebenen Frist, automatisch zur Annahme einer unrechtmäßigen Kündigung und damit zum gesetzlich geregelten Anspruch des Arbeitnehmers auf maximale Abfindung (bis Februar 2012 45 Tage Lohn bzw. 33 Tage Lohn pro Jahr der Betriebszugehörigkeit).

Daher ist vor dem Ausspruch der Beendigung eines befristeten spanischen Arbeitsvertrages äußerste Vorsicht geboten, denn im Gegensatz zum deutschen Recht ist eine Umdeutung der Beendigungserklärung, wie etwa im Fall der kalendermäßig unbestimmten Sachgrundbefristung, bzw. das Nachschieben von Kündigungsgründen im spanischen Arbeitsprozess nicht möglich.

Die Ankündigung der Beendigung kann sogar zu einer nichtigen Kündigung und damit zur Verpflichtung der Wiedereinstellung und Zahlung des entgangenen Lohns gerechnet ab Kündigung führen, wenn die Befristung fehlerhaft und der Arbeitnehmer zudem schutzwürdig war (Betriebsratsmitglieder, Schwangere, Elternzeit usw.). Diese Fälle sind insbesondere im Hinblick auf die Verfahrensdauer der spanischen Arbeitsprozesse risikobehaftet und sorgfältig zu prüfen, denn die Prozessdauer liegt derzeit zwischen 9 – 18 Monaten.

Nach der Legaldefinition des Art. 15 Abs. 5 des im November 2015 reformierten Spanischen Arbeitnehmerstatuts liegt ein Kettenarbeitsvertrag dann vor, wenn der Mitarbeiter in einem Zeitraum von 30 Monaten (2,5 Jahren) mit zwei oder mehr befristeten Arbeitsverträgen direkt oder per Zeitarbeitsfirma im Unternehmen oder einem der Firmengruppe zugehörenden Betrieb beschäftigt war.

Diese Zeitbarriere kann durchbrochen werden. Für die Einschätzung, ob eine Unterbrechung vorliegt, hat die spanische Rechtsprechung das Merkmal der arbeitsrechtlichen Verbundenheit befristeter Verträge entwickelt. Nach der bisherigen Rechtsprechung soll eine solche Unterbrechung dann nicht vorliegen, wenn zwischen befristeten Arbeitsverträgen mehr als 20 Werktage liegen. Diese Auffassung ist durch ein im vorigen Jahr ergangenes Urteil des Obersten Gerichtshofs (Madrid) ins Wanken geraten (Urteil vom 15.05.2015 – Berufungsverfahren Nr. 878/2014). Danach reicht es nicht aus, dass zwischen zwei befristeten Arbeitsverträgen eine angemessene zeitliche Unterbrechung eingetreten ist, sondern der Mitarbeiter muss darüber hinaus einer anderen Tätigkeit, als im vorherigen Arbeitsverhältnis nachgehen (keine Kontinuität des Arbeitsverhältnisses).

Der Unternehmer muss daher den Beweis antreten können, dass es sich bei dem darauffolgenden befristeten Arbeitsvertrag nicht um eine Fortsetzung des alten Arbeitsverhältnisses handelt. Kann er dies nicht, "besteht eine notwendige Einheit arbeitsvertraglicher Verbundenheit" sog. "unidad esencial del vinculo laboral". Für die Berechnung der Abfindung aufgrund unrechtmäßiger Kündigung bedeutet das in diesem Fall die Heranziehung der Zeiten der Betriebszugehörigkeit aller Arbeitsverträge des Mitarbeiters.

Weiteres Kriterium der spanischen Rechtsprechung ist, dass die arbeitsvertragliche Verbundenheit zwischen befristeten Verträgen auch nicht durch das Ausstellen von Abschlussquittungen aufgehoben werden kann.

Fazit:
Um den rechtlichen Folgen einer unrechtmäßigen Kündigung zu entgehen, ist es daher ratsam, einerseits die Rechtmäßigkeit der Gründe der Befristung nachweisen zu können und andererseits das Bestehen eines Kettenarbeitsvertrages auszuschließen.

Autorin:
Sandra Schramm | Abogada

Voelker & Partner, S.L.| Barcelona/Spanien
www.voelker-gruppe.com

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