22.03.2024MonitoringDMB+

Wachstumschancengesetz: Investitionsprämie gestrichen, weitere Änderungen beschlossen

Worum geht es bei dem Vorhaben?

Der Bundestag hat am 17.11.2023 das „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz)“ verabschiedet, dass darauf abzielt, die Herausforderungen der ökonomischen Folgen der Corona-Pandemie, des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, der Dekarbonisierung und des demographischen Wandels anzugehen. Dafür sollen die Rahmenbedingungen von Unternehmen für mehr Wachstum, Investitionen und Innovationen und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands verbessert werden.

Der Bundesrat hat dem Gesetz nach deutlichen Veränderungen über den Vermittlungsausschuss am 22.03.2024 zugestimmt.

Kernstück des Gesetzes: Investitionsprämie wurde gestrichen

Die Prämie sollte darauf abzielen, Investitionen in den Klimaschutz steuerlich zu fördern. Anspruchsberechtigt wären Steuerpflichtige nach Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz gewesen, sofern sie steuerpflichtige Einkünfte erzielen und nicht von der Besteuerung befreit sind. Begünstigt wären die Anschaffung oder Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sowie Maßnahmen an bestehenden beweglichen abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die die Energieeffizienz verbessern und geltende Unionsnormen überbieten. Die Investitionsprämie wurde aufgrund von Finanzierungsfragen gestrichen. Länder und Kommunen waren nicht bereit, die Finanzierung mitzutragen und die Abwicklung der Prämie zu übernehmen.

Weitere Details zur gestrichenen Investitionsprämie:

  • Es muss ein Einsparkonzept mithilfe eines zertifizierten Energieberaters erstellt werden.
  • Die förderfähigen Aufwendungen müssen mindestens 5.000 Euro betragen. Die Bemessungsgrundlage für einen Antrag muss mindestens 10.000 Euro betragen.
  • Die Investitionen müssen im Zeitraum zwischen der Verkündung des Gesetzes und dem 1. Januar 2030 begonnen und abgeschlossen werden. Nach dem 31. Dezember 2029 abgeschlossene Investitionen sind nur begünstigt, soweit vor dem 1. Januar 2030 Teilherstellungskosten entstanden oder Anzahlungen auf Anschaffungskosten geleistet werden.
  • Die Investitionsprämie beträgt 15 Prozent der förderfähigen Aufwendungen, wobei die Bemessungsgrundlage im Förderzeitraum insgesamt maximal 200 Millionen Euro pro Anspruchsberechtigtem beträgt.

 

Nicht begünstigt sind Investitionen

  • für Kraft-Wärme-Kopplung,
  • für Fernwärme und/oder Fernkälte oder
  • für Energieanlagen, die mit fossilen Brennstoffen, einschließlich Erdgas, betrieben werden.

 

Quelle: Regierungsentwurf Wachstumschancengesetz BMF 2023

Laut BMF sind folgende Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit besonders hervorzuheben:

  • Initiale Einführung einer Investitionsprämie für Klimaschutz
  • Wiederermöglichung der degressiven AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter
  • Befristete Einführung einer degressiven AfA für Wohngebäude
  • Stärkung und Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung

Das verabschiedete Wachstumschancengesetz wird die Bemessungsgrenze bei der steuerlichen Forschungszulage von bislang 4 Millionen Euro pro Jahr auf 10 Millionen anheben. In dem Gesetz ist eine Erstattung von 25 Prozent pro Jahr auf förderfähige Anwendungen vorgesehen, wobei KMU eine Erhöhung der Forschungszulagen von weiteren 10 % auf maximal 35 Prozent beantragen können. In der Spitze können KMU eine Erstattung von bis zu 3,5 Millionen Euro erwirken.

  • Verbesserungen des steuerlichen Verlustvortrags
  • Verbesserungen bei den Sofortabschreibungen geringwertiger Wirtschaftsgüter
  • Verbesserungen bei den Sonderabschreibung nach § 7g EStG
  • Änderung bei der Thesaurierungsbegünstigung und Option zur Körperschaftsbesteuerung

Quelle: BMF

Laut BMF sind folgende Maßnahmen im Zusammenhang mit der Modernisierung und Vereinfachung des Steuerrechts besonders hervorzuheben:

  • Anhebung der Grenzen für die Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtigen sowie der Aufbewahrungspflicht bei Überschusseinkünften
  • Befreiung von Kleinunternehmerinnen und Kleinunternehmer von umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten
  • Beseitigung der Schriftformerfordernis an verschiedenen Stellen des Riester-Verfahrens durch Ermöglichung der elektronischen Datenübermittlung
  • Ermöglichung der Digitalisierung des Spendenverfahrens durch Anpassung des Zuwendungsempfängerregisters
  • Erhöhung der Freigrenze für den Quellensteuereinbehalt
  • Anpassung der Besteuerung von Renten aus der Basisversorgung und notwendige Folgeanpassungen
  • Erhöhung der Nichtaufgriffsgrenze für Versicherungsunternehmen und Vermögensverwahrenden bei der Erbschaftsteuer

Quelle: BMF

Laut BMF sind folgende Maßnahmen zur Verbesserung der Steuerfairness besonders hervorzuheben:

  • Ausweitung der Pflicht zur Mitteilung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen auf innerstaatliche Steuergestaltungen
  • Verhinderung von Steuergestaltungen bei Investmentfonds
  • Einführung einer gesetzlichen Regelung zur verpflichtenden Verwendung von elektronischen Rechnungen
  • Anpassung der Zinsschranke

Quelle: BMF

 

In welchem Stadium befindet sich das Vorhaben?

Der Bundesrat hat dem Wachstumschancengesetz am 22.03.2024 zugestimmt. Zuvor hatte der Bundesrat am 24. November 2023 einen Vermittlungsausschuss angerufen, der sich am 21. Februar 2024 mit dem Gesetz befasst hat. Im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses hat der Bundesrat umfassend zum Entwurf der Bundesregierung Stellung genommen und über 50 Änderungsvorschläge, Ergänzungen oder Streichungen eingefordert, von denen der Bundestag nur einen kleinen Teil in seiner Beschlussfassung berücksichtigt hat. Zudem haben die Bundesländer Bedenken hinsichtlich einer aus ihrer Sicht ungerechten Verteilung der Kosten geäußert (siehe Stellungnahme Bundesrat). Am 21.02.2024 tagte der Vermittlungsaussschuss, um die Differenzen zwischen Bundestag und Bundesrat zu beseitigen. Es wurde ein Kompromiss beschlossen.

Welches Ziel verfolgt die Bundesregierung mit diesem Gesetzesvorhaben?

Zum einen soll die Liquiditätssituation der Unternehmen verbessert und Impulse gesetzt werden, um Unternehmen zu ermutigen, mehr zu investieren und innovative Projekte anzugehen. Konkrete Maßnahmen umfassen die Einführung einer Investitionsprämie zur Förderung des Klimaschutzes, die Stärkung der steuerlichen Forschungsförderung, die Verbesserung des steuerlichen Verlustabzugs und die Erhöhung der Attraktivität der Körperschaftsbesteuerung. Zusätzlich sind Änderungen im Bereich der Umsatzsteuer, der Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen und der Verwendung von elektronischen Rechnungen vorgesehen.

Ferner werden verschiedene steuerliche Vereinfachungen genannt, insbesondere für kleine Betriebe, durch Anhebung von Schwellenwerten und Pauschalen sowie Verbesserungen bei den Sofortabschreibungen, Sammelposten und Sonderabschreibungen.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Verhinderung unerwünschter Steuergestaltungen, um das Vertrauen in den Staat zu stärken und für Fairness gegenüber Steuerzahlern und Wettbewerbern zu sorgen.

Warum ist das Vorhaben relevant für KMU / den Mittelstand?  

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) benötigen für die Bewältigung der Transformationen Handlungsraum für neue Investitionen. Zudem steht der Wirtschaftsstandort Deutschland durch verschiedene Faktoren unter hohem Wettbewerbsdruck: hohe Steuerlast, nicht wettbewerbsfähige Energiepreise, europäische sowie nationale Überregulierung. Die im internationalen Vergleich geringe Wachstumsprognose für 2023 von nur 0,4 Prozent und eine weiterhin hohe Inflationsrate von ca. 6 Prozent trüben die Aussichten für die deutsche Wirtschaft deutlich. Die Bundesregierung muss die Rahmenbedingungen für mittelständische Unternehmen dringend attraktiver gestalten.

Wichtige Daten und Ereignisse

Im gemeinsamen Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung wurden im November 2021 einige Punkte des Wachstumschancengesetzes wie die Investitionsprämie angekündigt. Am 12.07.2023 erfolgte dann die Veröffentlichung des Referentenentwurfs des Wachstumschancengesetzes. Nach der Ausräumung von regierungsinternen Differenzen wurde der Regierungsentwurf am 29.08.2023 veröffentlicht. Am 17.11.2023 wurde das Gesetz im Bundestag verabschiedet. Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen. Am 21.02.2024 tagte der Vermittlungsaussschuss, um die Differenzen zwischen Bundestag und Bundesrat zu beseitigen. Es wurde ein Kompromiss beschlossen. Der Bundestag stimmte dem geänderten Gesetz am 23. Februar 2024 zu. Der Bundesrat stimmte dem Gesetz am 22.03.2024 zu.

Die DMB-Bewertung

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Der Deutsche Mittelstands-Bund (DMB) e.V. begrüßt die wenigen Entlastungsmaßnahmen des Wachstumschancengesetzes für die deutsche Wirtschaft. Trotzdem ist im deutschen Mittelstand Frust spürbar. Während der Entwurf einige positive Ansätze zur Stärkung der deutschen Wirtschaft und zur Förderung von Investitionen und Innovationen beinhaltet, wie eine verbesserte Forschungsförderung und eine Ausweitung von Abschreibungsregeln, so muss doch die deutliche Reduzierung der ursprünglich geplanten Entlastungen auf nur noch 3 Milliarden Euro sowie die Streichung der Investitionsprämie sehr kritisch betrachtet werden. Diese Änderungen werden die Effektivität des Gesetzes in Bezug auf die Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) in Deutschland stark einschränken.

Die erheblichen Kürzungen im Gesamtvolumen des Wachstumschancengesetzes und die Streichung zentraler Fördermaßnahmen führen dazu, dass der Entwurf in seiner aktuellen Form nicht in der Lage sein wird, die deutsche Wirtschaft in dem Maße zu unterstützen, wie es ursprünglich intendiert war. Der DMB fordert daher die Investitionsprämie auf anderem Wege so schnell wie möglich sowohl für den Bereich Digitalisierung als auch Klimaschutz.

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