29.08.2023Monitoring

Wachstumschancengesetz

Worum geht es bei dem Vorhaben?

Der Regierungsentwurf der deutschen Bundesregierung für ein „Gesetz zur Stärkung von Wachstumschancen, Investitionen und Innovation sowie Steuervereinfachung und Steuerfairness (Wachstumschancengesetz)“ zielt darauf ab, die Herausforderungen der ökonomischen Folgen der Corona-Pandemie, des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, der Dekarbonisierung und des demographischen Wandels anzugehen. Dafür sollen die Rahmenbedingungen von Unternehmen für mehr Wachstum, Investitionen und Innovationen und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands verbessert werden.

Kernstück des Gesetzes: Investitionsprämie

Die Prämie soll darauf abzielen, Investitionen in den Klimaschutz steuerlich zu fördern. Anspruchsberechtigt wären Steuerpflichtige nach Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz, sofern sie steuerpflichtige Einkünfte erzielen und nicht von der Besteuerung befreit sind. Begünstigt wären die Anschaffung oder Herstellung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens sowie Maßnahmen an bestehenden beweglichen abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die die Energieeffizienz verbessern und geltende Unionsnormen überbieten.

Weitere Details zur geplanten Investitionsprämie:

  • Es muss ein Einsparkonzept mithilfe eines zertifizierten Energieberaters erstellt werden.
  • Die förderfähigen Aufwendungen müssen mindestens 5.000 Euro betragen. Die Bemessungsgrundlage für einen Antrag muss mindestens 10.000 Euro betragen.
  • Die Investitionen müssen im Zeitraum zwischen der Verkündung des Gesetzes und dem 1. Januar 2030 begonnen und abgeschlossen werden. Nach dem 31. Dezember 2029 abgeschlossene Investitionen sind nur begünstigt, soweit vor dem 1. Januar 2030 Teilherstellungskosten entstanden oder Anzahlungen auf Anschaffungskosten geleistet werden.
  • Die Investitionsprämie beträgt 15 Prozent der förderfähigen Aufwendungen, wobei die Bemessungsgrundlage im Förderzeitraum insgesamt maximal 200 Millionen Euro pro Anspruchsberechtigtem beträgt.

 

Nicht begünstigt sind Investitionen

  • für Kraft-Wärme-Kopplung,
  • für Fernwärme und/oder Fernkälte oder
  • für Energieanlagen, die mit fossilen Brennstoffen, einschließlich Erdgas, betrieben werden.

 

Quelle: Regierungsentwurf Wachstumschancengesetz BMF 2023

Laut BMF sind folgende Maßnahmen zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit besonders hervorzuheben:

  • Initiale Einführung einer Investitionsprämie für Klimaschutz
  • Wiederermöglichung der degressiven AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter
  • Befristete Einführung einer degressiven AfA für Wohngebäude
  • Stärkung und Ausweitung der steuerlichen Forschungsförderung
  • Verbesserungen des steuerlichen Verlustabzugs
  • Verbesserungen bei den Sofortabschreibungen geringwertiger Wirtschaftsgüter
  • Verbesserungen bei den Sonderabschreibung nach § 7g EStG
  • Änderung bei der Thesaurierungsbegünstigung und Option zur Körperschaftsbesteuerung

Quelle: BMF

Laut BMF sind folgende Maßnahmen im Zusammenhang mit der Modernisierung und Vereinfachung des Steuerrechts besonders hervorzuheben:

  • Anhebung der Grenzen für die Buchführungspflicht bestimmter Steuerpflichtigen sowie der Aufbewahrungspflicht bei Überschusseinkünften
  • Befreiung von Kleinunternehmerinnen und Kleinunternehmer von umsatzsteuerlichen Erklärungspflichten
  • Beseitigung der Schriftformerfordernis an verschiedenen Stellen des Riester-Verfahrens durch Ermöglichung der elektronischen Datenübermittlung
  • Ermöglichung der Digitalisierung des Spendenverfahrens durch Anpassung des Zuwendungsempfängerregisters
  • Erhöhung der Freigrenze für den Quellensteuereinbehalt
  • Anpassung der Besteuerung von Renten aus der Basisversorgung und notwendige Folgeanpassungen
  • Erhöhung der Nichtaufgriffsgrenze für Versicherungsunternehmen und Vermögensverwahrenden bei der Erbschaftsteuer

Quelle: BMF

Laut BMF sind folgende Maßnahmen zur Verbesserung der Steuerfairness besonders hervorzuheben:

  • Ausweitung der Pflicht zur Mitteilung von grenzüberschreitenden Steuergestaltungen auf innerstaatliche Steuergestaltungen
  • Verhinderung von Steuergestaltungen bei Investmentfonds
  • Einführung einer gesetzlichen Regelung zur verpflichtenden Verwendung von elektronischen Rechnungen
  • Anpassung der Zinsschranke und Einführung einer Zinshöhenschranke

Quelle: BMF

 

In welchem Stadium befindet sich das Vorhaben?

Das Bundesminsterium der Finanzen hat am 17.07.2023 einen Referentenentwurf für ein Wachstumgschancengesetz veröffentlicht. In diesem Dokument wird die Umsetzung einer Reihe von Maßnahmen erläutert, die bereits im Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung angekündigt wurden. Als nächster Schritt wird der Entwurf in die Ressortabstimmung gegeben und kann dann in Bundestag eingebracht werden. Im Idealfall kann das Gesetz Anfang 2024 in Kraft treten.

Welches Ziel verfolgt die Bundesregierung mit diesem Gesetzesvorhaben?

Zum einen soll die Liquiditätssituation der Unternehmen verbessert und Impulse gesetzt werden, um Unternehmen zu ermutigen, mehr zu investieren und innovative Projekte anzugehen. Konkrete Maßnahmen umfassen die Einführung einer Investitionsprämie zur Förderung des Klimaschutzes, die Stärkung der steuerlichen Forschungsförderung, die Verbesserung des steuerlichen Verlustabzugs und die Erhöhung der Attraktivität der Körperschaftsbesteuerung. Zusätzlich sind Änderungen im Bereich der Umsatzsteuer, der Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen und der Verwendung von elektronischen Rechnungen vorgesehen.

Ferner werden verschiedene steuerliche Vereinfachungen genannt, insbesondere für kleine Betriebe, durch Anhebung von Schwellenwerten und Pauschalen sowie Verbesserungen bei den Sofortabschreibungen, Sammelposten und Sonderabschreibungen.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Verhinderung unerwünschter Steuergestaltungen, um das Vertrauen in den Staat zu stärken und für Fairness gegenüber Steuerzahlern und Wettbewerbern zu sorgen.

Warum ist das Vorhaben relevant für KMU / den Mittelstand?  

Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) benötigen für die Bewältigung der Transformationen Handlungsraum für neue Investitionen. Zudem steht der Wirtschaftsstandort Deutschland durch verschiedene Faktoren unter hohem Wettbewerbsdruck: hohe Steuerlast, nicht wettbewerbsfähige Energiepreise, europäische sowie nationale Überregulierung. Die im internationalen Vergleich geringe Wachstumsprognose für 2023 von nur 0,4 Prozent und eine weiterhin hohe Inflationsrate von ca. 6 Prozent trüben die Aussichten für die deutsche Wirtschaft deutlich. Die Bundesregierung muss die Rahmenbedingungen für mittelständische Unternehmen dringend attraktiver gestalten.

Wichtige Daten und Ereignisse

Im gemeinsamen Koalitionsvertrag der Ampel-Regierung wurden im November 2021 einige Punkte des Wachstumschancengesetzes wie die Investitionsprämie angekündigt. Am 12.07.2023 erfolgte dann die Veröffentlichung des Referentenentwurfs des Wachstumschancengesetzes. Nach der Ausräumung von regierungsinternen Differenzen wurde am 29.08.2023 der Regierungsentwurf veröffentlicht.

Die DMB-Bewertung

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Der Deutsche Mittelstands-Bund (DMB) e.V. begrüßt den Regierungsentwurf des Wachstumschancengesetzes als einen wichtigen Schritt zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft und zur Förderung von Investitionen und Innovationen. Die im Entwurf vorgesehenen Instrumente wie die Investitionsprämie, eine verbesserte Forschungsförderung und eine Ausweitung der Verlustverrechnung würden wichtige Anreize für Unternehmen bieten, um ihre Geschäfts- und Wettbewerbsfähigkeit in Zeiten großer Veränderungsprozesse ausbauen zu können. Darüber hinaus ist es erfreulich, dass der Regierungsentwurf Maßnahmen zur Reduzierung der Steuerbürokratie vorsieht. Die Vereinfachung des Steuersystems und der Abbau von Bürokratie sind langjährige Forderungen der Wirtschaft und des Deutschen Mittelstands-Bundes (DMB), die nun endlich auch einmal angegangen werden müssen.

Der vorherige Referentenentwurf lies die Frage offen, warum die Investitionsprämie nur in Anspruch genommen werden kann, wenn die Anschaffungs- oder Herstellungskosten einer Maßnahme mindestens 10.000 Euro und eines Antrags mindestens sogar 50.000 Euro betragen müssen. Gerade in den vielen kleinen Unternehmen in Deutschland fallen Investitionen in den Klimaschutz mitunter auch etwas geringer aus, sollen aber bei der Förderung unberücksichtigt bleiben. Anspruchsberechtigte konnten außerdem im Förderzeitraum lediglich maximal zwei Anträge auf Investitionsprämie stellen, was wiederum mehr Planungskompetenz in den Unternehmen voraussetzt, um auch bei höheren Investitionsprojekten nicht ohne Förderung dazustehen, nur weil keine einheitliche und weitsichtige Planung über drei Jahre (Förderzeitraum 2024 bis 2027) aufgestellt werden konnte.

Der DMB hat diese Punkte nach der Herausgabe des Referentenentwurfs öffentlichkeitswirksam kritsiert, der Regierungsentwurf wurde an dieser Stelle ausgebessert. Als Folge werden kleine Unternehmen die Investitionsprämie besser nutzen können, wenn der Regierungsentwurf in dieser Version beschlossen wird. Der Förderzeitraum wurde bis zum 31. Dezember 2029 (bis Ende 2031 bei Teilherstellungskosten) ausgeweitet. Die förderähigen Aufwendungen müssen mindestens 5.000 Euro und gesammelt pro Antrag mindestens 10.000 Euro als Bemessungsgrundlage betragen. Jeder Anspruchsberechtigte kann ab dem 31. Dezember 2024 maximal vier Anträge im Förderzeitraum stellen.

Enttäuschend ist weiterhin, dass der wichtige Bereich Digitalisierung bei der Investitionsprämie komplett gestrichen wurde, obwohl er im Koalitionsvertrag noch genannt wurde. Aufgrund des viel zu geringen Volumens des Wachstumschancengesetz von nur 6 Milliarden Euro, überwiegt am Ende des Tages die Entäuschung, weswegen keine "grüne Bewertung" erfolgen kann.

Zugehörige Dokumente

Nachstehend können Sie die zum Vorhaben zugehörigen Drucksachen finden:

Koalitionsvertrag

Referentenentwurf zum Wachstumschancengesetz

Regierungsentwurf zum Wachstumschancengesetz

 

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