23.06.2015Fachbeitrag

Internationaler Rechtskommentar:
Niederlande: Veraltete B.V. Satzungen – empfehlenswerte Änderungen Teil 2

Rechtskommentar:

 

Am 1. Oktober 2012 und 1. Januar 2013 wurden umfangreiche Änderungen im niederländischen Gesellschaftsrecht vorgenommen. Diese Änderungen gelten insbesondere die „besloten vennootschap met aansprakelijkheid“, kurz gesagt die B.V. Eine Folge der Gesetzesänderung: Die neuen Bestimmungen gelten mit sofortiger Wirkung. Aber: Während die Verpflichtungen mit sofortiger Wirkung gelten, bedürfen die durch die neue Gesetzgebung ermöglichten Erleichterungen einer Satzungsänderung. Wir haben bemerkt, dass vielen Gesellschaften noch alte Satzungen zu Grunde liegen. So kann von den Änderungen nicht profitiert werden.

Gesellschaftszweck

In vielen älteren Satzungen ist geregelt, dass die Möglichkeiten zur Erteilung von Darlehen oder Gewährung von Sicherheiten begrenzt sind. Diese Beschränkung kennt das neue Recht nicht mehr. Um diese Beschränkung jedoch aufzuheben, ist eine Satzungsänderung notwendig.

Mit einer Änderung lassen sich so die Möglichkeiten für Darlehen und Sicherheiten erweitern. Wir möchten dennoch anmerken, dass die Interessen der Gesellschaft dabei nie außer Acht gelassen werden sollten.

Der Begriff „met medewerking uitgegeven certificaten“

Das Gesetz enthielt auch Bestimmungen zu „mit Mitwirkung der Gesellschaft ausgegebenen Anteilszertifikaten“. Der Inhaber dieser Zertifikate hatte bestimmte Versammlungsrechte. Dieser Begriff wurde im neuen Recht gestrichen. Es ist aber möglich, Anteilszertifikaten das Versammlungsrecht („vergaderrecht“) einzuräumen.

Der Begriff ist deshalb so wichtig, weil er sich auch auf Pfandrecht, Nießbrauch sowie die Möglichkeiten für die Beschlussfassung bezog. Dies kann zu Unklarheiten führen. Jedenfalls bedeutet der in alten Satzungen enthaltene Begriff „mit Mitwirkung der Gesellschaft ausgegebene Anteilszertifikate“ nun nicht mehr automatisch ein Versammlungsrecht.

Gesellschaftskapital („maatschappelijk kapitaal“)

Die Satzung musste früher ein Gesellschaftskapital enthalten, für das Anteile ausgegeben werden konnten. Bei Kapitalerhöhungen führte dies zu einer unnötigen Beschränkung.

Versammlungsort im Ausland

Nach neuem Recht ist es möglich, in der Satzung einen Versammlungsort im Ausland festzulegen, beispielsweise der Sitz der Gesellschafterin, an dem auch rechtsgültige Versammlungen abgehalten werden können.

Einberufungsfrist

Die gesetzliche Einberufungsfrist wurde von 15 auf 8 Tage herabgesetzt, wenn nicht die Satzung eine längere Frist enthält. In fast allen alten Satzungen wird eine Frist von 15 Tagen genannt. Diese Frist behält bis zu einer Satzungsänderung ihre Gültigkeit.

Aus Erfahrung wissen wir jedoch, dass eine Frist von 15 Tagen bei eilbedürftigen Angelegenheiten zu lang sein kann. Die Satzung kann dann aber nicht noch schnell vorher geändert werden. Aus unserer Sicht sollte daher sicherheitshalber eine Satzungsänderung hinsichtlich der Einberufungsfrist vorgenommen werden, sodass man bei begründeter Eile nicht an eine längere Frist gebunden ist.

Beschlussfassung außerhalb einer Versammlung

Das Gesetz verbot jede Beschlussfassung außerhalb einer Versammlung, wenn „mit Mitwirkung der Gesellschaft ausgegebene Anteilszertifikate“ existierten. Nach neuem Recht ist eine solche Beschlussfassung jetzt aber in den Fällen erlaubt, in denen alle Gesellschafter und sonstigen Versammlungsberechtigten zustimmen. Selbstverständlich besteht die Möglichkeit, diese Art der Beschlussfassung in der Satzung einzuschränken oder ganz auszuschließen. Viele alte Satzungen enthalten die Bestimmung, dass eine Beschlussfassung außerhalb einer Versammlung dann verboten ist, wenn es „mit Mitwirkung der Gesellschaft ausgegebene Anteilszertifikate“ gibt. Diese Einschränkung behält, wird die Satzung nicht geändert, ihre Gültigkeit. Wird trotzdem ein Beschluss gefasst, drohen Nichtigkeit und Unwirksamkeit der Beschlussfassung.

Gewinnausschüttungen

Bei einer Ausschüttung (von Gewinnen oder Rücklagen) müssen die gegebenenfalls gebildeten, in Gesetz oder Satzung verankerten Rücklagen nach wie vor beachtet werden. Das Anteilskapital spielt jedoch keine Rolle mehr. Enthält die Satzung allerdings weiterhin die Vorschrift, dass das Anteilskapital berücksichtigt werden muss, stellt dies eine unnötige Einschränkung dar und verringert sie die Ausschüttungsmöglichkeiten.

Weisungen an die Geschäftsführung

Die Gesellschafterversammlung bzw. der Aufsichtsrat hatten gegenüber der Geschäftsführung bereits Weisungsbefugnis. Nach neuem Recht dürfen diese Weisungen jetzt auch konkret und nicht nur allgemeiner Natur sein. Die Geschäftsführung darf Weisungen nur ablehnen, wenn diese gegen die Interessen der Gesellschaft verstoßen.

Vorsicht bei der Deutung alter Satzungen nach neuem Recht

Wenn die Satzung direkt auf eine nun geänderte Bestimmung im Gesetz verweist, wird diese automatisch durch die neue ersetzt. Man könnte den Eindruck bekommen, als ob dann keine Satzungsänderung erforderlich und auch dieser Blog überflüssig wäre. In der Praxis enthält eine Satzung aber keine direkten Gesetzesverweise, oder aber der Wortlaut gesetzlicher Bestimmungen wurde geflissentlich abgeändert. Daher ist es sehr fragwürdig und vor allem ein erhebliches Risiko, davon auszugehen, man könnte den alten Text der Satzung einfach durch den des neuen Gesetzes ersetzen.

Abschließend möchten wir anmerken, dass Satzungen von Tochtergesellschaften mit ausländischen Gesellschaftern oder Geschäftsführern unserer Meinung nach immer dem aktuellsten Stand entsprechen sollten.

Autoren:
Dr. Arjen S. Westerdijk | Advocaat
Matthijs van Rozen | Notaris

KienhuisHoving, Enschede/Niederlande
www.kienhuishoving.de

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