„Der mich pflegt soll Alleinerbe sein“ ist keine Erbeinsetzung!
Der Fall
Die 2015 verstorbene Erblasserin und ihr vorverstobener Ehemann hatten ein gemeinschaftliches privatschriftliches Testament errichtet, das u.a. folgenden Inhalt hat:
„Wir bestimmen gegenseitig, dass der Überlebende der Alleinerbe des Verstorbenen sein soll. Nach dem Tod des zuletzt verstorbenen Ehegatten soll derjenige, der den zuletzt verstorbenen Ehegatten begleitet und gepflegt hat, der Alleinerbe sein.“
Der Bruder des vorverstorbenen Ehemannes beantragte einen Erbschein beim Nachlassgericht. Er trug vor, dass er sich um die Erblasserin gekümmert und sie beim Tod ihres Mannes psychisch unterstützt hatte. Die Pflege der Erblasserin beschränkte sich auf den Verbandswechsel wegen ihrer Diabeteserkrankung, den ein Pflegedienst erledigte. Der Erbschein wurde erteilt.
Gegen diese Entscheidung wehrte sich der Bruder der Erblasserin. Der Bruder des Ehemannes hätte die Erblasserin wegen ihres weit entfernten Wohnortes nicht pflegen können. Vielmehr habe er selbst sich um die Erblasserin gekümmert, sie besucht und telefonisch Kontakt gehalten. Zudem war die Erbeinsetzung im Testament der Eheleute nicht bestimmt und damit unwirksam.
Die Entscheidung
Das OLG führte aus, dass die gewählte Formulierung „ … derjenige, der den zuletzt verstorbenen Ehegatten begleitet und gepflegt hat, soll Alleinerbe sein“ zu unbestimmt ist. Es kann nicht zuverläs-sig festgestellt werden, wer Erbe sein soll. Auch ist unklar, was mit „Pflege“ gemeint ist. Handelt es sich um Pflegeleistungen wegen der Einordnung der Erblasserin in eine Pflegestufe, dann kommt der Pflegedienst als Erbe in Frage. Geringfügige Pflegeleistungen können ebenso gemeint sein. Der Bruder des Erblassers käme nicht in Betracht, da er selbst nicht gepflegt, sondern lediglich unterstützt hatte. Ebenfalls unbestimmt ist der im Testament verwandte Begriff des „Bejavascript:insertTags('ta_body','infobox_ta_body','','','fetter Text','Text:');gleitens“. Es ist völlig unklar, was darunter inhaltlich und zeitlich zu verstehen ist. Das OLG Köln entschied, dass das Testament keine wirksame Erbeneinsetzung enthält. Weder der Bruder des zuerst verstorbenen Ehemanns noch der Bruder der Erblasserin sind auf Grund des gemeinschaftlichen Testaments Erben geworden.
DVEV-Expertenrat
Jan Bittler, Fachanwalt für Erbrecht in Heidelberg und Geschäftsführer der DVEV, sagt dazu und warnt gleichzeitig: „Es ist verständlich, dass ein Erblasser den Menschen, der ihn pflegt und bis zum Tode begleitet, als Dank zum testamentarischen Erben einsetzen will. Auch ist nicht immer absehbar, wer das sein wird. Kinder sind oft nicht vorhanden oder erweisen sich als untauglich, Verwandte können nur auf das Erbe aus sein, Freunde und Bekannte können sich als fürsorglich erweisen. Unser Erbrecht verlangt eine Entscheidung des Erblassers - so schwer sie ihm auch fallen mag - und sie muss präzise formuliert sein. Entscheidet er nicht, kann das Testament ungültig sein und die gesetzliche Erbfolge tritt ein. Diese lässt keinen Gestaltungsspielraum und entspricht nicht immer dem Willen des Erblassers. Hier ist der Rat eines Erbrechtsexperten angebracht, um ein rechtswirksames Testament zu erstellen.“
Quelle: DVEV, Pressemitteilung vom 12.05.2017