17.11.2017Nachricht

Lohnsteuerliche Behandlung der Überlassung von (Elektro-)Fahrrädern an Arbeitnehmer in Leasingfällen

1. ein Rahmenvertrag zwischen dem Arbeitgeber und einem Anbieter, der regelmäßig die gesamte Abwicklung betreut,
2. Einzelleasingverträge zwischen dem Arbeitgeber (Leasingnehmer) und einem Leasinggeber über die (Elektro-)Fahrräder mit einer festen Laufzeit von zumeist 36 Monaten,
3. ein Nutzungsüberlassungsvertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer hinsichtlich des einzelnen (Elektro-)Fahrrads für ebendiese Dauer, der auch eine private Nutzung zulässt,
4. eine Änderung des Arbeitsvertrags, in dem einvernehmlich das künftige Gehalt des Arbeitnehmers für die Dauer der Nutzungsüberlassung um einen festgelegten Betrag (in der Regel in Höhe der Leasingrate des Arbeitgebers) herabgesetzt wird (sog. Gehaltsumwandlung).

Zudem sehen die Vertragsgestaltungen regelmäßig vor, dass ein Dritter (z. B. Leasinggeber, Dienstleister oder Verwertungsgesellschaft) dem Arbeitnehmer das von ihm genutzte (Elektro-)Fahrrad bei Beendigung der Überlassung durch den Arbeitgeber zu einem Restwert von z. B. 10 % des ursprünglichen Kaufpreises zum Erwerb anbieten kann.

Hierzu gilt im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder Folgendes:

Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 8 Abs. 1 EStG gehören grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert, die durch ein individuelles Dienstverhältnis veranlasst sind, zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. Daher führt hier sowohl die vergünstigte Nutzungsüberlassung des (Elektro-)Fahrrads durch den Arbeitgeber als auch die vergünstigte Übereignung des (Elektro-)Fahrrads durch den Dritten zu einem geldwerten Vorteil beim Arbeitnehmer.

1. Nutzungsüberlassung des (Elektro-)Fahrrads durch den Arbeitgeber
Für die Frage, ob von einer Gestellung des (Elektro-)Fahrrads durch den Arbeitgeber auszugehen ist, wenn das (Elektro-)Fahrrad im Rahmen einer steuerlich anzuerkennenden Gehaltsumwandlung überlassen wird, ist das BMF-Schreiben vom 15. Dezember 2016 (BStBl I Seite 1449) zur Dienstwagenbesteuerung in Leasingfällen entsprechend anzuwenden:

Least der Arbeitgeber ein (Elektro-)Fahrrad von dem Leasinggeber und überlässt es dem Arbeitnehmer auch zur privaten Nutzung, liegt jedenfalls dann keine vom Arbeitsvertrag unabhängige Sonderrechtsbeziehung im Sinne des BFH-Urteils vom 18. Dezember 2014, BStBl 2015 II Seite 670 vor und ist die Nutzungsüberlassung nach Tz. 2 zu bewerten, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:

Der Anspruch auf die Überlassung des (Elektro-)Fahrrads resultiert aus dem Arbeitsvertrag oder aus einer anderen arbeitsrechtlichen Rechtsgrundlage, weil

  • er im Rahmen einer steuerlich anzuerkennenden Gehaltsumwandlung mit Wirkung für die Zukunft vereinbart ist. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer unter Änderung des Arbeitsvertrags auf einen Teil seines Barlohns verzichtet und ihm der Arbeitgeber stattdessen Sachlohn in Form eines Nutzungsrechts an einem (Elektro-)Fahrrad des Arbeitgebers gewährt (vgl. BFH-Urteil vom 6. März 2008, BStBl II Seite 530) oder
  • er arbeitsvertraglicher Vergütungsbestandteil ist. Davon ist insbesondere auszugehen, wenn von vornherein bei Abschluss eines Arbeitsvertrags eine solche Vereinbarung getroffen wird oder wenn die Beförderung in eine höhere Gehaltsklasse mit der Überlassung eines (Elektro-)Fahrrads des Arbeitgebers verbunden ist.

Eine Gestellung eines (Elektro-)Fahrrads durch den Arbeitgeber in diesem Sinne setzt zudem voraus, dass der Arbeitgeber und nicht der Arbeitnehmer gegenüber dem Leasinggeber zivilrechtlich Leasingnehmer ist.

2. Lohnsteuerliche Behandlung der Nutzungsüberlassung des (Elektro-)Fahrrads
Zur Bewertung des geldwerten Vorteils aus der privaten Nutzung des (Elektro-)Fahrrads wird auf die gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 23. November 2012, BStBl I Seite 1224, verwiesen.

3. Lohnsteuerliche Behandlung der Übereignung des (Elektro-)Fahrrads
Erwirbt der Arbeitnehmer nach Beendigung der Vertragslaufzeit das von ihm bis dahin genutzte (Elektro-)Fahrrad von dem Dritten zu einem geringeren Preis als dem um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreis am Abgabeort i. S. des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG für ein solches (Elektro-)Fahrrad, ist der Unterschiedsbetrag als Arbeitslohn von dritter Seite zu versteuern, vgl. BMF-Schreiben vom 20. Januar 2015, BStBl I Seite 143. Zur Ermittlung dieses geldwerten Vorteils ist grundsätzlich eine Einzelbewertung vorzunehmen, vgl. Rdnr. 4 des BMF-Schreibens vom 16. Mai 2013, BStBl I Seite 729.

Es ist nicht zu beanstanden, den üblichen Endpreis i. S. des § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG eines (Elektro-)Fahrrads, das dem Arbeitnehmer aufgrund des Dienstverhältnisses nach 36 Monaten Nutzungsdauer übereignet wird, aus Vereinfachungsgründen mit 40 % der auf volle 100 Euro abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des (Elektro-)Fahrrads einschließlich der Umsatzsteuer zu bewerten. Ein niedrigerer Wert kann nachgewiesen werden.

4. Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b Abs. 1 EStG
In den Fällen der Tz. 3 gilt zur Frage der Anwendung des § 37b Abs. 1 EStG durch den Zuwendenden (z. B. Leasinggeber, Dienstleister oder Verwertungsgesellschaft) und zur Höhe der Bemessungsgrundlage (Rdnr. 11 und Rdnr. 16 des BMF-Schreibens vom 19. Mai 2015, BStBl I Seite 468) Folgendes:

a) Anwendung des § 37b Abs. 1 EStG
Dem Kriterium „Zusätzlichkeitsvoraussetzung" genügt es, wenn zu dem sog. Grundgeschäft im Sinne der Rdnr. 9a des BMF-Schreibens vom 19. Mai 2015 (a. a. O.) zwischen dem Zuwendenden (z. B. Leasinggeber, Dienstleister oder Verwertungsgesellschaft) und dem Arbeitnehmer - z. B. ein Kaufvertrag über ein (Elektro-)Fahrrad - der aus einem Rahmenvertrag zwischen dem Zuwendenden und dem Arbeitgeber resultierende geldwerte Vorteil für den Arbeitnehmer - z. B. ein vereinbarter Rabatt oder eine andere Vergünstigung - hinzukommt, vgl. Rdnr. 11 des BMF-Schreibens vom 19. Mai 2015 (a. a. O.). § 37b Abs. 1 EStG ist dann grundsätzlich anwendbar.

b) Bemessungsgrundlage
Bemessungsgrundlage der pauschalen Einkommensteuer sind grundsätzlich die Aufwendungen des Zuwendenden. Als Bemessungsgrundlage ist jedoch der gemeine Wert anzusetzen, wenn die Zuwendung in der Hingabe eines Wirtschaftsgutes des Betriebsvermögens besteht und dem Zuwendenden keine oder nur unverhältnismäßig geringe Aufwendungen entstanden sind, vgl. Rdnr. 16 des BMF-Schreibens vom 19. Mai 2015 (a. a. O.). Unverhältnismäßig geringe Aufwendungen in diesem Sinne liegen regelmäßig vor, wenn die (Elektro-)Fahrräder durch den Zuwendenden (z. B. Dienstleister oder Verwertungsgesellschaft) vom Leasinggeber für einen weit unter dem gemeinen Wert liegenden Endpreis (z. B. 10 % des ursprünglichen Kaufpreises) erworben werden.

In diesen Fällen wird es nicht beanstandet, den gemeinen Wert im Sinne der Rdnr. 16 des BMF-Schreibens vom 19. Mai 2015 (a. a. O.) eines (Elektro-)Fahrrads, das dem Arbeitnehmer aufgrund des Dienstverhältnisses nach 36 Monaten der Nutzungsdauer vom Zuwendenden übereignet wird, aus Vereinfachungsgründen mit 40 % der auf volle 100 Euro abgerundeten unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers im Zeitpunkt der Inbetriebnahme des (Elektro-)Fahrrads einschließlich der Umsatzsteuer anzusetzen. Ein niedrigerer Wert kann nachgewiesen werden.

Der Kaufpreis, den der Zuwendungsempfänger zahlt, mindert die Bemessungsgrundlage der pauschalen Einkommensteuer, vgl. Rdnr. 9c des BMF-Schreibens vom 19. Mai 2015 (a. a. O.).

Dieses Schreiben ist in allen offenen Fällen anzuwenden und wird im Bundessteuerblatt Teil I veröffentlicht.

Quelle: Bundesfinanzministerium, Pressemitteilung 17.11.2017

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