Variable Prämien im Rahmen einer integrierten Versorgung sind umsatzsteuerfrei
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie. Sie nimmt an einer sog. integrierten Versorgung teil, bei der mehrere Krankenhäuser und Arztpraxen fachübergreifend ein Netz zur verbesserten Versorgung der Versicherten einer bestimmten gesetzlichen Krankenkasse bilden. Den Versicherten stand es frei, an dem Versorgungsnetz teilzunehmen. Die Krankenkasse zahlte der Klägerin neben der Vergütung für die ärztlichen Leistungen auch eine variable Vergütung. Diese entsteht, wenn durch das Versorgungsnetz bei dem teilnehmenden Versicherten Einsparungen im Vergleich zu einem Versicherten außerhalb des Netzes (z. B. durch Vermeidung von Krankenhausaufenthalten oder Verschreibung von Generika) nachgewiesen werden.
Das Finanzamt unterwarf die von der Klägerin in den Jahren 2010 bis 2012 bezogenen Prämien der Umsatzsteuer, weil sie kein Entgelt für eine konkrete ärztliche Leistung, sondern vielmehr für die Kosteneinsparungen darstellten.
Der Senat gab der Klage statt. Die Klägerin habe die variablen Prämien als Gegenleistung für eine Heilbehandlung bezogen. Das bei gesetzlich Krankenversicherten bestehende Leistungsverhältnis zwischen dem Arzt und der Krankenkasse, die gesetzlich verpflichtet sei, die ärztliche Versorgung sicherzustellen, werde durch die integrierte Versorgung nicht berührt. Diese stelle lediglich eine andere Ausgestaltung der gesetzlichen Regelversorgung dar. Auch im Rahmen der integrierten Versorgung habe die Klägerin umsatzsteuerfreie ärztliche Heilbehandlungen erbracht, da weiterhin therapeutische Ziele im Vordergrund gestanden hätten. Dass die Vergütung in besonderer Weise ausgestaltet war, ändere hieran nichts. Zwar solle durch die Prämien ein kostensparendes Verhalten des Arztes vergütet werden. Hierdurch sollten neben dem Effekt der Kostenersparnis aber insbesondere auch optimierte Therapieerfolge eintreten. Dieses Ergebnis entspreche auch dem Sinn und Zweck der Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 14 UStG, das Gesundheitssystem nicht mit Umsatzsteuer zu belasten, denn die integrierte Versorgung verfolge denselben Zweck.
Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen. Die Entscheidung betreffe zwar die Regelungen zur integrierten Versorgung nach §§ 140a SGB V a. F. Diese Regelungen bestünden aber in der neuen Fassung ohne wesentliche inhaltliche Änderung als „besondere Versorgung“ fort.
Quelle: Finanzgericht Münster, Newsletter Juli 2017