21.11.2023Fachbeitrag

Was Väter wirklich wollen

Väter haben oft andere Erwartungen an Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie als Mütter.

Eine aktuelle Studie zeigt: Väter sind mehrheitlich mit ihrer Arbeitszeit unzufrieden - Flexibilität und Arbeitszeitreduktion sind für sie wichtig. Solche Modelle haben wir doch schon längst, denken viele Personalverantwortliche. Doch nicht alle Regelungen, die sich bei berufstätigen Müttern etabliert haben, passen auch für Väter und binden diese an das Unternehmen. Wir schauen deshalb etwas genauer hin.

Weniger als die Hälfte der Väter (44 %) ist zufrieden mit ihrer Arbeitszeit. 40 Prozent würden gerne ihr vertragliches Arbeitspensum reduzieren, 46 Prozent möchten weniger Überstunden machen. Und jeder dritte Vater würde gerne sowohl Überstunden als auch die Arbeitszeit reduzieren. Noch wichtiger ist aber die Flexibilität: knapp drei von vier Vätern (74 Prozent) legen Wert auf Flexibilität bei der Arbeitszeit, und fast die Hälfte wünscht sich dies auch für den Arbeitsort. Bei jüngeren Vätern unter 45 Jahren sind die Zahlen sogar jeweils noch höher1.

Was also tun? Väterfreundliche Arbeitszeitmodelle entsprechen nicht der Teilzeitpraxis von Müttern. Statt der von Müttern oft favorisierten Teilzeit am Vormittag wünschen Väter sich Arbeitszeiten, die eher vollzeitnah sind. Oft reicht es schon, wenn Überstunden kein Dauerzustand sind und der Feierabend planbar ist, so dass Väter Kinder verlässlich abholen können. Auch würden viele Väter gern die Elternzeit mit ihrer Partnerin partnerschaftlich aufteilen, d. h. beide bis zu 80 Prozent einer Vollzeitstelle arbeiten, so dass beide Elternteile beruflich am Ball bleiben und sich trotzdem der Familie widmen können. Dieses Modell wird als sog. „ElterngeldPlus“2 mit Partnerschaftsbonus auch finanziell besonders unterstützt.

Andere Verteilung der Wochenarbeitszeit

Zu den flexiblen Arbeitszeitmodellen, die den Vorstellungen der Väter entsprechen, gehört auch z. B. eine andere Verteilung der Wochenarbeitszeit vor allem für getrennt erziehende Väter im Wochenend- oder Wechselbetreuungsmodell (Montagnachmittag bis Freitagmorgen oder eine Woche Vollzeit, eine Woche frei). Dies lässt sich auch in Schichtplänen entsprechend berücksichtigen. Überall dort, wo es möglich ist, kann auch das Home-Office Vätern ermöglichen, mehr Zeit der Familie zu widmen, da u. a. Wegezeiten wegfallen. Auch hier ist es wieder die tägliche Flexibilität, die Väter wünschen: also mal einen Tag mittags gehen können, die Kinder abholen und danach am heimischen Rechner die Arbeit fortsetzen.

Modell der Vier-Tage-Woche

Eine aktuell viel diskutierte Idee ist die Verteilung der (Vollzeit-)Wochenarbeitszeit auf vier Tage, um einen Tag voll für die Familie zu haben. Damit haben besonders Handwerksbetriebe schon sehr gute Erfahrungen gemacht, um ihre Arbeitgeberattraktivität zu steigern. Ein Beispiel ist die Firma Völske Elektronlagen mit 40 Beschäftigten aus dem nordhessischen Gudensberg:

Gestartet wurde mit einer Probephase, in der die Wochenarbeitszeit vollständig auf vier Tage verteilt war. Das entsprach 9,25 Stunden Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag, Freitag war frei. Nach gründlicher Auswertung dieser Pilotphase stand das neue Modell fest: von Montag bis Donnerstag werden jetzt 9 Stunden gearbeitet (d. h. die Wochenarbeitszeit der gewerblich Beschäftigten wurde um eine Stunde bei vollem Lohnausgleich gekürzt). Der Freitag bleibt frei. Auch die angestellten Mitarbeiter*innen arbeiten nur noch von Montag bis Donnerstag. Die Öffnungszeiten wurden entsprechend angepasst. Die Erfahrungen mit dem neuen Arbeitszeitmodell sind nach Aussage des Unternehmens sehr positiv. Die Vier-Tage-Woche hilft, Arbeit und Privates besser zu vereinbaren. Die Work-Life-Balance hat sich spürbar verbessert. Gleichzeitig reduziert das neue Arbeitszeitmodell die Fixkosten und senkt die Rüstzeiten auf den Baustellen. Es ist eine Win-win-Situation. Auch wenn die 4-Tage-Woche nur ein Modell von vielen ist und nicht in allen Branchen gut umsetzbar ist, zeigt sich, wie Betriebe und Beschäftigte gleichermaßen von einer innovativen Arbeitszeitgestaltung profitieren können.

Voraussetzungen für individuelle Lösungen schaffen

Väter tun sich (wie im vorherigen Teil „Väterfreundliche Unternehmenskultur“ beschrieben) oft schwer, solche Wünsche von sich aus zu formulieren. Die Hürde wird schneller überwunden, wenn es betriebliche Vorbilder gibt, auf die man sich berufen kann, oder wenn das Unternehmen ganz offensiv Kommunikationsangebote zum Thema Vereinbarkeit macht. Ohne diese Voraussetzungen sprechen Väter ihre Vorgesetzten nicht an, um individuelle Lösungen zu finden. Das resultiert dann in der oben geschilderten Unzufriedenheit und im schlimmsten Fall in einem Wechsel des Arbeitgebers.

Hören Sie also Ihren Vätern gut zu, fragen Sie nach bzw. signalisieren Sie offene Ohren. Während das Mutterwerden zwangsläufig sichtbar wird, erfahren Sie von werdenden Vätern oft erst viel später. Erfragen Sie daher auch in Mitarbeitergesprächen, Workshops oder Mitarbeiterbefragungen die Bedürfnisse zur Unterstützung Ihrer männlichen Beschäftigten. Helfen kann z. B. auch eine konkret benannte Ansprechperson für Väteranliegen. Wichtig (und kostenlos) ist aber vor allem eine offene Haltung und Kommunikation: Väter, die sich Zeit für ihre Kinder nehmen wollen, sind bei uns willkommen und werden unterstützt!

Unternehmensprogramm Erfolgsfaktor Familie: Familienfreundlichkeit als Markenzeichen der deutschen Wirtschaft - dafür setzt sich das Bundesfamilienministerium zusammen mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft (BDA, DIHK, ZDH), dem DGB sowie weiteren Branchen- und Fachverbänden ein. Das Unternehmensprogramm Erfolgsfaktor Familie bietet aktuelles Expertenwissen, Informationen, innovative Praxisbeispiele und Erfahrungsberichte aus einzelnen Unternehmen und das bundesweit größte Netzwerk für Unternehmen, die sich für Familienfreundlichkeit engagieren.

Dieser Beitrag ist Teil der Themenkolumne "Vereinbarkeit von Beruf und Familie"

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